Nach der gelungenen Premiere vor fast fünf Jahren war auch der zweite Manchinger Poetry Slam ein voller Erfolg: Nahezu alle Plätze waren im Kelten- und Römermuseum belegt, als auf Einladung der Manchinger SPD sechs Slammer antraten und in jeweils sechs Minuten um die Gunst des Publikums buhlten. Moderator Kevin Reichelt erläuterte eingangs die Spielregeln (selbst verfasste Texte, keine Instrumente) und gab auch gleich eine kleine Kostprobe.
Den Auftakt machte Oliver Walter, Rhetoriktrainer, Slammer und nach eigenen Angaben als Kind viel zu schüchtern, um vor anderen Menschen zu sprechen. Das hat der Mann aus Spalt erfolgreich überwunden und redet nun auf jeder Bühne frei von der Leber weg. Und gern mal über etwas abseitige Themen wie beispielsweise Videotext. Den gibt es tatsächlich noch, und er erfreut sich durchaus einer gewissen Beliebtheit – auch wenn er rein optisch nicht den Vorstellungen Oliver Walters entspricht. „Videotext sieht so aus, wie ich mir das Internet in Nordkorea vorstelle“, rief er seinen Zuhörern zu. Besonders erstaunt habe ihn, dass es im Videotext sogar Umfragen gibt – und da sogar Leute, die dort anrufen und sagen: „Weiß nicht.“
Sehr humorvoll hielt Walter manchen seiner Landsleute den Spiegel vor. So etwa Menschen, die im Badeurlaub am Strand eine Ray-Ban-Sonnenbrille für fünf Euro kaufen und sich nachher fürchterlich darüber beschweren, dass sie gefälscht ist. „Aufregung ist ein typisch deutsches Phänomen. Der Deutsche liebt es zu klagen.“
„Die Hülle modert, aber der Verstand ist prächtig“:Peter Parkster und das Älterwerden
Ebenfalls aus dem Frankenland stammt Peter Parkster, der mit seinen engagierten Texten schon mehrere Wettbewerbe gewonnen hat. Er befasste sich in Manching mit dem Älterwerden, mit Trends, die man nicht mehr versteht, einer Geschichte über „No country for old men“ und darüber, dass die Zeit vergeht. Oder um es in seinen Worten zu formulieren: „Die Hülle modert, aber der Verstand ist prächtig.“ Im Finale präsentierte er noch die Geschichte über einen Fremden im Dorf, einen Sündenbock, der am Ende gehängt wird. „Und niemand im Dorf hat etwas gesehen“, lautet der Titel. Vor der anstehenden Bundestagswahl gab Parkster den Zuhörern noch eine eindringliche Mahnung mit: „Manche Kreuze haben Haken.“
Svea Paul schreibt seit vier Jahren Lieder, Gedichte und Geschichten. Die Texte der noch nicht einmal 20-Jährigen sind keine leichte Kost, so wie etwa „Mama“, worin es um eine alkoholkranke Mutter geht. In „Der Stift“ etwa identifiziert sie sich mit einem Bleistift. „Ich bin dein Stift und du hast mich ganz fest im Griff... Ich bin auf dich angewiesen, fühle mich benutzt. Ich darf dir täglich dienen. Manchmal packst du mich so fest, dass ich Angst habe, zu zerbrechen.“
Gewinner des Franke-Slam: Thomas Schmidt und die „Geheime Sprachpolizei“
Wie Parkster konnte auch Thomas Schmidt bereits die fränkischen Slam-Meisterschaften gewinnen. Er erzählte die Geschichte von Achmed, der als Flüchtling aus Syrien nach Deutschland floh, und erinnerte an die oft gestellte Forderung, dass Asylbewerber Deutsch sprechen müssen, wenn sie bleiben wollen. Und er entwickelte daraus die Geschichte von der Geheimen Sprachpolizei, die alles kontrolliert. Aber nicht nur Flüchtlinge, sondern 2026 auch die Bevölkerung von Cham, die bekanntlich einen ausgeprägten Oberpfälzer Dialekt pflegt. Und 2028 die Menschen in Aschaffenburg, ebenfalls mit deutlicher Sprachfärbung. Und irgendwann, so prophezeit Schmidt, werden alle ausgewiesen...
Neben dem aus Kroatien stammenden Marte trat schließlich noch Elena Calliopa auf. In ihrem Vortrag ging die gebürtige Neuburgerin mit dem Schulsystem hart ins Gericht. „Mariam & Maria“ entstand im Herbst 2023 nach der Veröffentlichung einer Pisa-Studie. Es geht um zwei Schülerinnen, von denen eine nur wegen ihres Namens benachteiligt wird. „Sie trennt nur ein Name – aber es ist eine ganze Welt.“ Das Bildungssystem sei im Grunde ein Leistungssystem, in dem es um den künftigen Marktwert von Menschen gehe und worin jeder aussortiert werde, der nicht konform gehe.
Die Entscheidung war zwar knapp, aber am Ende verdient: Elena Calliopa erhielt den stärksten Applaus des Publikums und gewann den zweiten Manchinger Poetry Slam.
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