Votum gegen Wachstum
Bürgerentscheid: Pfaffenhofener stoppen Planungen zu Gewerbegebiet Kuglhof 2

07.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:30 Uhr

Allen Grund zum Feiern hatten die führenden Köpfe der IG „Stoppt den Flächenfraß“ – Manfred „Mensch“ Mayer (2. von links) sowie rechts neben ihm Bernhard Ugele und Christiane Janicher-Buska – und deren Mitstreiter bei ihrer Wahlparty. Fotos: Ermert

Die Pfaffenhofener haben dem geplanten Gewerbegebiet Kuglhof 2 eine klare Absage erteilt. Exakt 60 Prozent der 10099 gültigen Stimmen stellten sich hinter das Bürgerbegehren („Kein Gewerbegebiet Kuglhof II“) der Interessengemeinschaft „Stoppt den Flächenfraß“. Für das gegenteilige Ratsbegehren („Wohlstand sichern, Klima schützen – Ja zum grünen Gewerbepark Kuglhof“) stimmten hingegen nur 46,1 Prozent mit Ja – es ist damit gescheitert.



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Der Ausgang der Stichfrage wurde dadurch unerheblich: Aber auch hier hätte das Bürgerbegehren mit 56,1 Prozent die Nase deutlich vorne gehabt. Die Wahlbeteiligung lag bei ordentlichen 52,6 Prozent.

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Euphorie und Glück bei der Interessengemeinschaft



„Ich kann nur einen großen Dank an alle Bürger aussprechen, die dieses Mittel der direkten Demokratie wahrgenommen haben“, kommentierte IG-Sprecher und GfG-Stadtrat Manfred „Mensch“ Mayer den Ausgang. „Wir haben mit viel Engagement diesen Bürgerentscheid erst möglich gemacht, alle Fakten auf den Tisch gebracht – und jetzt auch noch gewonnen. Das ist wunderbar.“ Pfaffenhofen habe mit dieser Entscheidung bewiesen, dass die Bürger in der Gesamtheit mehr verstanden hätten als die führenden Politiker und die Gewerbetreibenden. „Wachstum, das auf Vernichtung beruht, braucht es ein für alle Mal nicht mehr“, sagte Mayer. Auch wenn eine Fläche angeblich grün und nachhaltig erschlossen werde, so sei diese doch nur ein Grab.



Überglücklich reagierte Christine Janicher-Buska vom Bund Naturschutz auf den Erfolg. „Wir haben die Bürger argumentativ überzeugen und mitnehmen können, dass man Grund und Boden schlichtweg schonen muss“, sagte sie. Es sei kein Weg, nur mit Dollarzeichen in den Augen durch die Welt zu gehen, teilte sie kräftig aus. Es brauche Schritte zurück, nicht immer noch mehr Wachstum, um die Welt insgesamt nach vorne zu bringen. Die eigenen Argumente seien allerdings nur der eine Schritt zum Erfolg gewesen. Ebenfalls hohen Anteil daran hätten die Fehler der Gegenseite gehabt. „Die Kampagne war eine große Verarsche. Und außerdem eine einzige Materialschlacht mit dümmlichen Plakaten. Das ist den Leuten nicht entgangen.“

„Zu viel Werbung − und zu wenig Inhalte“



Auch aus Bernhard Ugele (ÖDP) brach es im Moment des Erfolgs und mit Abfallen des Drucks heraus. „Die Gegenseite hat in dieser Debatte viele Fehler gemacht“, bewertete er die vergangenen Wochen und Monate. „Zu viel Druck, zu viel Werbung − und zu wenig Inhalte“, warf er den Stadtratsfraktionen von SPD, CSU, Freien Wählern und Grünen vor. Kultur, Sport, Kitas und die Umgehungsstraße hätten mit einem Gewerbegebiet schlichtweg nichts zu tun, fuhr er fort. „Wir waren vielen Diffamierungen und sogar Zensur ausgesetzt – und jetzt ist der Stadtrat grandios durchgefallen.“



Die vergangenen Monate haben die Aktivisten zusammengeschweißt. Bei der Wahlparty in Mayers „straßenschuhfreier Zone“ schmiedeten sie Zukunftspläne: „Wir werden zusammenbleiben und jetzt im ganzen Landkreis genau hinschauen und aktiv werden, wenn wieder etwas droht“, kündigte Janicher-Buska an. Sollte Pfaffenhofen einen weiteren Vorstoß zu einem ähnlichen Gewerbegebiet machen, nannte Ferdinand Müller als baurechtlicher Berater der IG umgehend die Konsequenz: „Dann stehen wir wieder auf, wehren uns wieder“ – und danach würde der Stachel noch tiefer im Fleisch sitzen.

Herker: „Planungen für Kuglhof 2 werden eingestellt“



„Pfaffenhofen hat gesprochen“, kommentierte Bürgermeister Thomas Herker (SPD) den Ausgang, „und die Planungen für das Gewerbegebiet Kuglhof 2 werden damit eingestellt.“ Zu einem persönlichen Kontakt mit den führenden Vertretern der IG kam es am Sonntagabend nicht. Das Bedauern über den Ausgang war Herker aber auch so anzumerken. „Sieben lange Jahre der Vorarbeit sind damit leider für die Katz“, sagte er. Wie er als Bürgermeister und der Stadtrat mit dieser Entscheidung umgehen, werde sich in den kommenden Monaten zeigen – schließlich werde der Siedlungsdruck auf die Stadt wohl kaum abnehmen. Die Ansiedlung neuer Firmen, die Schaffung weiterer Arbeitsplätze und damit das Generieren zusätzlicher Einnahmen, so Herker, „wird durch diese Entscheidung nicht leichter“.

PK