Emotionale Achterbahnfahrt
Motorsport: Adrenalinkick für Berchinger Nachwuchsfahrer Thomas Rackl auf dem Norisring

12.07.2024 | Stand 01.10.2024, 13:28 Uhr |

Mit dem BMW M4 GT4 (vorne) erreicht der 16-jährige Thomas Rackl Geschwindigkeiten von bis zu 240 Kilometern pro Stunde. Foto: Arnau Viñals Vilella

Im Rennanzug fiebert Thomas Rackl seinem Einsatz entgegen. Gleich rast er mit 240 Sachen durch Nürnberg über den Norisring, nur Zentimeter trennen den Berchinger dann von der perfekten Ideallinie und dem Einschlag in die Mauer. Enormer Druck für einen 16-Jährigen. Sturmhaube an, Helm auf, Fokus. Als sein Teamkollege, mit dem er sich den BMW M4 GT4 teilt, zum Fahrerwechsel an die Box kommt, geht es ganz schnell: Rackl rennt um das Auto, hilft Andreas Jochimsen beim Aussteigen, schwingt sich auf den Fahrersitz, schnallt sich an, Tür zu. Nun liegt es nur an ihm, das gute Resultat ins Ziel zu bringen.

Der Norisring hat für Rackl eine besondere Bedeutung, wohnt er doch lediglich 50 Kilometer vom Stadtkurs mit Monaco-Flair entfernt. 23 Tickets hatte er für Gäste und Freunde besorgt, die ihn zum Teil das erste Mal an eine Rennstrecke begleiteten. „Es ist ein super Ausgleich, zwischendurch ganz normale Gespräche zu führen“, freut sich der Zehntklässler des Beilngrieser Gymnasiums über die ungewohnte Ablenkung abseits der Piste.


 

Starke Performance in den Trainingssessions



Auf der 2,2 Kilometer kurzen Rennstrecke am Zeppelinfeld finden sich Rackl und sein dänischer Teamkollege schnell zurecht, fahren in den Trainingseinheiten gute Zeiten. Das liegt auch an Rackls Renningenieur Bernd Kretzer. Er arbeitete früher im Formel-Sport unter anderem mit den ehemaligen Formel-1-Weltmeistern Sebastian Vettel und Nico Rosberg zusammen. Nun coacht er junge Fahrer im Tourenwagen-Bereich und hatte mit Rackl zu Beginn ein kurioses Problem zu beheben. „Er hatte Probleme, das Auto einzuschätzen – vor allem vorne rechts. Das war auch für mich neu“, erzählt Kretzer. Diese Komplikation bekamen sie in den Griff, es gibt allerdings noch weitere Stellschrauben, an denen sie drehen wollen. Der Ingenieur ist zuversichtlich: Rackl sei motiviert, lernwillig und ist ein „super positiver Mensch“.

 

„Sweet Caroline“ während Autogrammstunde



110000 Motorsport-Enthusiasten besuchten am vergangenen Wochenende den Norisring, wo im Rahmen der DTM (Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft) auch die Nachwuchsserie GT4 Germany um Rackl antrat. Und einige ließen es sich nicht nehmen – auch nicht durch den einsetzenden Regen – auf Unterschriften-Jagd zu gehen. Rackl, der Jüngste unter den GT4-Piloten, signiert fleißig Autogrammkarten, Caps und T-Shirts. Währenddessen singt er unter anderem zu „Sweet Caroline“ mit oder lässt ein „Hölle, Hölle, Hölle“ hören, als Wolfgang Petrys „Wahnsinn“ gespielt wird.

Doch am Rennwochenende in Nürnberg durchlebt Rackls Team ME-Motorsport ein Wechselbad der Gefühle. Die Euphorie nach den Trainingssessions ist nach dem missglückten Qualifying von Jochimsen verflogen. Das Duo geht von Startplatz 16 in das erste Rennen. Etwa eine halbe Stunde vor dem Start laufen die letzten Vorbereitungen, im Hintergrund läuft „Warriors of the world“, die Anspannung steigt. Auf dem Weg in die Box – Rackl steigt erst zur Rennhälfte ins Auto – kämpft er sich im Fahrerlager durch die Menschenmenge. „Alles im grünen Bereich“, sagt der Berchinger. Doch man merkt, dass er sich fokussieren will.

Mit einem starken Start und einer spektakulären Aufholjagd sorgte der 26-jährige Jochimsen für Glücksgefühle beim Team. Er schob sich bis auf Position sechs vor, die Rackl anschließend erfolgreich verteidigte. „Ich denke, das war das Maximum“, analysiert Jochimsen, nachdem sein Kollege die schwarz-weiß-karierte Flagge gesehen hat.

 

Viele Punkte durch Strafe verloren



Aber die Stimmung bei ME-Motorsport sollte rund eine Stunde später im Teamzelt erneut kippen. Für zwei Manöver während seiner Aufholjagd kassierte der Däne Zeitstrafen, die das Duo bis auf Rang zwölf zurückwarfen – auch der Pokal für Rackls zweiten Platz in der Junioren-Wertung war dahin. Dennoch bleibt die Erkenntnis: Rackl kann im vorderen Mittelfeld der ADAC GT4 Germany bestehen. Für seinen Teamchef, Markus Eichele, ist das nur die logische Konsequenz. Er mache große Fortschritte und nähere sich dem Niveau des erfahreneren Jochimsen.

 

Weiteres Jahr bei ME-Motorsport?



Am zweiten Renntag kämpften die BMW-Fahrer im Feld mit stumpfen Waffen. Nachdem die Balance of Performance, die eigentlich zur Chancengleichheit zwischen den unterschiedlichen Fahrzeugen beitragen soll, verändert worden war, fuhren die BMWs den Porsches hinterher. Rackl qualifizierte sich als 17., im Rennen erreichte das Duo noch Rang 13. 

Rackl nimmt dennoch Positives aus seinem Heimrennwochenende mit: „Wir gehen in die richtige Richtung. Gerade am Samstag haben wir gute Leistungen gezeigt“, sagt der jüngste Fahrer im Feld, der noch viel vor hat. Wenn es nach Teamchef Eichele geht, dann soll er auch die nächsten Schritte bei ME-Motorsport machen. „Ich hoffe, dass er auch nächstes Jahr bei uns fährt“, sagt der 43-Jährige. Dann hätte Rackl immerhin schon den Führerschein und dürfte begleitend fahren. Seine ersten Theoriestunden stehen unmittelbar bevor.

DK

 

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