Geisenfeld
Alt-Geisenfeld wird bald besser vorstellbar

Hans Strauß arbeitet an Dokumentation über die Verfüllung des inneren Ilmarms vor 50 Jahren

02.01.2023 | Stand 17.09.2023, 6:23 Uhr

Der alte Ilmlauf in jenem Bereich, wo sich heute das Hallenbad befindet. Im Hintergrund die Umkleidekabinen des früheren Geisenfelder Freibads, das vom Wasser dieses alten Ilmarmes gespeist wurde. Foto: Stadtarchiv Geisenfeld

Von Gerhard Kohlhuber

Geisenfeld – Mit der Verfüllung des inneren Ilmarmes ist vor 50 Jahren ein Stück Alt-Geisenfeld verschwunden – eines mit romantischen Wasserläufen und einer Vielzahl schmaler Brücken und Stege. Ein Stück weit erlebbar machen will dieses verloren gegangene Idyll Stadtarchivar Hans Strauß mit einer Dokumentation, die im Laufe des Jahres veröffentlich werden soll.

„Das zentrale Motiv zur Verfüllung dieses Ilmarms waren die damaligen Pläne zur Vergrößerung des Sportgeländes gewesen“, weiß Hans Strauß, der von 1967 bis 2006 bei der Stadt beschäftigt war. Verwaltungschef wurde er zwar erst 1974, bei den Stadtratssitzungen, in denen die Verfüllung vorbereitet und beschlossen wurde, war er damals aber dabei. „Kontrovers diskutiert wurde das Thema seinerzeit eigentlich nicht“, erinnert er sich, „man war sich recht einig, das so zu machen.“

Heute, da ist sich der 80-Jährige sicher, würde man „die Finger von so einem Eingriff lassen“. Schließlich habe der Natur- und Landschaftsschutz mittlerweile einen viel höheren Stellenwert, und auch die Erholungsfunktion dieses Wasserlaufes mit seinem Schatten spendenden Baumbestand würde wohl viel stärker ins Gewicht fallen als damals.

Einer der wenigen, die seinerzeit den massiven Verlust auch unter historischen Gesichtspunkten erkannt haben, sei der frühere Heimatpfleger und Zeitungsverleger Helmut Weinmayer gewesen „Dessen Warnungen sind jedoch verhallt.“ Die Tragweite des Beschlusses zur Verfüllung des inneren Ilmarmes sei damals auch ihm selbst bewusst gewesen, sagt Strauß, weshalb er den Altbestand in einer Fotoserie von 50 Aufnahmen festgehalten und bildlich für die Nachwelt gesichert habe.

Diese Fotos sind ein zentraler Bestandteil der Dokumentation, mit deren Erstellung Strauß jetzt begonnen hat. Der Beweggrund: Immer wieder in den letzten Jahren habe es im Stadtarchiv Nachfragen zu diesem Thema gegeben – zuletzt auch bei dem von ihm angebotenen Archivführungen.

Wer noch nicht alt genug sei, sich an die Gegebenheiten vor der Verfüllung zu erinnern, dem sei der frühere Zustand mit Worten und Erzählungen kaum zu vermitteln, so Strauß. „Alle, die jünger als 60 Jahre sind, und alle später Zugezogenen kennen Geisenfeld halt nur ohne diesen zweiten Ilmarm, der am Fuße des Pfarrerberges die Münchener Straße kreuzte“. Und zum heutigen Geisenfeld gehört halt auch sein Sportzentrum – und man könne sich kaum vorstellen, dass sich da einmal ein Flusslauf schlängelte. Dieser speiste auch das frühere Geisenfelder Freibad, das sich in etwa an jener Stelle befand, an der heute das Hallenbad steht.

Damit war es vorbei, als das Wasser des alten Ilmarmes in den neuen, 1935 geschaffenen Ilmzweig abgeleitet werden konnte. Dafür war im Bereich der Wettermühle ein „Durchstich“ in Form einer gerippten Stahlröhre mit großem Durchmesser nötig. Diese Arbeiten gingen im September 1973 über die Bühne.

Um den Interessierten eine bessere Vorstellung zu geben, will Strauß in seiner Dokumentation auch den Verlauf des zugefüllten, 1,5 Kilometer langen Abschnitts auf einem aktuellen Lageplan darstellen. Er will die Beweggründe des damaligen Ratsgremiums Revue passieren lassen sowie die Vor- und Nachteile der 1972 gefallenen Entscheidung gegenüberstellen.

„Sukzessive“ will Strauß, der seit 2008 das Geisenfelder Stadtarchiv betreut, an seiner Dokumentation arbeiten. Die dann „irgendwann 2023“ fertiggestellt und auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll – eventuell auch im Rahmen eines mit den alten Aufnahmen angereicherten Vortragsabends.

GZ