Pfaffenhofen
Klaus Ernst (Die Linke) fordert: Energiewende „nicht mit der Brechstange“

Beim Abend mit dem Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Energie und Klima fallen sehr deutliche Worte

16.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:31 Uhr

Klaus Ernst ist Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Energie und Klima. Foto: Paul

Von André Paul

Pfaffenhofen – Fast drei Stunden Zeit hat sich am Freitagabend der Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst (Die Linke) für seine Ausführungen über die Ursachen der aktuellen Energiekrise genommen. Zu der Veranstaltung im Festsaal des Pfaffenhofener Rathauses hatte der Verein Freundschaft mit Valjevo geladen.

Knapp 50 Zuhörer waren erschienen. Und während es beim referierenden Teil des Abends noch zunächst noch eher ruhig zuging, machten die Menschen in der daran anschließenden Fragerunde ihrem Unmut mit zum Teil harten Worten Luft. Im Zentrum der Kritik – und zwar beim Referenten wie beim Publikum – standen die Grünen: zum einen Außenministerin Annalena Baerbock, vor allem aber Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Der Ressortchef ist für Klaus Ernst der natürliche Konterpart. Denn der 67-Jährige leitet im Bundestag bereits in der zweiten Legislaturperiode den das Ministerium kontrollierenden Ausschuss für Energie und Klimaschutz; zwei Aufgabengebiete, die mit im Haus des Wirtschaftsministers angesiedelt sind. Ernst hält die vor allem von den Grünen weiter befeuerten Wirtschaftssanktionen gegen Russland für falsch und plädiert für deren Ende sowie die Aufnahme von Verhandlungen mit der Regierung in Moskau. Sonst drohe nach seiner Ansicht ein noch viel stärkerer Anstieg der Energiepreise, verbunden mit zunehmender Verarmung vieler Menschen, Firmenpleiten vor allem im Mittelstand und am Ende womöglich die Deindustriealisierung Deutschlands. Der sozial entlastende „Wumms“ von Kanzler Olaf Scholz (SPD) werde nach kurzer Zeit verpuffen – „und danach wird es noch teurer als jemals zuvor.“ Ohne das Öl und Gas der Russen gehe es einfach noch nicht.

Den Grünen wirft der Linken-Politiker vor, dies sogar bewusst in Kauf zu nehmen: „Die Grünen wollten schon immer den kompletten Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen.“ Die aktuell hohen Preise seien eine willkommene Möglichkeit, dieses Ziel schneller als je zuvor gedacht zu erreichen. Auch er sei für die Energiewende, versichert Klaus Ernst, aber eben „nicht mit der Brechstange“. Mehr als 50 Prozent der Menschen in Deutschland forderten eine deutliche Kursänderung der aktuellen Politik. Aber davon wollten allein die Grünen nichts wissen: „Obwohl die doch sonst immer den Bürgerwillen in den Mittelpunkt stellen möchten.“ Es werde derzeit im Bundestag und in der Regierung so getan, als wäre die gesamte deutsche Energiepolitik der vergangenen 50 Jahre falsch gewesen. „Doch das ist Unfug“, so sein Urteil. Er könne nicht erkennen, dass man mit der Abkehr von Russland und der Hinwendung zu neuen Lieferpartnern einen moralisch saubereren Weg beschreite. Denn die arabischen Monarchien am Golf, „Robert Habecks neue Partner“, seien mindestens ebenso, wenn nicht gar noch brutalere Regime wie jenes von Wladimir Putin. Und auch die Scheichs und Emire würden in ihren Nachbarstaaten völkerrechtswidrige Kriege gegen die Zivilbevölkerung führen, etwa im Jemen. „Aber davon wollen die früheren Pazifisten Habeck und Baerbock nichts hören. Deren Motto lautet jetzt: „Mit aller Macht gegen die bösen Russen und dahinter treten alle moralische Bedenken zurück“, so Ernst.

„Können Sie das diesem Kinderbuchautor nicht mal klar machen?“, kam es aus dem Publikum. Zur Erläuterung: Vor seinem beruflichen Wechsel in die Politik verfasste Robert Habeck mit seiner Frau unter anderem auch Kinderbücher. „Wer hat den und die Baerbock eigentlich gewollt? Die hatten zur Wahl gerade mal 15 Prozent. Und jetzt maßen die sich an, mit Ideologie ein ganzes Volk in den wirtschaftlichen und sozialen Abgrund zu ziehen“, so ein weiterer Zwischenruf.

Der Referent schmunzelte – und schaute zurück: Deutschland habe mit Russland „keinen unzuverlässigen und hinterhältigen Geschäftspartner“ gehabt. Russland habe stets zuverlässig Öl und Gas geliefert, niemals zuvor hätten die Russen politische Konflikte und Handelsbeziehungen erpresserisch vermischt. Dass es nun anders ausschaut, das liegt für Klaus Ernst vor allem an den USA. Denn die würden gern ihr eigenes Gas verkaufen. Zustimmung kam dafür, Kritik dagegen an öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendern: Die seien unter „grüner Kontrolle“, hieß es aus dem Publikum, man werde „manipuliert“.

Ob da nicht einige Zuhörer ihrem Unmut ein wenig zu arg Luft gemacht haben? Bernd Duschner, der Vorsitzende des Vereins Freundschaft mit Valjevo, meinte dazu zu unserer Zeitung: „Das dürfen sie auch mal – oder etwa nicht?“

PK