Wolnzach
„Wir wollen für gute Lebensmittel sorgen“

Magdalena und Stefan Amberger bauen mit viel Knochenarbeit Biogemüse an

11.01.2022 | Stand 25.10.2023, 10:28 Uhr

Inmitten ihrer Freilandhühner: Magdalena und Stefan Amberger. Damit der Habicht keine Chance hat, bewachen zwei Ziegen das Federvieh. Foto: Herchenbach

Von Albert Herchenbach

Jebertshausen – „Wollen Sie mal probieren?“ Magdalena Amberger, geborene Bauer aus Jebertshausen, hat auf einem Teller verschiedene Karotten kleingeschnitten: orangefarbene, weiße und violette, drei Sorten aus eigenem Anbau. Was für ein Unterschied! Die Möhren schmecken kräftig und süßlich zugleich, nach früher Kindheit, nach Schrebergarten und der Brotzeittasche für den Kindergarten, in der neben einem halben Apfel immer auch eine Möhre steckte. Die 32-Jährige strahlt: Genau dieser Effekt ist es, den sie und ihr Mann Stefan mit ihrem selbst gezogenen Gemüse erreichen wollen: Dass es schmeckt wie bei Oma. Die Mühe hat sich gelohnt.

Wer die Ambergers besuchen will, sollte das Navi einschalten. Hinter Mainburg wird’s links und rechts der A93 immer einsamer, bei der Ausfahrt Aiglsbach geht’s ab nach Berghausen. „Danach kommt 20 Kilometer nichts mehr“, lacht Stefan Amberger. Aufgewachsen ist er nebenan auf einem Hopfenhof in Buch, aber hier hatten die Großeltern eine Landwirtschaft. An deren Bauernhaus hat das Paar einen Anbau gesetzt – zur Freude der Oma, die mit 92 jetzt nicht allein dort leben muss.

Für gute Lebensmittelfehlt oft die Wertschätzung

Auch Magdalena kommt aus der Landwirtschaft. Ihre Eltern haben in Jebertshausen einen Hof, der jetzt nur noch im Nebenerwerb betrieben wird. Naheliegend deshalb, dass beide bei ihrer Berufswahl der Tradition hätten treubleiben können. „Aber der Berufsberater hat mir abgeraten“, erinnert sich Stefan, Jetzt arbeitet er als Fluggeräte-Mechaniker für die Lufthansa am Münchner Flughafen. Magdalena hat in Weihenstephan studiert und berät im Bereich des Öko-Landbaus.

Ihre Zukunft bekam eine Wendung, als sie sich 2013 auf dem Wolnzacher Volksfest kennenlernten und feststellten, „dass wir uns gut ergänzen“, sagt Magdalena. „Wir kochen gern und wir essen gern.“ Aber mit der Qualität der Lebensmittel waren sie nicht zufrieden. Magdalena: „Unser Wunsch war es, unabhängig zu werden von der Agrarindustrie.“ Stefan: „Wir wollen was ändern, nicht einfach nur irgendwelche Botschaften in die Welt hinausposaunen, sondern für gute Lebensmittel sorgen.“ Für die fehle in Deutschland oft die Wertschätzung, glaubt der 33-Jährige. „Und dabei ist es doch das“, so ergänzt seine Frau, „was uns gesund und am Leben hält.“ In Frankreich oder Italien sei das anders.

Drei Hektar Land waren ihnen vermacht worden, „das meiste Wald“, sagt Stefan. Aber auf gut einem Hektar haben sie 2019 mit Biolandbau begonnen. Auf einem halben Hektar bauen sie Pastinaken, Zwiebeln, Kürbisse, Sellerie, Möhren und Salate an, auf einem ähnlich großen Acker 14 Sorten Kartoffeln. Warum so viele? „Wir wollen eine Vielfalt“, erklärt der 33-Jährige, es sei gut, mehrere Sorten aufzuziehen, auch Spätreifer. Der Vorteil habe sich gerade in diesem Jahr gezeigt, das für Kartoffeln zu nass war. Und den Unterschied schmeckt man? Natürlich, sagt Magdalena Amberger. Schade deshalb, dass die meisten Verbraucher die Kartoffel-Vielfalt auf die Kochtypen reduzieren: fest, vorwiegend fest und mehlig. Aber selbst darauf würden viele Verbraucher nicht achten, „die nehmen dieselbe Sorte für alle Kartoffelgerichte“. Geht gar nicht!

Die Möhren, so erklärt ihr Mann Stefan, machen die meiste Arbeit. Was daran liegt, dass erstens das Unkraut deutlich schneller wächst als die Karotten, zweitens die Ambergers Unkrautvernichtungsmittel ablehnen und drittens ihr Ackerboden für Karotten und auch Kartoffeln viel zu schwer sei. Aber, sagt der 33-Jährige, „das kommt dem Geschmack zugute.“ Der sei den Supermarkt-Möhren ausgetrieben worden, die auf Ertrag und lange Lagerfähigkeit gezüchtet würden. Und dann, eine Todsünde, werden sie auch noch gewaschen, was den Geschmack zusätzlich beeinträchtige. An den Amberger-Möhren klebt, wenn man sie kauft, noch die Ackerkrume. Dafür kostet bei ihnen ein Kilo 4,50 Euro, „das ist der Selbstkostenpreis“, sagt Stefan, „da haben wir nichts dran verdient.“ Im Supermarkt gibt’s den Zwei-Kilo-Beutel schon für 59 Cent.

Zwei Ziegen als Aufpasserfür Hühner und Hähne

Vor einem halben Jahr sind 144 Hühner und zwei Hähne dazugekommen, „Zweinutzungshühner“, bei denen die männlichen Küken nicht in den Schredder kommen. Beide können heranwachsen, die Hühner legen dann allerdings weniger Eier, den männlichen Tieren wird mehr Zeit gegeben, Fleisch anzusetzen. Die Hühnerschar pickt und scharrt auf einer eingezäunten Wiese unter freiem Himmel. Zwei Ziegen passen auf, dass der Habicht sie nicht holt, „vor denen hat er Respekt“, sagt Stefan.

Warum tut man sich das an? Ihr Acker ist zu klein, um ihn mit großen Maschinen zeitsparender zu bewirtschaften. Amberger hat deshalb 60 Jahre alte Maschinen, die im Schuppen standen, wieder flott gemacht. Klar ist: Reich wird man mit dem Anbau von Biogemüse nicht. Aber darum geht’s den beiden auch nicht. Was Magdalena genießt: „Es macht riesig Spaß und ist sehr befriedigend, mit Erde zu arbeiten.“ Und: „Man lebt einen anderen Rhythmus. Im Sommer arbeitet man länger, da hat man mehr Energie. Jetzt ist die Zeit des Ausatmens. Man blickt zufrieden zurück auf das, was man geschafft hat.“ Wobei die eigene Anstrengung ja nur ein Teil des Erfolgs sei. Was noch hinzukommen muss, „das muss man in Gottes Hand legen“. Die Bio-Produkte – neben Gemüse auch Honig, Eier und damit verarbeitete Nudeln – gibt’s im Hof-Verkauf in Jebertshausen und in Berghausen.

WZ