Berg im Gau
Zwar keine 7000 Hektar, aber...

Was Menschen, die es betrifft, zu Markus Söders Begeisterung für Sonnenstrom aus dem Moos sagen

17.12.2022 | Stand 17.09.2023, 8:13 Uhr

Sieht‘s bald überall im Donaumoos so aus wie hier bei Berg im Gau? Rund 200 Hektar groß ist der Solarpark Schornhof nach seiner Erweiterung. Theoretisch stünden noch weitere 6800 Hektar für diese Nutzungsform zur Verfügung. Foto: Haßfurter

Schrobenhausen – 7000 Hektar der Donaumoosfläche sind grundsätzlich für Photovoltaikanlagen geeignet: Diese Aussage von Ministerpräsident Markus Söder im Rahmen seiner jüngsten Erneuerbare-Energien-Offensive hat in der Region zwischen Schrobenhausen und Neuburg, zwischen Karlskron und Pöttmes für Aufsehen gesorgt. Wie ist diese Aussage einzuschätzen? Wir haben Menschen gefragt, die sich mit dem Thema auskennen.

Grundlage für Söders Aussage war offenbar eine Studie, die der Donaumoos-Zweckverband beim Landesamt für Umwelt (LfU) in Auftrag gegeben hat – um die fachlichen und rechtlichen Grundlagen für Photovoltaik im Donaumoos darzustellen, wie Michael Hafner, der Geschäftsführer des Zweckverbands, erklärt. Zu finden ist die Studie Namens „Umweltfachliche Grundlagen zur Errichtung von Photovoltaikanlagen auf Moorstandorten im Donaumoos“ auf der Homepage des Zweckverbands unter www.donaumoos-zweck verband.de/pv-analyse-lfu.

Auf die Frage, wie der Zweckverband Photovoltaik im Donaumoos sieht, antwortet Hafner betont neutral: „Generell sind wir offen.“ Er wolle diese Nutzung weder bewerben noch bekämpfen. Wenn jedoch Flächen als Solarpark genutzt werden sollen, wäre es schön, das mit Maßnahmen zum Erhalt des Moorbodens zu verknüpfen – „das ist ein Wunsch“, ordnet Hafner ein. Er verweist hier auf die Planungshoheit der Kommunen, denen sein Zweckverband „unterstützend“ zur Seite stehen könne. Die Photovoltaik biete einerseits Chancen für das Donaumoos – und es sei gut, dass die Staatsregierung die Offenheit habe, das zu unterstützen –, auf der anderen müsse man aber auch das Landschaftsbild und viele andere Faktoren beachten.

Wagner: Was passiert nach der Nutzung?

Einer, der große Pläne im Donaumoos hat, ist der Brunnener Bürgermeister Thomas Wagner (CSU). 70 Hektar Brunnener Gemeindefläche möchte die Ingolstädter Firma Anumar nutzen, um mit Solarstrom unter anderem Wasserstoff herzustellen, den Zugriff auf weitere 30 Hektar hat sich das Unternehmen GP Joule gesichert, um unter anderem ein Fernwärmeprojekt für Brunnen mit Strom von der Sonne zu realisieren. „Energie werden wir brauchen“, sagt Wagner, aber Photovoltaik alleine reiche da nicht.

Wichtig sei, die Grundstückseigentümer mitzunehmen und ihnen darzulegen, dass Solarmodule auf ihren Feldern die Zukunft des Donaumooses sein könnten. Allerdings dürfe man damit nicht Landwirten ihre Existenzgrundlage entziehen. Und eine wichtige Frage ist für Wagner noch gar nicht beantwortet: „Was passiert nach 30 Jahren mit diesen Flächen.“ 30 Jahre gelten als übliche Nutzungsdauer eines Solarparks.

Über sehr ansehnliche Gewerbesteuereinnahmen kann sich bereits Wagners Berg im Gauer Amtskollege Helmut Roßkopf (FW) freuen. Mit dem 200 Hektar großen Solarpark Schornhof hat er die größte Anlage Süddeutschlands in seinem Gemeindegebiet stehen – auf Moorboden. Und er könne sich da schon noch 50 oder 100 weitere Hektar vorstellen, ist seine persönliche Meinung. Für die Landwirtschaft seien diese Flächen nicht so gut geeignet.

