Blick in die Historie
Vor dem Tillyfest in Breitenbrunn: Von Hussiten-Glocke und Schlosstor

04.09.2024 | Stand 04.09.2024, 7:00 Uhr |

Das Schlosstor in Breitenbrunn. Fotos: Sturm

Das historische Breitenbrunn ist reich an Geschichte und an historischen Bauwerken. Beim Tillyfest am kommenden Wochenende tritt dies wieder an verschiedenen Stellen in Erscheinung.

Wenn beispielsweise am Samstagabend eine beeindruckende Fackelillumination mit unzähligen Akteuren die Gassen des Marktfleckens erhellt, dann setzt sich diese von der Obergasse herunter durch das Schlosstor in Bewegung. Am Sonntag, wenn Graf Graf Johann Tserclaes von Tilly und seine Nachfahrin, die Reichsgräfin Maria Anna Katharina Tilly-Montfort, in einem festlichen Umzug hoch zu Ross und in Begleitung von vielen Darstellern in historischen Gewändern Einzug halten, dann geschieht dies ebenfalls durch das Schlosstor.

Einst fünf Torhäuser



In Breitenbrunn gab es bis zum Jahre 1825 fünf Torhäuser, die zur Marktfestigung gehörten. Nur durch diese Tore war es möglich, in den Ort zu gelangen. Das Schlosstor, ein mächtiges Torhaus in der Obergasse, ist eines davon und das einzige, das übrig geblieben ist. Im Jahr 1825 wurde nämlich zunächst das Torhaus an der Premerzhofener Straße wegen des schlechten Bauzustandes abgebrochen.

Aus Verkehrsgründen und im Zuge der Straßenbaumaßnahme nach Dietfurt wurde 1858 das Siegertshofener Torhaus, später dann 1878 das Bucher Torhaus und 1898 das Torhaus an der Straße nach Dürn abgetragen. Da die Obergasse aber nun nicht mehr als Hauptstraße genutzt wurde, blieb das Schlosstor erhalten. Das stammt vermutlich aus dem 16. oder 17. Jahrhundert und der Name „Schlosstor“ kommt daher, weil durch dieses Tor der Weg hinauf zum Schloss Breitenegg führte. Das Gebäude ist in Privatbesitz.

Im Schlosstor befindet sich in einer Mauernische mit Segmentbogen, gut geschützt hinter einer Glasscheibe, ein Holztafelbild mit Gebetskugeln. Es wurde vor mehr als einem Jahrzehnt auf Initiative des damaligen Ortsheimatpflegers Kurt Martens aufwendig restauriert. Es erinnert die vorbeiziehenden Menschen an den Glauben an das Fegefeuer und regt dazu an, einige Vater unser für die Gestorbenen zu beten.

Die Hussiten-Glocke



Eher jüngeren Datums, aber nicht minder imposant ist das Haus des Gastes am Marktplatz. Hoch oben auf seinem markanten Treppengiebel befindet sich in einem kleinen Glockenturm die Hussiten-Glocke, im Volksmund auch Hus-Glöckchen oder Huusarn-Glöckl genannt. Jedes Jahr, wenn in Breitenbrunn das historische Tillyfest beginnt, wird dieses von dem Glöckchen eingeläutet – und zwar von Hand, weil es immer noch an einem langen Glockenseil hängt.

Die Hussiten-Glocke auf dem Haus des Gastes steht sicherlich in keinem geschichtlichen Zusammenhang mit dem Einzug des Feldherrn Johann Tserclaes Graf von Tilly im Jahr 1624 in Breitenbrunn. Aber sie begleitet die Geschichte des Marktfleckens seit mehreren hundert Jahren und ist somit von großer kultureller Bedeutung für Breitenbrunn, vielleicht sogar für die Oberpfalz. Die Geburtsstunde der Glocke soll verschiedenen Quellen nach auf das 15. Jahrhundert, auf die Feuersbrunst der Hussitenkriege, die sich ab 1426 unter anderem auch auf Bayern und die Oberpfalz ausbreiteten, zurückreichen. Beim Herannahen der Hussiten wurde die Glocke geläutet und die Bürger konnten hinter den Mauern ihrer Ortschaft Schutz suchen. Später hatte das Läuten für die Breitenbrunner noch eine andere Bedeutung.

Was einst der Lehrer schrieb...



Im Jahr 1906 schrieb der Lehrer Anton Geitner in den Oberpfalz-Heften: „Im Markt Breitenbrunn wird noch die Husglocke geläutet. Von Michaeli bis Georgi abends acht Uhr und früh drei Uhr, von Georgi bis Michaeli abends neun Uhr und früh zwei Uhr. Das Glöcklein soll den Verirrten der Gegend, die jetzt noch stark bewaldet ist, die Richtung angeben. Das Läuten wird vom Nachtwächter besorgt und dauert zwei bis drei Minuten. Mit dem gleichen Glöckchen läutet man auch an Markttagen um zwölf Uhr, manchmal auch an Sonntagen, wenn allgemeine Anlässe bekanntzugeben sind.“

Am kommenden Wochenende ist ein solcher Anlass. Dann läutet das Glöckchen zum 34. Mal das Tillyfest ein.

swp



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