Ab Freitag regiert König Fußball wieder das Land – Public Viewing erlebt in Pfaffenhofen aber nur eine verhaltene Wiederauferstehung.
Schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer, die Nationalfarben im Gesicht oder am Seitenspiegel, bierselige Fußballfans, Autocorso und jubelnde Menschen auf dem Hauptplatz, die sich nach jedem Treffer der Nationalelf grölend in den Armen liegen: All das hat beim „Sommermärchen“, also der Heim-WM im Jahr 2006, auch in Pfaffenhofen das öffentliche Leben über Wochen hinweg geprägt.
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Nun ist es nur noch ein Tag, dann beginnt Freitagabend um 21 Uhr die Fußball-Europameisterschaft mit dem Eröffnungsspiel in München: Deutschland gegen Schottland. Vor diesem ersten Gruppenspiel der Nagelsmann-Truppe ist die Vorfreude natürlich groß bei den Fans. Doch die anfangs beschriebenen Szenen aus 2006 werden sich zumindest im Landkreis Pfaffenhofen wohl kaum wiederholen. Das öffentliche Fußballschauen findet – wenn überhaupt – diesmal in einem deutlich kleineren Rahmen statt.
Ein echter Lichtblick für die Fans der Nationalmannschaft ist das Public Viewing im Geisenfelder Zentrum. Paparazzi-Wirt Gianni Montanaro stellt einen drei mal zwei Meter großen Screen vor seinem Lokal am Stadtplatz auf. Über 200 Gäste können dort Platz finden und vielleicht lautstark jubeln, wenn Toni Kroos die deutsche Elf mit sicheren Pässen zum Titel führt.
Vier große Fernseher für 200 Gäste im Bürgerpark
Vergleichbar ist der Rahmen, den Philipp Schleef und die Wirtsfamilie Kirzinger ihren Gästen im Pfaffenhofener Bürgerpark bieten. Etwa 200 Plätze finden im dortigen Biergarten Platz – und sie können sich auf „vier große Fernseher und echt guten Ton“ freuen, wie Schleef versichert. Zusätzlich gibt es einige EM-Specials aus der angeschlossenen Gastronomie. Alle deutschen Partien, sämtliche Duelle ab dem Achtelfinale und vielleicht auch weitere ausgewählte Gruppenspiele – „wenn sich zum Beispiel eine große Gruppe portugiesischer Fans zum Spiel an den Tischen breitmachen würde“, so Schleef – werden im Bürgerpark zu sehen sein. „Das hat zwar nicht die Dimension von früher“, räumt Schleef ein. Aber für gute Stimmung und ein Fußballfest sollte es reichen, falls Ergebnisse und Wetter passen.
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Die nächste positive Nachricht für EM-Fans kommt vom Müllerbräu-Sudhaus direkt am Hauptplatz, dessen Eröffnung unmittelbar bevorsteht. Denn dort werden, so Lisa Müller, alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft sowie das EM-Finale auf einer großen Leinwand übertragen. Für viele andere Wirte stellt alleine der Anpfiff vieler Partien um 21 Uhr ein Problem dar. So schließt das Café Agil in der Löwenstraße bereits um 17 Uhr. Nicht viel besser sieht es beim Café Hipp, in der Cafébar Flori oder beim Amici (alle schließen um 18 Uhr) in der Innenstadt aus. An den Öffnungszeiten würde es bei der Centro Bar nicht scheitern. Doch auch hier werden die Spiele nicht gezeigt. Selbes gilt für Othello, Pfaffelbräu und Salverbräu.
Wer eine Fußballparty mit voller EM-Dröhnung erleben möchte, muss wohl oder übel nach München fahren. 25 Public-Viewing-Punkte gibt es dort, plus die Fanzone im Olympiapark. Grundsätzlich würde die Stadt Pfaffenhofen ihren Bürgern solche Großevents nicht verwehren. „Wir stehen den Gastronomen nicht im Wege“, sagt Stadtjurist Florian Erdle. „Sofern sie den ganzen Zirkus auf sich nehmen wollen.“ Dieser „Zirkus“ besteht im Erfüllen der Sicherheitsvorkehrungen (analog zum Faschingstreiben), im unternehmerischen Risiko und dem Besitz einer passenden Anlage mit Zulassung für den Freistaat Bayern. „Das war schon mal ein großes Problem“, erinnert sich Erdle. „Seither sind wir kuriert“, sagt er, „und die Stadt ist da raus.“
Von der EM-Breze bis zum „Lattenkracher“
Ein wenig Fußballfieber wollen auch die lokalen Bäcker und Metzger entfachen. Die Angebote reichen von EM-Brezen und Wochenbroten über Donuts in den Nationalfarben bis zum „Lattenkracher“. Wer nicht weiß, was das ist: Dahinter versteckt sich eine Bratwurst, die sich zum Fußballgrillen gewiss besonders gut eignet.
Fußball und Kino vereint
Fußballbegeistert ist die Kinofamilie Amper, die seit über 100 Jahren ihr „Lichtspielhaus“ in Wolnzach betreibt, schon immer. Die ganze Familie ist im Einsatz, wenn Filme über die Leinwand flimmern – und das ist natürlich auch in den kommenden Wochen so, während der Fußball-Europameisterschaft. Da lag es für Max Amper praktisch auf der Hand, das eine mit dem anderen – also das Kino und den Fußball – miteinander zu verbinden. „Wir wollen natürlich auch alle zuschauen, wenn die deutsche Mannschaft spielt“, sagt er. Die Lösung: Das Kinoprogramm und die Vorführzeiten werden einfach auf die jeweiligen Spielzeiten der Nationalelf abgestimmt – und die EM-Spiele mit deutschen Beteiligung im großen Kinosaal auf Leinwand übertragen. Public-Viewing im Kinosaal also, und das auch noch bei freiem Eintritt für alle.
Max Amper schlägt also zwei Fliegen mit einer Filmklappe. „Gemeinsam Fußball schauen ist doch gleich ganz etwas anderes“, sagt er. Noch dazu mit bestem Ton auf Riesenleinwand. „Das wird bestimmt eine tolle Sache“, meint der Kinobetreiber. Denn erstens sei Public-Viewing zur Mangelware geworden, zweitens eine Freiluft-Übertragung immer ein Risiko. „Wenn die Spiele um 18 Uhr sind und die Sonne scheint, sieht man schlecht. Und wenn es regnet, kommt eh keiner.“ Lauter Unsicherheiten, die es im Kinosaal nicht gibt. Deshalb verspricht Amper: „Wir zeigen alle Spiele – so lange die Deutschen halt dabei sind.“
PK
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