Aber 7000 Hektar Photovoltaik im Donaumoos? „Warum nicht? Wenn das der oberste Ministerpräsident in Bayern so sagt, dann machen wir das“, sagt Roßkopf etwas spöttisch, stellt dann aber gleich klar, dass er Söders Idee schon gut findet, Sonnenstrom aus dem Donaumoos zu fördern. Allerdings müsse er dann auch den nächsten Schritt machen und die Verwaltung bis hinunter zur Landkreisebene auf diese Linie bringen, denn viel zu oft noch würden Vorhaben dort unnötig blockiert oder verzögert.

Wurde Söders Begeisterungin Berg im Gau geweckt?

Roßkopf hat den Ministerpräsidenten übrigens im April kennengelernt, beim offiziellen Spatenstich für die inzwischen fast abgeschlossene Schornhof-Erweiterung. Ob Markus Söder da seine Begeisterung für Solarparks entdeckt hat? „Ich weiß es nicht“, sagt Roßkopf: „Auf alle Fälle: Er war angetan.“

Wenn es um Sonnenstrom aus dem Donaumoos geht, ist Anumar derzeit der Spezialist schlechthin. Die Ingolstädter Firma betreibt den Schornhof, ein paar kleinere Anlagen in der Gemeinde Brunnen und will hier weitere 70 Hektar ausweisen, wofür das Genehmigungsverfahren schon läuft. Geschäftsführer Markus Brosch ist natürlich sofort dabei, wenn die Möglichkeit besteht, die rund 300 Megawatt Spitzenleistung, die Anumar mit den bestehenden und konkret geplanten Anlagen erzeugen könnte, noch auszubauen. „Ich weiß nicht, ob es 7000 Hektar sein müssen“, räumt Brosch allerdings schmunzelnd ein und verweist darauf: „Natürlich müssen die Gemeinden das auch wollen.“

Der Ministerpräsident und die Staatsregierung hätten inzwischen erkannt, dass die Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien nicht erreicht werden könnten. Nun müssten die politischen Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau geschaffen werden. Wichtig ist für Brosch, dass sich die Menschen mit ihren Solarparks identifizieren. In Berg im Gau sei das der Fall, und das habe sicherlich auch Markus Söder beim Spatenstich gesehen.

Auch die Gemeinde Karlshuld hat Großes vor im Donaumoos: Ein 50-Megawatt-Solarpark soll auf 60 Hektar Fläche entstehen, mit einem bis zu fünf Megawatt starken Wasserstoff-Elektrolyseur und mit Unterstützung der Stadtwerke Ingolstadt. Damit könne bereits das Mehrfache an Strom produziert werden, das Karlshuld brauche, sagt Bürgermeister Michael Lederer (FW). Es gebe in der Gemeinde schon noch weitere Flächen, die für Photovoltaik geeignet wären, doch der Gemeinderat habe entschieden, die geplante Anlage sei als erster Schritt genug. Man müsse auch abwarten, wie die Akzeptanz bei den Bürgern sei. Generell sieht Lederer Söders Vorstoß aber positiv: „Schön, dass wir da nicht eingeschränkt werden, dass der Handlungsspielraum in der eigenen Gemeinde gegeben ist.“

Energie und Essen: Die Landwirtschaft kann beides

Großflächige Photovoltaik im Donaumoos? Das müsse man differenziert sehen, sagt Ludwig Bayer, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands. Wichtig sei, dass bei solchen Projekten das Geld in der Region bleibt. Für Landwirte sei es sicherlich interessant, auch Energie zu erzeugen, wobei man die Biogasanlagen nicht vergessen dürfe, die im Gegensatz zu Sonnenstrom 100 Prozent lastfähig seien. Die könnten nicht nur mit extra angebautem Mais betrieben werden, sondern auch mit Gülle und Reststoffen aus der Lebensmittelerzeugung. Ausbaufähig seien auch noch Photovoltaikanlagen auf Dächern, meint Bayer.

Mit keinem Nahrungsmittel könne ein Landwirt oder eine Landwirtin derzeit so viel Gewinn erzielen wie mit der Stromerzeugung. Auf die Frage, ob er die Photovoltaik künftig verstärkt als Konkurrenz zur Landwirtschaft sehe, antwortet der BBV-Kreisobmann mit einem ganz klaren Ja. „Energie ist wichtig, darüber brauchen wir gar nicht zu reden“, sagt Ludwig Bayer: „Aber wir brauchen auch Essen. Die Landwirtschaft kann beides.“

SZ