Konto zur Verfügung gestellt
Heiratsschwindler geholfen: 60-Jährige wegen Geldwäsche verurteilt

16.11.2022 | Stand 25.10.2023, 10:18 Uhr

Die Masche ist bekannt, auch unsere Zeitung berichtete wiederholt über Fälle von Romance Scamming. Symbolbild: Ebener, dpa

Bereits zweimal ist eine Frau auf die Romance Scamming-Betrugsmasche hereingefallen. Beim zweiten Mal war sie aber nicht nur Opfer, sondern stellte ihr Konto für kriminelle Transaktionen zur Verfügung. Nun verurteilte sie das Pfaffenhofener Amtsgericht wegen Geldwäsche.



Wie groß muss die Sehnsucht nach Liebe sein, wie unendlich das Vertrauen, um zweimal auf denselben Betrüger hereinzufallen? Beim ersten Mal vor vier Jahren verlor Anita F. (Name geändert) 35.000 Euro an einen Schwindler, den sie nie zu Gesicht bekommen hat. Den Kredit zahlt sie immer noch ab. Trotz Warnung der Kripo stellte sie ihm zwei Jahre später ihr Konto für kriminelle Transaktionen zur Verfügung. Jetzt verurteilte sie das Amtsgericht wegen Geldwäsche zu neun Monaten Haft auf Bewährung. Außerdem muss sie den entstandenen Schaden in Höhe von 16.800 Euro bezahlen.

Die Masche ist bekannt, auch unsere Zeitung berichtete wiederholt über Fälle von Romance Scamming, wie die Betrugsmasche mit der romantischen Liebe genannt wird. Umso unverständlicher, dass sie immer noch funktioniert. Eingefädelt wird sie von kriminellen Organisationen, die meist aus dem Ausland operieren, und sich in den sozialen Medien vorzugsweise an einsame und liebessehnsüchtige Frauen heranmachen. Und das, wie ein Ermittler der Kripo vor Gericht erklärte, äußerst professionell und psychologisch bis ins Detail ausgefeilt. Versprochen wird die große Liebe, bis das Bankkonto des Opfers geschröpft ist. Aber selbst dann, wie im Fall von Anita F., geben die Betrüger nicht auf, sondern drängen ihre Opfer dazu, Kredite aufzunehmen.

Angeklagte habe sich einsam gefühlt

Anita F. will sich nicht äußern, das überlässt sie ihrem Verteidiger. Stumm sitzt sie auf der Anklagebank, den Kopf auf die Hände gestützt, die Augen geschlossen. Finanziell ist sie nicht auf Rosen gebettet, die 60-Jährige arbeitet im Pflegebereich und verdient monatlich um die 2000 Euro netto. Ihr Mann ist Rentner, die Tochter bereits erwachsen. Zu ihren Motiven äußert sie sich nicht. Damals hatte sie den Ermittlern erklärt, dass sie sich einsam gefühlt habe.

Auf Facebook hatte sie vor vier Jahren einen Mann kennengelernt, der sich als Kapitän eines großen Schiffes ausgab. Er habe ein kleines Vermögen zusammengespart, das er in einer Kiste horte, die er aber nicht durch den Zoll bekomme. Anita F. möge doch kurzfristig finanzielle Überbrückungshilfe leisten. Weil der Bank die Überweisungen dubios erschienen, wandte sich das Geldinstitut an die Kripo wegen des Anfangsverdachts auf Geldwäsche. Das Verfahren wurde eingestellt – nicht ohne die Mahnung an Anita F., künftig vorsichtiger zu sein. „Damals war sie Opfer“, erklärt der Zeuge. Jetzt muss sie sich als Täterin verantworten.

Gelder aus Straftaten umgeleitet

Denn der vermeintliche Seemann wollte zwei Jahre später kein Geld von ihr, sondern bat um eine Gefälligkeit. Sie möge ihm ihr Bankkonto für diverse Transaktionen zur Verfügung stellen. Was sie nicht wusste: Hier wurden Gelder aus Straftaten umgeleitet, um die Herkunft zu verschleiern. Juristisch ist das Geldwäsche.

Auch diesmal meldete die Bank die für sie ominösen Rücküberweisungen von Anita F. den Ermittlungsbehörden. Die 60-Jährige wurde vorgeladen. Ob sie die Person im Hintergrund kenne, wurde sie gefragt. Ja, log sie. „Wohl um sich nicht eingestehen zu müssen, möglicherweise einem Betrüger aufgesessen zu sein“, vermutet der Kripomann. „Es ist alles rechtens“, habe sie auf erneute Nachfrage telefonisch erklärt, „ich kenne alle Personen.“ Mehr noch: Sie fühle sich von der Kripo bedroht, ließ sie wissen.

Anklagepunkte eingeräumt

Seine Mandantin, erklärte der Verteidiger, räume alle Anklagepunkte ein. Sie habe sich verleiten lassen, obwohl sie von der Polizei gewarnt worden sei. Die Staatsanwältin listet fünf Überweisungen auf, mal 4500 Euro, mal 2000 Euro. Besonders perfide: Auf einer Internet-Auktionsplattform wurden die Gelder von Bietern umgeleitet, eine dieser Rücküberweisungen von Anita F. in Höhe von 30.000 Euro konnte gestoppt werden.

Der Schaden, der entstanden ist, beziffert die Staatsanwältin auf insgesamt 16.800 Euro. Die wird Anita F. als Wertersatz bezahlen müssen. Sie kommen zu den monatlichen Raten von 900 Euro hinzu, mit denen die 60-Jährige den 35.000-Euro-Kredit abbezahlt.

PK