Pfaffenhofen
Acht Monate Haft auf Bewährung nach wüster Rangelei mit drei Polizisten

Asylbewerber vom Pfaffenhofener Amtsgericht verurteilt

06.12.2022 | Stand 25.10.2023, 10:17 Uhr

Symbolbild: Roessler, dpa

Er habe ja nur seinen Regenschirm aus dem Zimmer in der Asylunterkunft holen wollen. Weil’s draußen so tropfte. Die Folgen waren dann aber viel weitreichender als dieses profane Vorhaben. Daraus entwickelte sich nämlich eine wüste Rangelei mit drei Polizisten und zwei weiteren Personen.



Jetzt muss sich Dayo F. (Name geändert) wegen Hausfriedensbruchs, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung verantworten. Auf der Anklagebank des Pfaffenhofener Amtsgerichts saß der 25-Jährige schon einmal. Vor gut einem halben Jahr musste die Verhandlung ausgesetzt werden, weil er erklärt hatte, die Dolmetscherin nicht verstehen zu können. Der Mann kommt aus Westafrika und spricht Pidgin, ein reduziertes Englisch, das sich in der Kolonialzeit bei der Bevölkerung entwickelt hat. Dass der Angeklagte ihr Englisch angeblich nicht verstanden habe, wertete die Übersetzerin damals übrigens als persönliche Kränkung.

Jetzt hat ihm das Gericht einen Dolmetscher zur Seite gestellt, der erklärte, Pidgin zu beherrschen. In den vergangenen Monaten muss Dayo F. sprachlich allerdings derart rasante Fortschritte gemacht haben, dass er sich problemlos auf Englisch mit seinem Verteidiger unterhalten konnte. Streckenweise beantwortete er sogar die Fragen von Amtsrichterin Katharina Laudien – wohlgemerkt auf Deutsch, bevor der Dolmetscher seiner Aufgabe nachkommen konnte. Der Verteidiger sagte dazu allerdings, dass sein Mandant in Wirklichkeit nur die Hälfte verstehe, auch wenn er so tue als ob.

Im Juni vor zwei Jahren will Dayo F. jedenfalls überhaupt nichts verstanden haben. Er ist 2014 nach Deutschland gekommen und hat in Pfaffenhofen ein Zimmer in einer Asylunterkunft zugewiesen bekommen. Weil’s dort aber Ärger gab, bekam er 2018 Hausverbot und musste in eine Unterkunft im mittleren Landkreis umziehen. Was ihn allerdings nicht daran hinderte, immer mal wieder in seiner alten Bleibe aufzukreuzen, von der er offenbar noch einen Schlüssel besaß.

An jenem Montagnachmittag im Juni vor zwei Jahren war für den Verwalter der Unterkunft dann aber Schluss mit lustig. Er bat die Polizei um Unterstützung, die schickte eine Streife. Einer der Beamten erklärte dem Asylbewerber, dass er sich hier nicht aufhalten dürfe und seinen Schlüssel abgeben müsse. Der 25-Jährige holte einen Schlüsselbund aus der Hosentasche, aber als sich herausstellte, dass keiner der Schlüssel passte, schubste Dayo F. den Polizisten zu Boden und flüchtete – um 20 Minuten später in der Unterkunft wieder aufzutauchen. Eine zweite Streife rückte zur Verstärkung an, aber der 25-Jährige wollte den richtigen Schlüssel immer noch nicht herausrücken. Er trat und schlug mit Fäusten nach den Polizisten und dem Verwalter.

Die Beamten brachten ihn schließlich zu Boden, legten ihm Handschellen an und durchsuchten ihn. Ohne Erfolg. Den Schlüssel, vermutete einer der Polizisten, muss er wohl irgendwo versteckt haben. Sie brachten ihn zur Polizeiinspektion, ließen ihn aber wieder laufen. Diese wiedergewonnene Freiheit nutzte Dayo F., um ein drittes Mal die Asylunterkunft aufzusuchen. In seinem ehemaligen Zimmer war gerade ein Handwerker damit beschäftigt, seine Sachen in einen Plastiksack zu packen. Der 25-Jährige versuchte, ihn mit Fäusten zu attackieren. Dann lief er davon.

Der Verteidiger gab sich vor Gericht alle Mühe, seinen Mandanten herauszuboxen. Der Asylbewerber habe nicht verstanden, was ein Hausverbot sei und dass er die Unterkunft nicht mehr betreten dürfe, meinte er. Vielmehr habe er gedacht, dass er dort lediglich nicht mehr schlafen dürfe. Die Zeugen allerdings beteuerten allesamt, dass sie ihm deutlich zu verstehen gegeben hätten, was Sache sei.

Amtsrichterin Katharine Laudien verurteilte den Angeklagten daraufhin zu acht Monaten Haft auf Bewährung. Erschwerend kam für sie hinzu, dass der 25-Jährige bereits zweimal verurteilt ist, unter anderem wegen Schwarzfahrens und Körperverletzung. Im Gegensatz zur Staatsanwältin, die dem Angeklagten keine günstige Sozialprognose ausstellte und ihn für neun Monate hinter Gittern sehen wollte, glaubte die Richterin den Beteuerungen von Dayo F., sich hier in Deutschland integrieren zu wollen. Er suche seit drei Jahren Arbeit, erklärte er, aber man lasse ihn nicht, weil er keinen Ausweis besitze. Den müsste er sich bei der Botschaft in Berlin besorgen. Aber für die Fahrt dorthin habe er kein Geld. Die 149 Euro, von denen er monatlich leben müsse, würden nicht reichen.

PK