Am Sonntag jährt sich der ICE-Zusammenstoß von Reichertshausen zum ersten Mal. Hier lesen Sie, was über den Ablauf gesichert bekannt ist, welche Auswirkungen der Unfall hatte – und welche Fragen bislang unbeantwortet blieben.
Der aufsehenerregende Unfall hatte sich am regnerischen Nachmittag des 17. November vergangenen Jahres ereignet: Eine Regionalbahn, genauer gesagt die RB 59139 Richtung München, die um kurz nach 14 Uhr am Bahnhof in Reichertshausen (Landkreis Pfaffenhofen) halten sollte, bremste offenbar falsch – und rutschte am Bahnsteig vorbei und über die Weiche zurück zum Hauptgleis. Und zwar so weit, dass der Triebwagen leicht in dieses hineinragte. Der wenige Minuten später eintreffende ICE 703, der sich auf dem Weg von Hamburg-Altona zum Münchener Hauptbahnhof befand, konnte gegen 14.10 Uhr trotz Notbremsung einen seitlichen Zusammenstoß mit der Lokspitze nicht mehr verhindern: Der durchfahrende Schnellzug schrammte seitlich am Triebwagen der Regionalbahn entlang. Sieben Menschen wurden verletzt. Seither laufen eine Untersuchung des Unfalls durch die Bundesstelle für Eisenbahnuntersuchungen sowie ein strafrechtliches Verfahren. Die Behörden halten Details zur Unfallursache bislang weitestgehend zurück.
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Der Großeinsatz und die Folgen für den Bahnverkehr
Weil die Rettungskräfte bei der Meldung einer Zugkollision mit dem Schlimmsten rechneten, lief sofort ein riesiger Einsatz an. Zwar stellte sich das Geschehen am Bahnhof als weit weniger dramatisch dar als befürchtet, dennoch hatten die Helfer alle Hände voll zu tun. Hunderte Menschen waren nach der Evakuierung der Züge in Reichertshausen gestrandet. Für sie wurde in der Ilmtalhalle eine Anlaufstelle eingerichtet. Bis in den Abend hinein kamen dort Reisende an, um sich aufzuwärmen, auszuruhen und auf Möglichkeiten für die Weiterreise zu warten. Es dauerte Tage, bis sich der Bahnverkehr durch die Region wieder normalisierte.
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Offene Fragen zur Ursache
Unbeantwortet ist bislang die Frage, wie die Regionalbahn die Schutzweiche am Ende des Bahnsteigs überrollen konnte, ohne dass im Stellwerk Alarm ausgelöst und der ICE rechtzeitiggewarnt wurde. Außerdem hätte die Flankenschutzweiche verhindern müssen, dass der Zug zurück aufs Hauptgleis rutscht. Diese Weiche war zwar zum Prellbock umgelegt – allerdings zwischen den vorderen und hinteren Achsen des Regionalbahn-Triebwagens, so dass dessen Spitze bereits ins Durchfahrtgleis ragte, auf dem der ICE unterwegs war. Erklären ließe sich das durch einen Verstoß gegen innerbetriebliche Vorschriften. Es gab aber auch technische Erklärungsversuche.
mck
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