Neumarkt
Josef Werner Bauer siegt in der Stichwahl

Landratswahl vor 50 Jahren: Rückendeckung des Ministerpräsidenten für Alfred Spitzner ohne Erfolg

19.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:07 Uhr

Vor der Stichwahl trat der Bayerische Ministerpräsident Alfons Goppel (links) in einem Aufruf im DONAUKURIER für Alfred Spitzner (rechts) ein und bezeichnete den Gegenkandidaten, das ehemalige CSU-Mitglied Josef Werner Bauer, als „Einzelgänger“. Fotos: Patzelt (Repros)

Neumarkt/Dietfurt – Am Sonntag, 11. Juni 1972, sind die Wahlberechtigten aufgerufen gewesen, den Landrat des neuen Landkreises Neumarkt zu bestimmen. Es stellten sich zur Wahl: Der ehemalige Kreischef von Neumarkt, Josef Werner Bauer (Christliche Wählergemeinschaft), der Ex-Landrat von Parsberg, Alfred Spitzner (CSU), und Hermann Holzammer (SPD).

Bereits knapp eine Stunde, nachdem die Wahllokale die ersten Ergebnisse auf den Tisch gelegt hatten, zeichnete sich ab, dass erst eine Stichwahl zwischen Werner Bauer (kleines Foto) und Alfred Spitzner darüber entscheiden würde, wer für die nächsten sechs Jahre den Großlandkreis regiert. Nach den amtlichen Auszählungen erreichte Bauer 46 Prozent der abgegebenen Stimmen, während Spitzner 40,6 Prozent auf sich vereinigte. Der 31-jährige SPD-Kandidat Hermann Holzammer erhielt rund zwölf Prozent.

Insgesamt stimmten 24125 Wähler für Bauer. In der Gemeinde Dietfurt erhielt der Kandidat von der CWG 596 Stimmen. Spitzner wählten insgesamt 20048 Bürger und Bürgerinnen. In Dietfurt lag der CSU-Kandidat allerdings klar vorne und brachte es auf 1690 Stimmen. Der für die SPD ins Rennen gegangene Hermann Holzammer konnte insgesamt 6326 Stimmen (von Dietfurt 337 Stimmen) auf sich vereinen. Die Wahlbeteiligung lag bei stolzen 80 Prozent.

Die Stichwahl sollte innerhalb einer 21-Tage-Frist stattfinden. „Ich hatte von vornherein mit einer Stichwahl gerechnet“, äußerte sich Bauer nach der Bekanntgabe der Ergebnisse.

Am Sonntag, 25. Juni 1972, war es dann so weit – die Stichwahlen sollten über den neuen Landkreischef entscheiden. Mit den Worten „Wähler, lasst euch nicht von Einzelgängern in eurer Grundüberzeugung beirren“, hatte im Vorfeld der Bayerische Ministerpräsident Alfons Goppel (CSU) eindeutig für Alfred Spitzner Partei ergriffen und so für reichlich Unruhe gesorgt. „Alfons Goppel greift Einzelgänger an, hat aber bewusst unterschlagen, dass Bauer über ein Jahrzehnt auch als CSU-Mitglied geehrt und geachtet worden ist. Außerdem hat er vergessen, dass die Landratsentscheidung ausschließlich der Wähler trifft“, konterten die Unterstützer des Kandidaten der Christlichen Wählergemeinschaft. Spitzner selbst äußerte sich über das ehemalige CSU-Mitglied Bauer: „Landrat Bauer hat der CSU den Rücken gekehrt, er hat damit die Verbindungen zu ihren Vertretern abgebrochen. Er hat sich damit selbst völlig isoliert.“

Trotzdem schaffte es Bauer auf den Stuhl des Kreisoberhaupts. „Der von der Christlichen Wählergemeinschaft aufgestellte Josef Werner Bauer ist bei der Stichwahl zum Landrat von Neumarkt in der Oberpfalz gewählt worden“, hieß auf der Titelseite unserer Zeitung vom Montag, 26. Juni 1972. Allerdings hatte im Gemeindebereich Dietfurt nicht Bauer, sondern erneut Spitzner klar die Nase vorn. Von den 2091 abgegebenen gültigen Stimmen konnte dieser 1477 auf sich vereinen, was 70,63 Prozent bedeutete. Bauer bekam 614 Stimmen. Im Einzelnen sahen die Ergebnisse in den neuen Wahllokalen der Großgemeinde wie folgt aus: Dietfurt I: Spitzner 329, Bauer 196; Dietfurt II: Spitzner 384, Bauer 183; Eutenhofen: Spitzner 117, Bauer 36; Mühlbach: Spitzner 105, Bauer 35; Ottmaring: Spitzner 58, Bauer fünf; Staadorf: Spitzner 88, Bauer 22; Töging: Spitzner 160, Bauer 89; Zell: Spitzner 83, Bauer 26. Die Wahlbeteiligung war wesentlich geringer, als bei der Kommunalwahl am 11. Juni – sie lag bei rund 60 Prozent. Spitzner wurde dann sechs Jahre später Bezirkstagspräsident der Oberpfalz.

Bereits zum 1. November wechselte Bauer zurück in die CSU und trat bei den Kommunalwahlen 1978 und 1984 wieder für diese Partei an. 1990 wurde durch die CSU erneut ein anderer Kandidat nominiert, Bauer gewann die Wahl jedoch wieder für die CWG. Kurz darauf wechselte er erneut zur CSU. Bauer war von 1958 bis 1996 Landrat des Landkreises Neumarkt und konnte sechs Kommunalwahlen für sich entscheiden. Mit einer Amtszeit von 38 Jahren war er einer der dienstältesten Landräte in Bayern.

pa