Pfaffenhofen
Ilmtalklinik GmbH: Defizit von 13 Millionen Euro prognostiziert

Krankenhäuser in Pfaffenhofen und Mainburg können finanziellen Negativtrend nicht stoppen – Corona einer der Gründe

21.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:04 Uhr

Dauerbaustelle Ilmtalklinik: Die alte Notaufnahme wurde schon vor einigen Wochen entkernt. Trotz eines weiter rasant steigenden Defizits stellen Landrat Albert Gürtner und das bunte Kreisbündnis den eingeschlagenen Weg allerdings nicht in Frage. Foto: Wassermann

Von Patrick Ermert

Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Die Ilmtalklinik mit ihren Krankenhäusern in Pfaffenhofen und Mainburg erwartet für das laufende Jahr ein Defizit in Höhe von über 13 Millionen Euro.



Die Zahl kursiert seit der Aufsichtsratssitzung, nach der CSU-Räte mit ihrer Kritik an die Öffentlichkeit gingen. Geschäftsführer Peter Lenz bestätigte die Zahlen und erläuterte ihr Zustandekommen im nichtöffentlichen Teil einer Kreistags-Sondersitzung am Montag.

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Nachdem die Roten Zahlen für das Jahr 2021 noch bei 10,1 Millionen Euro lagen, weitet sich das Minus aktuell nochmals deutlich um weitere 30 Prozent ins Negative aus. Der Geschäftsführer spricht jetzt von voraussichtlich 13 Millionen Euro Gesamtdefizit. Auf den laufenden Geschäftsbetrieb entfallen davon 10,5 Millionen Euro, die von den Landkreisen Pfaffenhofen und Kelheim im Verhältnis 73:27 Prozent am Jahresende beglichen werden müssen. Die Restsumme erklärt sich aus der Umsetzung des Klinikgutachtens (rund eine Million Euro), weiteren Brandschutzmaßnahmen sowie Sonderausgaben für die Klinik-Digitalisierung.

Von Corona-Ersatzleistungen bleibt nur ganz wenig übrig

„Eingepreist ist auch ein Coronapuffer in Höhe von etwa zwei Millionen Euro“, kommentiert Landrat Albert Gürtner (FW) das kalkulierte Zahlenwerk. „Wir haben es sehr konservativ gerechnet“, ergänzt Lenz. „Falls wir frei arbeiten könnten, würden wir das Ergebnis übertreffen“, versichert er. Aber falls wie im Vorjahr der November und Dezember unter dem Zeichen weitreichender Corona-Einschränkungen stehen sollten, „sind wir zumindest auf der sicheren Seite“.

Lenz’ Erklärungen gehen teilweise tief ins Detail – und lassen Laien gelegentlich eher ratlos zurück. So hat die Ilmtalklinik beispielsweise das Problem, im ersten Coronajahr 2021 – man mag es kaum glauben – unerwartet gut gewirtschaftet zu haben. „Und weil die Zahlen da viel besser als 2019 waren, müssen wir einen Großteil der Corona-Ersatzleistungen wieder zurückzahlen“, berichtet der Geschäftsführer. Flossen 2020 auf diese Weise noch 3,8 Millionen Euro in die Kassen der Klinik, mussten 2021 von gut 1,7 Millionen Euro an Ausgleichzahlungen etwa 1,25 Millionen Euro wieder zurückbezahlt werden. „Heuer sieht es ungefähr genauso aus. Dieser Topf bringt uns also fast gar nichts“, sagt Lenz. Zu verhindern war diese Entwicklung nicht. „Die Patienten stehen eben vor der Klinik – und wir können sie ja schlecht wieder nach Hause schicken.“

Für Aufschwung braucht es viel mehr Personal

In den ersten Monaten dieses Jahres schlug die Pandemie wieder kräftig zu – allerdings weniger bei den schweren Krankheitsverläufen, als vielmehr bei den personellen Ausfällen. „Etwa die Hälfte unseres Personals war in Quarantäne. Wir mussten zum Teil eine ganze Station schließen“, führt Lenz aus. Und: Aktuell ist es schon wieder so. Mit solchen Voraussetzungen sei es unmöglich, gegen die Kosten-Erlös-Schere anzukämpfen. Um was es sich dabei handelt, erklärt Lenz auch: „Wir erhalten Jahr für Jahr immer weniger Geld für die selbe erbrachte Leistung“, sagt er. Wenn am Personal nicht eingespart werde, fügt er an, müsse ein Krankenhaus also jedes Jahr mehr Fälle behandeln, um nicht immer mehr Minus zu erwirtschaften.

