Neuburg
Vorfreude auf die Meidinger-Werke

Stadtrat nimmt Schenkung durch den Freistaat an – Eigenes Museum geplant – Finanzierung gesichert

22.06.2022 | Stand 22.09.2023, 21:59 Uhr

Einen „persönlichen Touch“ wünscht sich Oberbürgermeister Bernhard Gmehling für ein mögliches Meidinger-Museum. Der könnte durch diese Sitzgruppe erreicht werden, die derzeit noch im Nürnberger Anwesen von Josy Meidingers verstorbenem Neffen, Elmar Gernert, steht. Foto: Stadt Neuburg

Von Christian Tamm

Neuburg – Es ist erst eine Woche her: Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU) rief zum Pressetermin. Er verkündete, dass der Nachlass der Neuburger Scherenschnittkünstlerin Josy Meidinger der Stadt durch den Freistaat Bayern überlassen werde. Am Dienstagabend befasste sich nun der Stadtrat damit. In nicht-öffentlicher Sitzung hat das Gremium laut Gmehling „mit überwältigender Mehrheit“ die Annahme der Schenkung sowie die Suche nach einem „angemessenen“ Unterbringungsort beschlossen. Geplant ist ein eigenes Museum in der Stadt – auch wenn das noch einige Zeit dauern wird.

In das Stadtsäckel muss Neuburg für die Aufbewahrung und Präsentation von Meidingers Werke nicht greifen: Die Mittel dafür werden ebenfalls aus dem Nachlass kommen und laut OB Gmehling „nach unseren Berechnungen“ bis zu 30 Jahren ausreichen.

1400 Scherenschnitte,zweckgebundene Mittel

Schon früher hatte sich die Stadt um die Sammlung der berühmten Neuburger Tochter bemüht und daher mit Meidingers Neffen und Nachlassverwalter Elmar Gernert gesprochen. Vergebens. Im Dezember 2021 starb Gernert – er hatte den Freistaat als Alleinerben benannt. Der wiederum wird der Stadt Neuburg die Kunstsammlung überlassen. Diese Schenkung umfasst nicht nur circa 1400 Scherenschnitte sowie weitere Zeichnungen und Gemälde – in einem „sehr guten und geordneten Zustand“. Auch das verbliebene Vermögen wird nach der Abwicklung des Nachlasses durch den Freistaat Bayern an die Stadt gehen – ohne Schenkungssteuer, wie OB Gmehling den Stadtrat zufrieden unterrichtete.

„Das ist natürlich ein großes Glück. Durch die Mittel können wir dieses Geschenk angemessen behandeln, ohne eigene Mittel einzusetzen. Andernfalls könnten wir uns das wohl nicht leisten“, erklärte der Oberbürgermeister am Mittwochmorgen im Gespräch mit unserer Zeitung. Wie hoch das Barvermögen ausfalle, wolle er aber noch nicht öffentlich machen. „Die genaue Summe steht noch nicht endgültig fest. Es müssen Wertpapiere verkauft werden. Es muss ein Grundstück verkauft werden.“ Er könne aber öffentlich mitteilen: Die erwarteten Mittel liegen im siebenstelligen Bereich.

Diese Gelder sind zweckgebunden und für den Erhalt und die Präsentation der Meidinger-Werke vorgesehen. Dass es ein Museum geben soll, scheint festzustehen. „Da haben wir schon eine sehr konkrete Idee. Da noch nichts in trockenen Tüchern ist, möchte ich aber nicht ins Detail gehen“, meinte Gmehling – lässt sich aber doch entlocken, dass es eine Lösung in der Oberen Altstadt werden soll. Das Museum wird jedoch nicht im Dauerbetrieb öffnen, das wäre zu teuer. Geplant ist die Öffnung etwa zu besonderen Anlässen oder für Schüler- und Besuchergruppen.

„Es ist wirklich schön, dass Josy Meidinger wieder heim kommt“, so Gabriele Kaps, Kulturreferentin des Stadtrats, nahezu euphorisch. Für sie ergeben sich durch die Sammlung natürlich ganz neue Möglichkeiten. Seit der Berichterstattung durch die örtliche Presse werde sie bei jeder Gelegenheit von Neuburgerinnen und Neuburgern angesprochen. Die CSU-Politikerin bemühte den Begriff „Begeisterung“ und sagte, es sei gar vorstellbar, dass die Stadt etwa einen Kalender herausgibt. Müßig zu erwähnen, dass Rathauschef Gmehling die Vorfreude teilte. „Das ist eine ganz, ganz große und tolle Chance für Neuburg.“

Kritische Stimmen und viele Ideen

Und? Ist der ganze Stadtrat so euphorisch? „Nun, euphorisch würde ich nicht sagen. Es gab schon auch Bedenken“, berichtete der OB aus der nicht-öffentlichen Sitzung. Das hatte sich schon zuvor abgezeichnet, als Stadtrat Michael Wittmair (Linke) am Dienstagabend ans Rednerpult schritt. Er zählte allerlei Defizite und Unterfinanzierungen in der Stadt auf – etwa mäßig ausgestattete Schulen –, und kritisierte in diesem Zusammenhang die laufenden Kosten, die mit dem Geschenk verbunden seien. OB Gmehling konterte trocken: „Ich teile ihre Analyse nicht.“

Ob nun sachlich oder euphorisch – an Ideen, wie man das Erbe Josy Meidingers angemessen präsentieren kann, mangelt es dem Stadtrat nicht: Sonderführungen, der schon angesprochene Kalender oder temporäre Sonderausstellungen von Rathausfletz bis Schloss Grünau. Letzteres müsse jedoch noch mit den Wittelsbachern besprochen werden, so Gmehling. Es gebe viele Möglichkeiten und der Fantasie seien keine Grenzen gesetzt.

Neue Stellen werde die Stadt Neuburg jedoch nicht schaffen. „Unser Kulturamt um Frau Kühnl und ihre Kolleginnen und Kollegen ist sehr engagiert. Man wird die Sammlung nun zunächst sichten und katalogisieren.“ Sicher, so der Rathauschef weiter, werde man dazu aber auch die Hilfe externer Kunsthistoriker in Anspruch nehmen. Das könne ebenfalls aus der Schenkungsmasse bezahlt werden und sei darin bereits eingepreist.

DK