Schlimme Schleimer
Für Schnecken hat der nasse Sommer den Tisch so reichlich gedeckt wie nie: Was hilft?

09.08.2024 | Stand 09.08.2024, 15:40 Uhr |

Das feuchte Sommerwetter ist ein Traum für Nacktschnecken. Foto: Straßer

Ein ungebetener Gast hat sich seit dem Hochwasser in Gärten und Blumenbeeten einquartiert, unangemeldet und ohne zu fragen, ob er denn überhaupt willkommen ist. Er hört – wenn er denn Ohren hätte – auf den klangvollen Namen Arion vulgaris. Wenn vom Salat nur noch der Strunk zu sehen ist und sich glitzernde Schleimbänder durch die Beete ziehen, war sie wieder am Werk: die Große Wegschnecke.



Zu allem Überfluss kommt sie nicht allein: Um Schlemmer-Party im Gemüsebeet zu feiern, gesellen sich zu ihr gern die Genetzte Ackerschnecke, die Kartäuserschnecke, die gleich im Wohnwagen anreist, also ihrem Haus, aber auch Limax flavus, der Bierschnegel. Dass der – nur nebenbei – zum Weichtier des Jahres gekürt wurde, weil er auf der Roten Liste steht, wird Gartenliebhaber nur mäßig interessieren.

Für die Schleimer bietet dieser Sommer, laut Meteorologen einer der nassesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, die besten Voraussetzungen, sich wohlzufühlen. „Ja, es ist schlimm dieses Jahr“, erklärt etwa Michael Schrödl von der Zoologischen Staatssammlung München in einem Interview.

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Das bestätigen auch die Obst- und Gemüsehändler auf dem Pfaffenhofener Wochenmarkt. Seine Kundschaft, sagt Hubert Siegl, Chef der Gärtnerei in Pörnbach, klage immer wieder über die diesjährige Schneckenplage. Die sei, ergänzt Franz Kringer aus Rain am Lech, „massiv“. Er steht inmitten von jungen Salatpflänzchen, die er auf seinem 5000 Quadratmeter großen Feld großgezogen hat, damit die Kundschaft sie in ihrem Garten hochpäppelt. Was er gegen die Schneckenplage unternimmt? „Ich opfere Salat“, sagt Kringer. Bedeutet: Wenn sich die Tiere am Feldrand sattgegessen haben, sind sie, so Kringers Kalkül, zu träge, um weiter in den Acker zu kriechen.

Bierfalle und Schneckenkorn



Betrachtet man seine vom Schneckenfraß verschonten Pflänzchen, muss man feststellen: Es funktioniert. Was er von Schneckenkorn hält? Nichts, sagt Kringer, „dann mag ich mein Zeug nicht mehr essen“. Das sieht Siegl genauso. Auch er „opfert“. Die Schnecken sind übrigens nicht die einzigen Tiere, denen die Gemüsebauern den Tisch decken. Spatzen, sagt Kringer, picken sich Leckerbissen aus seinen zarten Kohlrabi-Knollen, die dann für den Wochenmarkt untauglich sind.

Der Kartoffelbauer Michael Winkler aus Schrobenhausen kennt das Problem nicht: Schnecken scheuen grobe Ackerfurchen. „Aber in Privatgärten“, das weiß er aus Gesprächen mit seinen Käuferinnen, „da fressen sie alles auf.“ „Stimmt“, pflichtet ihm eine Kundin bei, die einen Bund Porree in Augenschein nimmt. Aber sie habe das Problem gelöst – mit Bierfallen. Man grabe ein Glas so in den Boden ein, dass der Rand mit der Erdoberfläche abschließt und fülle es mit Bier. Helles, Pils oder Weißbier? Egal, sagt die Kundin, „was halt gerade da ist“. Am nächsten Morgen seien dann die Gläser voll mit Schnecken. Die verführerisch duftende „Trinkhalle“ lockt Experten zufolge allerdings Schnecken aus der gesamten Umgebung herbei – nur ein kleiner Teil von ihnen ertrinke, der Rest mache sich, jetzt zahlenmäßig verstärkt, fröhlich ans Fressen.

„Bier? Da lachen die doch drüber!“ Klaus Mächler vom Pfaffenhofener Gartenbauverein hat damit die Fressfeinde in seinem Garten nicht dezimieren können. Zumindest nicht den Bierschnegel, der durch den Geruch von Bier angezogen wird, aber wohl weiß, dass vorsichtiges Nippen am Glas lebensverlängernd sein kann. Besonders häufig kam die Schnecke früher in Bierkellern vor, wo sie von verschüttetem Bier angelockt wurde.

Sägemehl und Absammeln



Was also hilft? Für Mächler führt kein Weg an wetterfestem Schneckenkorn vorbei. Das streut er als dünnes Band in einigem Abstand um sein Gemüsebeet und legt alle zwei, drei Wochen nach. Gute Erfolge hätten Vereinsmitglieder aber auch mit Hanfstreu gemacht, was den Schnecken den Schleim entzieht, was diese überhaupt nicht mögen. Sägespäne ums Beet? „Da laufen die drüber“, so Mächler. Am besten, man sammle sie in Gläsern ein und setze sie aus. Die Methode, die Behältnisse mit Salz zu füllen, „kann ich nicht akzeptieren, die Tiere verenden jämmerlich“.

Ein Herz für Schnecken hat auch die Tierschutz-Organisation Peta. Ihr Tipp: „Legen Sie ein Holzbrett in das Beet. Die Schnecken sammeln sich tagsüber unter dem Brett, Sie können die Tiere dann vorsichtig aufsammeln.“ Und dann? „Bringen Sie die Schnecken weit weg von Ihrem Garten und lassen Sie sie vorsichtig an einem sicheren Ort wie beispielsweise einer Wiese frei.“ Am besten dort, wo Hunde ihr Geschäft verrichten. Denn: Arion vulgaris mag schwer nerven, ist aber auch sehr nützlich, weil er Kot und Kadaver beseitigt. Ein Schleckermäulchen ist er offensichtlich nicht.

PK

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