Fasching
Dietfurter China-Diplomaten machen sich in Büttenreden Gedanken zu aktuellen Problemen

02.02.2024 | Stand 04.02.2024, 13:30 Uhr |

Einmal im Jahr treffen sich die Dietfurter Männer zur Sitzung der China-Diplomaten. Fotos: Stephan

Die Nacht der Nächte haben die Dietfurter China-Diplomaten mit ihrem Vorsitzenden Christian Linz am Donnerstag gefeiert. Eine Woche vor dem Unsinnigen treffen sie sich nach altem Dietfurter Faschingsbrauch zur Diplomaten-Sitzung mit jeder Menge Büttenreden.

Das Gastzimmer war festlich geschmückt, die Bütt in Position gebracht. Empfangen wurden die elegant gekleideten Herren vom Zeremonienmeister Pin-Sel alias Andreas Werner. Der kredenzte einen Begrüßungstrunk und kontrollierte die Kleiderordnung, vorgeschrieben sind Zylinder, Schärpe und eine Blume im Knopfloch.

Unter tosendem Beifall zog der Diplomatenpräsident Ha-Nu-Se alias Alfred Haselbauer pünktlich um 19.30 Uhr in die voll besetzte „Katakombe“, wie der Saal des Wirtshauses genannt wird, ein. Begleitet wurde er von „Kulturattaché“ Karl-Heinz Bauer, dem Vorsitzenden Christian Linz, Zeremonienmeister Andreas Werner und Helmut Baumer als Stellvertreter zur besonderen Verwendung.

Mit Musik zog der Präsident durch alle Reihen, bis er die Bütt erreicht hatte, welche die Form des Chinesenbrunnens hat. Ha-Nu-Se lobte zunächst seine engeren Mitstreiter, die mit Leistung, Hingabe und Einsatzbereitschaft diesen diplomatischen Abend vorbereitet hätten. „Gott sei Dank müssen wir hier noch nicht gendern“, so der Präsident zu der Herrensitzung. Die diplomatische Sitzung fand heuer zum 61. Mal statt, was zugleich das 66-jährige Bestehen der Dietfurter Faschingsdiplomaten bedeutete. Mit der Chinesenhymne wurde die Sitzung eröffnet. Na-Nu-Se begrüßte vor allem Pater Rolf Fleiter vom Franziskanerkloster, Bürgermeister Bernd Mayr (FW) und den „über Internet zugeschalteten“ Kaiser DaKaRe (Karl Donauer), der bei seiner Kaiserin DieMucki (Regina Donauer) daheim bleiben durfte.

Der Diplomatenpräsident hatte Genesungswünsche für den kranken Wirt mitbracht und lobte die jungen Wirtsleute Laura und Daniel Schneeberger, die jetzt das Regiment führen. Einige kommunalpolitische Anspielungen hatte der Präsident auch auf Lager, so zum Shitstorm wegen des Chinesenfaschings mit den geänderten Taferln, zu den Versprechen bei der Kommunalwahl, zu Stromtrasse, Flutmulde und zum Dietfurter Wirtshaussterben.

Nach einer Stärkung aus der Wirtshausküche und den traditionellen Diplomatenliedern stiegt als erster Albert Schweiger in die Bütt. Hier wurde es erst einmal ernst. Schweiger meinte, es gebe viel zu feiern: 75 Jahre Grundgesetz, 75 Jahre Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Demokratie. „Wir dürfen alles sagen, aber das wollen einige abschaffen. Ich bin zum ersten Mal auf einer Demo gewesen, weil es ein Anliegen sein muss, für die Freiheit einzustehen“, so Schweiger. Er forderte in eindringlichen Worten die Jugend dazu auf, in die Zukunft zu schauen, denn „wer in der Demokratie einschläft, wacht in der Diktatur auf“. Zur künstlichen Intelligenz meinte Schweiger, sie könne Fortschritte bringen, aber auch zur künstlichen Inkompetenz führen.

Matthias Haselbauer meinte, dass sich zwar Windräder drehen sollten, „aber nicht in meinem Garten, PV-Anlagen nicht in meinem Heim, Stromtrassen ja, aber nicht bei uns“.

Martin Flierl ging einen Schritt zurück und fragte sich, was wohl sein Vater gesagt hätte angesichts der vielen schlechten Nachrichten. Heizungsgesetz, Energiewende, Bauernproteste: Er rief zu einer positiveren Sichtweise der Dinge auf. Rudi Rengnath erzählte in seiner humorvollen Art von den Einkaufsmöglichkeiten in der Innenstadt und was es da noch so alles gebe, „beim Schickedanz, beim Hobl und den sonstigen Geschäften, die nicht mehr vorhanden sind“. „Bei der Einweihung des neuen Edeka war ich natürlich auch dabei und habe versucht, an die Würstl und den Sekt zu kommen, den Bürgermeister und Stadtrat weggeputzt haben.“ Ein großes Lob hatte er für das Wasserwirtschaftsamt, das endlich die Bäume und Sträucher aus dem Laberbett geschnitten habe. Jetzt könnten die Fische über die Fischtreppe bis Breitenbrunn durchschwimmen.

Christian Linz hatte zu Beginn des Diplomatenabends Fragebögen zum neuen Wasserpreis ausgegeben. Jeder konnte seine Meinung dazu kundtun. Scheinbar war die Stoffsammlung nicht so ergiebig, so dass Linz doch auf eigene Erlebnisse mit dem städtischen Blitzer in der Griesstetter Straße ausweichen musste. Er hoffe, so an den Bürgermeister gewandt, ohne größere Unannehmlichkeiten hier davon zu kommen.

Zwischen den Wortbeiträgen wurden die alten Lieder immer wieder vom diplomatischen Männerchor gesungen. Alle Beiträge wurden mit großem Beifall der Diplomaten bedacht. Zwischen den Beiträgen ergriff der Präsident selbst nochmals das Wort, um verdiente Diplomaten zu Ehrendiplomaten zu ernennen. Für ihre langjährige Mitarbeit und die besonderen Verdienste für die humorvolle Diplomatenkultur und ständige Treue zur Tradition des Chinesen-Faschings wurden Anton Graf, Karl Mayerhöfer, Max Vogl, Franz Meister und Pater Rolf Fleiter zu Ehrendiplomaten ernannt.

Traditionell ging es Punkt 24 Uhr zum Chinesenbrunnen, um diesem die Ehre zu erweisen. Und die wirklich hartgesottenen Diplomaten schafften es in den frühen Morgenstunden noch in die Bäckerei und zum Metzger zu Weißwurst und Breze.

rfs


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