Keine staade Zeit
So feiern die Mönche in Scheyern Weihnachten

24.12.2022 |

Abt Markus freut sich schon in den Tagen vor Weihnachten auf das familiäre Zusammensein mit allen Mitbrüdern im Scheyrer Kaffeezimmer. Denn nach den arbeitsreichen Tagen bis zum Heiligabend ist der 25. Dezember für die Benediktiner letztlich der Festtag, an dem sie gemeinsam den Geburtstag Christi feiern. Fotos: Wassermann, GFS Films

An Heiligabend sitzen Familien mit ihren Kindern gemütlich unter dem Christbaum, der eine oder andere geht in die Kirche und manch einer gönnt sich vielleicht noch eine Tasse Glühwein. Die staade Zeit erreicht ihr Finale – ganz anders ist das allerdings im Scheyrer Kloster (Landkreis Pfaffenhofen). „Heiligabend ist für uns ein Arbeitstag“, sagt Abt Markus Eller.



„Da haben wir wenig Zeit zum Zusammensitzen.“ In den verschiedenen Kirchen von Gerolsbach über Scheyern bis Niederscheyern sind die Benediktiner im Einsatz, teils mehrmals am Tag. „Über eines muss ich daher jedes Jahr schmunzeln: Die Leute wünschen immer ruhige Feiertage“, sagt der Mönch. Für ihn und seine Mitbrüder aber gilt an Weihnachten ganz besonders: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.

Erst am 25. kehrt Ruhe ein



Denn bis im Scheyrer Kloster wirklich Ruhe einkehrt und die Mönche selbst Weihnachten feiern können, ist es der 25. Dezember. Dann aber sitzen die Mitbrüder beisammen, essen, ratschen, singen und feiern den Geburtstag Christi. „Das ist immer ein sehr entspannter Abend“, sagt Abt Markus. Und dieses Zusammensein und miteinander Feiern hat an diesem Tag noch einmal eine besondere Bedeutung für die Benediktiner. „Es zieht auch jeder seinen besten Habit an“, fügt er mit einem Grinsen hinzu.

Daher gelten am Weihnachtstag in Scheyern auch ein wenig andere Regeln. Normalerweise essen die Mönche jeden Tag im Refektorium. Dort gibt es eine strikte Sitzordnung, während des Essens liest einer der Mönche etwas vor. Aber am 25. Dezember treffen sich die Benediktiner im sogenannten Kaffeezimmer, eigentlich ein wenig wie das Wohnzimmer der Mönche. Da stehen dann Christbäume und auch ein Kripperl bereit. „In diesem Raum sitzt jeder, wie man es will“, sagt Abt Markus. „Es herrscht eine andere Atmosphäre, es ist sehr familiär und eher ungezwungen. Das Zusammensein im Kaffeezimmer bekommt so eine besondere Note.“ Genau das sei beim Miteinander gerade an Weihnachten ein wichtiger Punkt: „Man hat so die Chance, dem Zusammenleben eine neue Note zu geben“, erklärt der Vorsteher des Klosters. Alle elf Benediktiner – egal ob Frater oder Abt, egal ob jung oder alt – kommen daher gern ins Kaffeezimmer.

Alle Mitbrüder kommen zusammen



„Wichtig ist, dass möglichst alle beieinander sind“, sagt Abt Markus. Ihm selbst liegt das besonders am Herzen, auch aus eigener Erfahrung. „Nächstes Jahr ist es 30 Jahre her, dass ich nach Scheyern gekommen bin“, erzählt er. „Das erste Weihnachten hier hat mir sehr imponiert.“ Denn das Jahr zuvor hatte er die Festtage noch allein verbracht – in Scheyern hingegen kommen am 25. Dezember alle Mitbrüder zusammen.

Bei dieser Weihnachtsfeier bleiben die Benediktiner unter sich. Das Küchenteam bereitet noch das Abendessen vor, aber zur Feier haben die Angestellten frei. Gäste sind ebenfalls nicht üblich. Ausnahmsweise gibt es auch keine Abendmesse für die Gläubigen. Draußen hängt für Besucher stattdessen ein Hinweisschild mit einer Nachricht, die in etwa lautet: „Nach vielen Gottesdiensten mit Ihnen und für Sie feiern auch wir jetzt Weihnachten.“ Und eigentlich ist das dann gar nicht so anders wie das Familienfest unter dem Christbaum. Da stehen zum Beispiel auch Weihnachtslieder auf dem Programm, darunter natürlich auch Klassiker wie „Oh du fröhliche“ oder „Alle Jahre wieder“.

„Es singen alle mit“



Aber da die elf Mönche letztlich aus verschiedenen Ecken Deutschlands kommen, kommt hier ein buntes Potpourri zusammen. „Als Pater Wolfgang gekommen ist, der kannte ganz andere Lieder als wir“, erzählt Abt Markus. Inzwischen aber gehören auch diese Lieder zum Scheyrer Repertoire, das von allen zusammen gesungen wird. „Es singen alle mit“, verrät Abt Markus.

Mit der Familienfeier im Kaffeezimmer endet für die Scheyrer Mönche ein langer Festtag, der eigentlich schon in der vorherigen Nacht begonnen hat. Denn während für die meisten Katholiken Weihnachten spätestens mit dem Besuch der nächtlichen Christmette beendet ist, nimmt das Fest für die Benediktiner dann noch einmal so richtig an Fahrt auf. Um 23 Uhr beginnt an Heiligabend die Weihnachtsvigil als Einstimmung auf die Heilige Nacht mit Gesängen und Texten. „Die Basilika ist nur mit Kerzen beleuchtet“, erzählt Abt Markus. In dem Gotteshaus herrsche dann eine ganz besondere Stimmung. Diese Vigil endet mit den Worten „... und das ist heute“, ein bewegender Moment für den Scheyrer Abt. Denn anschließend ziehen sich die Mönche noch einmal in die Sakristei zurück und wechseln das Gewand, um ab Mitternacht mit der letzten Christmette den Geburtstag des Herrn einzuläuten. Somit beginnen die Mönche diesen Festtag gemeinsam: „Bis dahin sind alle irgendwo verstreut und feiern in den Gemeinden Christmetten und Gottesdienste, aber dann sind alle da.“

Während Corona unter sich



Wie viele Gläubige sonst noch den Weg zu Vigil und mitternächtlicher Christmette in die Basilika finden, das ist jedes Jahr unterschiedlich. 2020, während einer Hochphase der Coronapandemie, waren die Mönche ganz unter sich; im vergangenen Jahr hingegen kamen wieder ein paar Christen auch in diese späte Messe. Dass in diesen bedeutsamen Gottesdienst keine großen Scharen strömen, sieht Abt Markus mit ein wenig Humor: „Eigentlich feiert man so gern in Geburtstage hinein und gratuliert um Mitternacht – aber an Weihnachten ist es den Leuten dann doch zu spät“, sagt er.

Claudia Wassermann

Artikel kommentieren