An der Ilmtalklinik sei Personalabbau schon alleine deshalb kein Thema, weil sie aus sieben Abteilungen besteht, die zusammen 140 Betten betreuen. „Eigentlich sind diese Abteilungen zu klein“, räumt der Geschäftsführer ein. Es bräuchte mehr Betten, um profitabler arbeiten zu können. Aber dafür bräuchte es wiederum mehr Personal. „Wir sind hart am Rotieren, um mehr Pflegekräfte zu gewinnen und um auf teure Honorarkräfte verzichten zu können“, fügt Gürtner an. Aktuell werden fünf Pflegerinnen aus Tunesien integriert. Bis Jahresende sollen 17 Arbeitskräfte von den Philippinen hinzukommen. „Wir arbeiten da mit Spezialisten des Tüv Rheinland zusammen“, beschreibt Gürtner diese kreative Maßnahme auf dem Arbeitsmarkt. Außerdem erwartet die Klinik ab Herbst 2023 jährlich 25 Absolventen der Pflegeschule. „Von denen bleiben uns hoffentlich viele erhalten“, so Lenz. Der Personalpool soll auf diese Weise wachsen. „Und wenn die Zeichen dann auf Grün stehen, wenn wir endlich mal dauerhaft frei arbeiten können, sind wir gut aufgestellt, um mehr Geld zu verdienen“, fügt der Geschäftsführer an.

Von Mehreinnahmen wird ein Abschlag einbehalten

Passt die Qualität, passt der Ruf, so Gürtner weiter, könne es aufwärts gehen. Nebenbei müssten die laufenden Prozesse optimiert werden, sagt Lenz. Dann könnten die Zahlen besser werden. Eine schöne Aussicht – allerdings nicht ohne ein dickes Aber. „Wenn der Fixkostendegressionsabschlag nicht wäre“, bremst Lenz die Euphorie. Von Mehreinnahmen muss die Klinik nämlich gleich wieder ein Drittel zurückzahlen. „Erst wenn wir uns dauerhaft finanziell auf ein besseres Niveau begeben, können wir das Geld auch behalten.“

Kritik an der schleppenden Umsetzung der im Klinikgutachten angemahnten Verbesserungen, die sich finanziell eigentlich positiv auswirken hätten sollen, äußerten die CSU-Aufsichtsräte Martin Rohrmann und Reinhard Heinrich im Vorfeld der Sitzung. Bei Landrat Albert Gürtner, Geschäftsführer Peter Lenz und – laut deren Aussagen – auch beim Klinikpersonal erzeugten diese Aussagen „negative Stimmung“. „Da kommen Befürchtungen hoch“, fügt er an. Lenz spricht gar von negativem Feedback bei Bewerbungsgesprächen. „Solche Schlagzeilen, auch wenn die Kritik in Teilen berechtigt ist, helfen der Klinik nicht weiter“, meint er, räumt aber auch ein, dass es nichts zu beschönigen gebe. „Der Umbau bei den Prozessen muss weitergehen und irgendwann Früchte tragen“, sagt er. „Weitere Optimierungen haben zu folgen, damit die Zahlen besser werden.“

Bislang keine Projekte in Gefahr

Gürtner gibt als Kopf des bunten Kreisbündnisses ein Bekenntnis zum kommunalen Krankenhaus ab – und hält nichts von anderen Geschäftsmodellen. „Ein bisschen Privatisierung gibt es nicht“, sagt er. Lenz ergänzt, dass ihm „da kein gutes Modell bekannt“ sei. Freilich sei es möglich, die Klinik zu privatisieren. „Aber ein Investor erwartet Rendite, im Regelfall über zehn Prozent – und das mit allen Konsequenzen.“ Das Defizit sei zu hoch, sagt Gürtner, aber trotzdem seien bislang keine Projekte in Gefahr. „Das Krankenhaus und die Schulen sind zentral, da steht nichts in Frage“, sagt er. Um einen Anstieg bei der Kreisumlage werde der Landkreis sicher nicht herumkommen – aber das liege auch an der ÖPNV-Reform. Für die Generalsanierung plant der Landkreis jährlich fünf Millionen Euro ein. „Die stehen so im Haushaltsplan – und damit kommen wir hin.“

Zu betriebswirtschaftlichen Mängeln, die von der CSU angesprochen wurden, räumt Lenz „jahrelange Versäumnisse“ ein, die nun ausgemerzt werden sollen. „Wir besprechen erst mit unseren Ärzten, wie wir uns zukunftsfähig aufstellen – dann geht es in den Aufsichtsrat.“ Die Anregung, mehr fachliche Kompetenz in den Aufsichtsrat zu bringen, konterte der Landrat mit einem Lächeln. „Das werte ich als Rücktrittsangebot der CSU-Aufsichtsräte. Sie können gerne Platz machen“, so Gürtner. Lenz antwortete nüchtern. Bei kommunalen Krankenhäusern sei es üblich, dass Politiker das Sagen hätten. „Wir diskutieren offen und sachlich. Es läuft vertrauensvoll und ziemlich gut.“

PK