Wer am Sonntag, 10. November, im Pfaffenhofener Landratsamt ein totes Tier kauft, rettet Leben. Hinter dieser skurriler Idee steckt Altlandrat Rudi Engelhard, der rund 1000 Tierpräparate beherbergt und nun einen Teil seiner Sammlung für den guten Zweck abgibt. Das Geld fließt in die Anschaffung eines modernen Lebenserhaltungsaggregats.
Die Rollläden im besonderen Raum des Pfaffenhofener Altlandrats Rudi Engelhard sind immer geschlossen. Mehrere Hundert Augenpaare richten sich auf den Besucher – hinten im Eck fletscht der Braunbär die Zähne, umringt von sehr seltenen Wildtieren, Enten oder Singvögeln.
Insgesamt rund 1000 Tierpräparate
In dem rund 36 Quadratmeter großen Raum hat Engelhard ein Zuhause für Hunderte Präparate artgeschützter Tiere vor allem aus der Region geschaffen. Insgesamt schätzt er seinen Bestand auf rund 1000 Exemplare. Und einen Teil der verkäuflichen Exemplare will er nun abgeben. Mit dem Geld für die toten Tiere sollen Leben gerettet werden. Der Verein „Leben retten“, dessen Vorsitzender Engelhard ist, will nämlich ein Lebenserhaltungsaggregat für die Notaufnahme der Pfaffenhofener Ilmtalklinik anschaffen (siehe unten).
Engelhard hat die meisten Tiere gar nicht selbst geschossen
Die meisten der Tiere sind Engelhard nie vor die Flinte gelaufen. Etwa 90 Prozent unterliegen dem Artenschutz, meist Geschenke aus Nachlässen von Landkreisbürgern, so der Altlandrat. Darunter auch das seltenste Stück: ein Männchen machender Lemming. 1871 wurde das älteste Exemplar präpariert: ein Steinadler aus Schottland. An Engelhards Wand hängen auch Gemsböcke. Die stammen aus Namibia, wo er zusammen mit anderen eine 5600 Quadratmeter große Farm besitzt, so Engelhard.
Der letzte im Landkreis geschossene Birkhahn
Auch der letzte im Landkreis erlegte Birkhahn ist in seiner Sammlung. Er wurde 1932 im Feilenmoos von Josef Dösel erschossen, erzählt der Altlandrat. „Kurz darauf sind die Birkhühner im Landkreis ausgestorben.“ Dösels Sohn habe das historische Präparat an die Sammlung übergeben. Weil im Haushalt der Dösels Pfeife geraucht wurde, „war er in einem ziemlichen Zustand“, und musste noch mal vom Präparator hergerichtet werden.
Wie präpariert man eigentlich tote Tiere?
Dieses Handwerk beherrscht übrigens auch Engelhard – und zwar auf die alte – und wie er findet – qualitativ hochwertigere Weise. Da zieht der Präparator den toten Tieren die Haut ab, behandelt sie mit Chemikalien und erstellt vom Kopf runter einen detailgetreuen Nachbau des Skeletts aus Draht. „Das ist eigentlich Kunst.“ Heutzutage würden leider nur noch ein Plastikkörper geformt und die Haut drübergezogen.
Damit seine Schätze so lange wie möglich erhalten bleiben, ist es in dem 36 Quadratmeter großen Raum immer dunkel, außerdem laufen rund um die Uhr Geräte, die die Luft entfeuchten und entstauben.
Wie Engelhards Leidenschaft für Tierpräparate begann
Begonnen hat alles in den 80ern, als Engelhard auf der Suche nach Präparaten für die Jägerausbildung war. Viele Eigentümer wollten ihre Präparate aus Nachlässen loswerden, so Engelhard. Die Untere Naturschutzbehörde habe dann beschlossen, sie ihm als Lehrsammlung des Landkreises zu überlassen. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Exemplare dazu.
So kommen Interessierte an die Präparate
Wer gerne selbst ein Präparat haben will, sollte am Sonntag, 10. November, zur Hegeschau von 10 bis 17 Uhr ins Pfaffenhofener Landratsamt kommen. Dort wird Engelhard in der Eingangshalle rund 100 Tierpräparate gegen Spenden abgeben. Vom kleinen Rehgehörn – „die sind als Tischdeko beliebt“ – über Fasan oder Eichelhäher bis zum ausgestopften Fuchs ist da einiges zu haben.
Wer keine Zeit hat, vorbeizuschauen und dennoch ein Präparat ergattern will, kann sich unter der E-Mail-Adresse info@rudi-engelhard.de melden. Niemand muss übrigens ein Tierpräparat kaufen, um Leben zu retten. Spenden können auch an das Konto bei der Sparkasse Pfaffenhofen unter IBAN DE13 7215 1650 0000 086868 überwiesen werden.
Das fängt die Pfaffenhofener Notaufnahme mit den Spenden an
Patienten mechanisch reanimieren und gleichzeitig Daten wie Blutdruck und Herzfrequenz messen, die dann von den verschiedenen Rettungskräften bis zur Notaufnahme einsehbar sind: Das alles kann das Lebenserhaltungsaggregat „Corpuls 3“, das sich Chefarzt Ralf Zarth für die Notaufnahme der Pfaffenhofener Ilmtalklinik wünscht.
Es gibt dort zwar bereits ein Gerät, das die mechanische Reanimation übernimmt, so dass die Rettungskräfte nicht über lange Zeit auf den Brustkorb des Patienten drücken müssen. Doch dieses alte Gerät kann die Daten nicht automatisch aufzeichnen, so dass bei jeder Übergabe ein Protokoll auf Papier erstellt werden muss, so der Leiter der Notaufnahme. „Das bindet Vollzeitkräfte in der Regel insgesamt 30 Minuten.“ Zeit, die sie in der Notaufnahme besser verwenden können. „Mit dem neuen Gerät können wir Daten speichern und problemlos an andere Stationen weitergeben.“ Das senke auch die Fehlerquote, weil eben kein Mensch Daten aufschreibe.
Warum ist das Gerät eigentlich kein Standard in jeder Notaufnahme? „Es ist teuer.“ Ein gebrauchtes Gerät kostet 32 500 Euro. „Eine extreme Investition in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit.“ Mehr als 26 000 Euro wurden laut dem Vorsitzenden des Vereins Leben retten, Rudi Engelhard, bereits gesammelt.
dbr
PK
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