Gefiederte Akrobaten
Melina aus Ilmendorf dressiert von Hand aufgezogene Hühner

08.06.2023 | Stand 14.09.2023, 23:43 Uhr

Ein Mädchen und ihr geliebtes Federvieh: Das gemeinsame Kuscheln genießt Melina Maithert genauso wie Hahn Sturzi. Foto: privat

Früher war die elfjährige Melina Maiterth aus dem Geisenfelder Ortsteil Ilmendorf (Landkreis Pfaffenhofen) eine Stubenhockerin. Elf Eier aus dem Supermarkt ließen das Mädchen zu einer begeisterten Hühnerhalterin werden. Eine, die sich nun auch in der Dressur ihrer gefiederten Lieblinge versucht.



Wie das geschehen konnte, erzählt die Elfjährige mit einem Leuchten in den Augen: Im Radio habe sie vom erfolgreichen Versuch gehört, aus Supermarkt-Eiern Hühner auszubrüten und sich gedacht: „interessante Idee". Sie berichtet ihrer Reitlehrerin davon und die schenkt ihr prompt Eier vom eigenen Hof und gibt leihweise noch einen Brutautomaten für das Experiment dazu. Es folgen „spannende drei Wochen“, in denen Melina und ihr kleiner Bruder Emil täglich nachschauen, ob für das werdende Leben „auch alles passt“. Jedes Ei wird mit einem Namen auf der Schale versehen. Dass der am Ende nicht bei allen Geschlüpften zum Geschlecht passt – egal. Warum sollte eine Henne ganz gendergerecht nicht auch Bernd oder Heinrich heißen dürfen?

Fotobuch dokumentiert Wachstum der Zöglinge



Mitte September erblicken endlich elf fluffige Knäuel das Licht der Infrarotlampe. Im Wechsel mit ihrer Mama Kerstin, die für die Nachtschichten zuständig zeichnet, übernimmt Melina die liebevolle Hege. Ein Fotobuch dokumentiert das Wachstum der Zöglinge, die sukzessive von der Geburtsstube im heimischen Wohnzimmer über Hamster- und Hasenkäfig schließlich in den eigens von Papa Oliver gebauten Hühnerstall umziehen.

Obwohl die ganze Familie an der Umgestaltung des Gartens zum Hühner-Idyll gewerkelt hat, „war der Platz für neun Hennen und zwei Hähne einfach zu klein“, bedauert Melina. Dann halt alle geschlüpften Federviecher gegen zwei Zwerghühner eintauschen? Diese Option war für die Giggerl-Ersatzmama ein No-Go. Zu sehr hing ihr Herz an den von Hand aufgezogenen Babys, von denen sie letztlich sechs behalten durfte – nachdem die Nachbarn ihre Zustimmung gegeben hatten, dass selbst Sturzi, der Hahn, bleiben kann.

Die Besitzerin des Grundstücks, das direkt an jenes der Maiterths grenzt, spricht sogar augenzwinkernd von einer „Win-Win Situation“ für beide Seiten. Sie genieße den entspannenden Blick auf Melinchen, Picki und Co., die als kostenloser Gärtnerservice grenz-überschreitend nach Unkraut und Schädlingen picken und den Kompost umgraben.

Zum Dank für das ein oder andere Grünfutter und den „Schutzdienst unserer Katze, die Fressfeinde vertreibt“ liefern die gefiederten Akrobaten ihr im Gegenzug schmackhafte Eier. Wie die stolze Halterin erzählt, hat sie die Tiere mit Hilfe der Eltern ordnungsgemäß beim Landratsamt angemeldet und diese auch impfen lassen. Oft schaue sie „schon vor dem Frühstück“ nach ihren Lieblingen und später noch einmal „wenn ich mit den Hausaufgaben fertig bin“. Die Zeiten, als ihre Tochter eine Stubenhockerin war, „sind dank der Hühner vorbei“, kommentiert die Mutter das neue Hobby mit einem Schmunzeln. Damit den Tieren nicht langweilig wird, hat Melina das Gehege in eine Art Outdoor-Manege umgewandelt, in der sie den Vögeln kleine Kunststücke beibringt. Derzeit markieren hier bunte Gießkannen einen Slalom-Parcours, an dessen Ende eine Plattform steht, von der aus der Sprung auf die nächsthöhere Hürde zu nehmen ist. „Die meisten tun sich damit ungeheuer schwer, aber Pickerinchen hat’s gleich kapiert“, lobt Melina das Huhn, das in ihrem privaten Zirkus die Karriereleiter am schnellsten erklommen hat. Mit ihm hat sie noch viel vor. Pickerinchen ist der Stolz seiner Trainerin. „Sie war von Anfang an die Neugierigste und probiert alles aus, was wir ins Gehege stellen, damit es den Tieren nicht langweilig wird“, erklärt Melina Maiterth.

Ein kleines Interview auf „Hühnerisch“



Doch was gackert die tierische Künstlerin selber zu ihrer Karriere? Wie Lady Picki (so ihr Künstlername) unserer Reporterin auf Hühnerisch erzählt. sei sie „sehr froh“, dass im Hause Maiterth „meine außergewöhnliche Begabung gewürdigt wird“. Zum einen, so erzählt sie, sei da der „standesgemäße Hühnerstall“ mit dem bunten Kronleuchter und der wechselnden Deko „inklusive Weihnachtsbaum“. Zum anderen „liest mir Melina jeden kulinarischen Wunsch vom Schnabel ab“ und kredenze Sonnenblumenkerne, Granatapfel und Banane nebst dem Bio-Hehnafutter aus Rohrbach. Für ihr psychisches Wohlbefinden seien die Streicheleinheiten und als Motivation für ihre Leistung Mehlwürmchen nebst Lob das A und O., so die Künstlerin, die zum Abschied noch eine Kostprobe ihres Könnens gibt. Verbunden mit der Hoffnung dereinst fürs Fernsehen entdeckt zu werden.

GZ