Pfaffenhofen
Der Tausendsassa

KULTUR-MACHER: Selbst Corona kann Michael Herrmanns Schaffenskraft nicht bremsen

11.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:23 Uhr |
Timo Schoch

Haut in die Tasten: Michael Herrmann. Foto: Johannes Hauser

Von Timo Schoch

Musiklehrer, Veranstalter, Keyboarder und Sänger: Der Pfaffenhofener Michael Herrmann lebt für die Musik. Der Leiter des Intakt-Musikinstituts ist ein Tausendsassa, ein ungemein kreativer Mensch. Diese Eigenschaft hat ihm auch durch die Coronakrise geholfen.

Wenn ein Sturm kommt, bauen manche Menschen eine Mauer, andere ein Windrad. Aus jeder noch so unwägbaren Situation, das Beste machen, neue Chancen suchen und finden – das zeichnet Michael Herrmann aus. Wohl auch deshalb wurde durch die Coronakrise seine Neugierde, sein Ideenreichtum und seine Schaffenskraft nur noch mehr angestachelt. „Die Situation kann ich ja nicht ändern“, sagt er. Das heißt: Nicht jammern; Situation annehmen, kreativ sein und nicht stehen bleiben. Windrad statt Mauern. Es ist so etwas wie sein Lebensmotto.

Künstler hatten es schwer in den zurückliegenden Monaten. Keine Frage. Es gibt welche, die sich zurückziehen. Einigeln. Die Mauern bauen. Michael Herrmann zählt definitiv nicht dazu. Er initiierte kurzerhand Gartenzaunkonzerte. Mit einem umgebauten Anhänger traten er, seine Sängerin Cathy Smith und auf Wunsch auch weitere Musiker auf. Die „fahrbaren“ Konzerte dauern rund 60 Minuten. Künstler zum Anfassen. Hautnah und doch coronakonform. „Die Gartenzaun-Gigs haben uns finanziell gerettet“, sagt Herrmann.

Schon früh war Herrmann klar, dass er später beruflich etwas mit Musik zu tun haben will. Seine Leidenschaft. Seine Liebe. Seine große Begabung wird schnell ersichtlich. In der zweiten Klasse probt seine damalige Lehrerin für ein Musical. Sie dirigiert und spielt nebenbei Klavier. In einer Pause setzt sich Schüler Herrmann ans Klavier und spielt die Stücke nach. Aus dem Gedächtnis und nach Gehör. Die Aufführung darf er deshalb statt der Lehrerin am Klavier begleiten. Die begeisterten Eltern im Publikum schicken ihn gleich zur Musikschule. Auch dort sind seine Förderer beeindruckt vom absoluten Gehör des jungen Mannes. „Ein Absolutgehör ist Fluch und Segen zugleich“, sagt der 44-Jährige. Er braucht im Musikladen beispielsweise kein Stimmgerät. Sein Gehör kann das besser als jede Technik. Doch Musikstücke im Radio hören sich teilweise grausam für ihn an.

Doch die Leidenschaft ist geweckt. Herrmann begleitet auf dem Klavier verschiedene Künstler und Gospel-Chöre. Er kommt weit herum, wird fleißig gebucht. Und lernt bei einem Auftritt Dietrich Schneider kennen, eine Koryphäe. Beim renommierten Dozenten erhält Herrmann eine Gesangsausbildung – im Gegenzug begleitet er bei Schneider verschiedene Opernsänger, die dort proben. Auch sonst ist Herrmann als Keyboarder sehr gefragt in verschiedensten Bands – sei es bei Gastauftritten oder bei festen Engagements. Einer Band bleibt er aber bis heute treu: Sie heißt sogar „Die Band“ und hat sich noch zu Herrmanns Schulzeiten gefunden. Bis heute wird wöchentlich geprobt. „Die Band“ ist eine von drei Bands, in der Herrmann aktuell regelmäßig spielt.

2004 kam schließlich die Musikschule hinzu. Das Intakt-Musikinstitut erweiterte der studierte Jazzpianist mehrfach. Heute erhalten dort rund 500 Schülerinnen und Schüler eine fundierte Ausbildung. Angeschlossen ist in der gemeinnützigen GmbH noch ein Musikladen mit Reparatur und ein Veranstaltungsraum. Von Kleinkunst bis Konzerten gibt es dort ein beachtliches Programm. Rund 200 Quadratmeter umfasst der Saal, der Platz für etwa 120 Menschen bietet. Vor der Coronakrise wohlgemerkt.

Doch trotz der Krise gab es dort Auftritte – wenn auch nur virtuell via Livestream oder als Hybrid-Veranstaltung, mit reduzierten Zuschauerzahlen und Online-Übertragung. Auch das hat sich Herrmann überlegt, als Covid-19 die Welt in die Zwangsjacke nahm. Seine Frau bezeichnet ihn deshalb nicht von ungefähr als unruhig, ständig in Bewegung, unglaublich innovativ und positiv. Es fehlt dabei noch ein wichtiger Punkt: Herrmann ist quasi die Mutter Theresa für alle. Das Gemeinwohl ist ihm ungemein wichtig. Er hilft, wo er nur kann und versucht das Leben der anderen mit seiner Musik zu verschönern und zu bereichern.

Dafür hat er schon unzählige Dinge initiiert, beispielsweise brachte er ein Magazin für Musiklehrer und Musikschulleiter heraus, er programmierte eine Verwaltungssoftware für Musikschulen engagiert sich als Musiklehrer an der Realschule, etablierte das Mitsingprojekt „Volxgesang“ und, und, und. Er könnte ein Buch über seine Tätigkeiten, Erfahrungen und Erlebnisse schreiben. „Das würde aber ein Ewigkeitswerk werden“, sagt er und lacht.

So hätte auch Corona sicher ein extra Kapitel verdient. Er sieht die Krise als Herausforderung. Seiner Kreativität tut das keinen Abbruch. Oder wie es sein Vermieter so treffend ausdrückte, als er mitten im Lockdown einen Anhänger für seine Gartenzaunkonzerte umbaute: „Herr Herrmann, Sie sind ein Unternehmer, denn ein Unternehmer unternimmt etwas.“ Ein Unternehmer baut eben beim Sturm ein Windrad und keine Mauer.

PK

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