Amtsgericht Pfaffenhofen
Angeklagte wollte Tierarztrechnung abstottern – jetzt ist sie wegen Betrugs angeklagt

22.09.2022 | Stand 25.10.2023, 10:21 Uhr

Symbolbild: Schanz

Pfaffenhofen – „Irgendwie muss ich’s ja bezahlen“, sagt Vanessa P. (Name geändert), „ich möchte es auch.“ Nur wie sie ihre Tierarzt-Rechnung bezahlen soll – das kann sich auch Amtsrichterin Nicola Schwend nicht vorstellen. Denn die Angeklagte, die da vor ihr sitzt, ist – um es flapsig zu sagen – mega-pleite.



Selbst ein Gerichtsvollzieher, der mit einem Vollstreckungsbescheid bei ihr anklopfte, hatte festgestellt: Bei der 42-Jährigen ist nichts zu holen. Wie will sie dann eine Tierarzt-Rechnung über 3700 Euro bezahlen?

Angeklagte ahnte, „dass es teuer wird“

Vanessa P. betreibt im südlichen Landkreis einen Bauernhof. Reich werden sie und ihr Mann damit nicht, beide gehen sie einem Beruf nach. Ihr Mann verdient um die 2500 Euro monatlich, sie selbst als Teilzeitkraft etwa 600 Euro. Als dann vor drei Jahren ein Pferd krank wurde, sagt die 42-Jährige, „ahnte ich schon, dass es teuer wird“. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Betrug vor: Sie habe wissentlich einen Tierarzt mit der Behandlung beauftragt, obwohl ihr klar war, die Rechnung nicht bezahlen zu können.

So war das nicht, verteidigt sich die Angeklagte. „Bis 1000 Euro kann ich bezahlen, dann muss ich auf Raten gehen“, habe sie dem Arzt gesagt. Der habe eine Anfangszahlung von 500 Euro gewollt, „aber ich hatte nur 300 Euro“. Als das Pferd schließlich in die Tierklinik musste, schwante es Vanessa P., dass es jetzt richtig ins Geld geht. „Mit 2000 Euro habe ich gerechnet. Das wird mir zu teuer, habe ich gesagt. Aber der Arzt meinte: Das kriegen wird schon hin.“

Vanessa P. sieht sich als Opfer

Hat nicht funktioniert. Aber das liegt nicht an ihr, behauptet die 42-Jährige. Jeden Monat wollte sie 100 Euro abbezahlen – wenn sie denn die Kontonummer gehabt hätte. „Aber die rücken die nicht raus.“ 100 Euro jeden Monat, ein Sechstel ihres Verdienstes, fragt die Richterin skeptisch. Das Gehalt, erklärt Vanessa P., habe sie mit Blutspenden aufbessern wollen. Auf ihre E-Mails habe sie keine Antwort bekommen. Die Richterin kann sich das nur schwer vorstellen, sicher habe es doch einen Schriftverkehr gegeben. Aber die 42-Jährige will nichts bekommen haben.

Vanessa P. sieht sich als Opfer – und deshalb hat sie auch gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt: Der Arzt habe gewusst, dass sie nur 600 Euro verdient. „Aber Sie haben ja noch einen Mann“, wirft die Richterin ein. „Den habe ich nicht eingerechnet“, erklärt die Angeklagte. Es hätte wohl auch wenig Sinn gemacht. „Wie hätte Ihr Mann denn bezahlen sollen, wenn er selbst Schulden hat?“ „Das weiß ich nicht.“ Was sie weiß: „Wenn ich die Kontonummer gehabt hätte, wäre die Rechnung jetzt bezahlt.“ Warum sie sich denn nicht mit der Anwaltskanzlei in Verbindung gesetzt habe, die der Arzt mit dem Eintreiben seiner Forderung beauftragt hatte? Achselzucken.

Tierarzt ist nicht erschienen

Um das Verfahren abschließen zu können, hatte das Gericht den Tierarzt als Zeugen vorgeladen. Aber der ist nicht erschienen. Deshalb setzt die Richterin das Verfahren aus.

Der Angeklagten schwant nichts Gutes: „Wie wird denn die Strafe berechnet?“, will sie wissen. Die Tagessatzhöhe, erklärt ihr Schwend, richte sich nach ihrem Einkommen – aber zu wie viel Tagessätzen sie verurteilt wird, das hänge auch von der Staatsanwältin ab. Die Zeit bis zum nächsten Verhandlungstermin könnte die Angeklagte sinnvoll nutzen: Die Richterin empfahl ihr, sich schnell mit der Schuldnerberatung in Verbindung zu setzen.

PK