Nach dem Weltmeistertitel gewann Strongman Christian Wohlfarth aus Neuburg nun auch den Titel des Europameisters. Dabei hatte der Chef des Schanzer Bull'n Strongman Teams zur EM eigentlich gar nicht antreten wollen. Doch er tat es und feierte seinen zweiten internationalen Titel innerhalb weniger Wochen.
Gleich auf Anhieb hatte Wohlfarth seine erste Teilnahmen an der WM der Strongmen in Fulda als Bester seiner Kategorie der über 40-jährigen Männer, die unter 105 Kilogramm schwer sind, beendet. Daraufhin war ein gewisser Druck da, auch bei der EM anzutreten. Der Neuburger lehnte zunächst ab. Er hätte in den nördlichsten Teil Hollands reisen müssen und das war ihm ein zu weiter Weg, mit Rücksicht auf seine Arbeitsstelle und nicht zuletzt auf seine Familie. Doch dann zog sich der Hauptsponsor zurück und statt in Holland wurde die Europameisterschaft erneut in Fulda ausgetragen. Der dortige Kraftsportverein (KSV) hatte am vergangenen Wochenende sowieso schon eine Veranstaltung und ließ dann eben zwei hochkarätige Wettbewerbe parallel starten.
Zum zweiten Mal nach Fulda
Erneut erreicht ein Anruf Wohlfarth: „Als Weltmeister musst du einfach mitmachen und Fulda kennst du ja schon.“ Der Neuburger sagte zu, aber nur unter der Bedingung, dass sein Spezl Christian Janke auch dabei sein würde. Beide hatten sich bei der WM kennengelernt und sofort einen Draht zueinander gefunden. Janke wurde damals Vize-Weltmeister. Das klappte und so entwickelte sich ein packendes Duell zweier Spitzenathleten: Wohlfarth und Janke machten die Sache unter sich aus. Wegen der doch recht kurzfristigen Termin- und Ortsänderung nahmen in Wohlfarths Kategorie nur drei Athleten teil; der Dritte im Bund, ein Ukrainer, beendete die ersten beiden Disziplinen als Dritter, verletzte sich bei der dritten und konnte zu den letzten beiden nicht mehr antreten.
Fünf Disziplinen waren zu meistern. „Vier davon waren fast identisch mit denen bei der WM“, berichtet Wohlfarth. „Nur die Gewichte waren geringfügig reduziert.“ Bei den Strongmen geht es darum, schwere Gewichte zu heben, zu tragen oder zu werfen. Der Neuburger hatte sich im Vorfeld durchaus etwas vorgenommen. Mindestens Zweiter wollte er als Weltmeister werden. Die Vorbereitungen waren allerdings weniger intensiv als für die WM.
Angetreten bei den „Masters“
Los ging es am vergangenen Samstag bei den „Masters“, wie Wohlfarths Kategorie genannt wird, mit Gewichtheben. In 90 Sekunden müssen eine 100-Kilogramm-Langhantel, ein 90 Kilogramm schwerer Block und eine 70 Kilo schwere Kurzhantel über den Kopf gestemmt werden. Die restliche Zeit widmet sich der Sportler einem „Baumstamm“, der so oft wie möglich gehoben werden muss. Der „Baumstamm“ wiegt 105 Kilogramm, also etwas mehr als Wohlfarth selbst. Dieser schaffte hier fünf Wiederholungen. Janke zog gleich und die Punkte wurden geteilt.
Das Kreuzheben fiel etwas weniger spektakulär aus als bei der Weltmeisterschaft. Dort musste gleich ein ganzes Auto nach oben gehoben werden. Jetzt musste eine Langhantel reichen. Das Teil wog 270 Kilogramm. Wohlfarth schaffte drei Wiederholungen, Janke zwei in jeweils einer Minute.
Laufen mit einem Joch auf den Schultern
Die dritte Disziplin nennt sich „Laufen“, hat aber mit Leichtathletik nur sehr wenig zu tun. Zunächst nahm Wohlfarth eine „Yoke“ auf seine Schultern. Der Begriff kommt von Joch und genauso wird das 340 Kilogramm schwere Gestell getragen – 15 Meter weit. Dann geht es im Laufschritt zurück, denn dort wartet das Frame, ein 260 Kilogramm schwerer Rahmen, der ebenfalls 15 Meter weit geschleppt werden will. Vorgegebene Zeit: 60 Sekunden. Der Weltmeister schaffte es in 32 Sekunden. Da konnte sein Spezl und Konkurrent nicht mithalten. „Ich war der einzige, der das geschafft hat“, bemerkt Wohlfarth nicht ohne Stolz.
Beim Sackhochwurf zog der Neuburger allerdings den Kürzeren. Die Säcke wogen 14, 16, 18 und 20 Kilogramm. Diese mussten über eine Höhe von 4.50 Meter geschleudert werden; der schwerste Sack sogar zweimal. „Da habe ich deutlich verloren; bei Janke lief es richtig gut“, schildert Wohlfarth diese Station.
Entscheidung fällt erst ganz zum Schluss
Nun kam es auf die letzte Disziplin an. Hätte Janke diese erfolgreich gemeistert, wäre der Titel sein gewesen. Bei Gleichstand der Punkte gewinnt der etwas leichtere Athlet, und das wäre Janke gewesen. Doch in gewisser Weise handelte es sich um die Paradeübung des Neuburgers: Eine Betonkugel mit Stahlkern auf die Schulter zu hieven. Die Athleten konnten zwischen Gewichten von 110 bis 130 Kilogramm wählen. Wohlfarth und Janke schauten sich an und entschieden: „Wir nehmen beide die leichtere. Machen wir es uns nicht unnötig schwer.“
Der Neuburger schaffte in der vorgegebenen Minute sieben Wiederholungen, Janke sechs. Damit war der Neuburger Europameister. „Für Janke tut es mir fast ein bisserl leid“, sagte Wohlfarth über seinen Freund und Konkurrenten. Aber Vizemeister ist ja auch nicht so schlecht.
Christian Wohlfarth aber genießt seine beiden Titel: „Jetzt kann ich sagen, das Jahr 2024 war das mit Abstand erfolgreichste.“ Jetzt ist erstmal Schluss mit Wettbewerben: „Heuer kommt nichts mehr“, versichert der Strongman.
DK
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