Neuburg
Verfahren gegen 20-Jährigen wegen 300 Gramm Hasch eingestellt

24.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:43 Uhr

Das Verfahren wegen Verkaufs von 300 Gramm Cannabis vor dem Schöffengericht Neuburg wurde eingestellt. Foto: Wagener

Von Maja Wagener

Neuburg – „Kann ich draußen noch ein, zwei Minuten mit meiner Mutter sprechen“, fragte der Angeklagte Richter Gerhard Ebner vor dem Schöffengericht in Neuburg. Der 20-Jährige sitzt derzeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Herrenwörth ein. Vor dem Neuburger Gericht stand der junge Mann aus Augsburg, weil er 300 Gramm Cannabis verkauft haben soll.

Zu dieser Tat machte der Angeklagte keine Angaben, zu den persönlichen Verhältnissen dagegen schon. Dass das jedoch nicht sein erstes Vergehen war, wurde angesichts der Haftstrafe klar, die der junge Mann derzeit wegen eines ähnlichen Delikts verbüßt. Nach Marihuana, das er erstmals mit 16 Jahren nahm, hatte der Jugendliche später täglich zehn Gramm und mehr Kokain konsumiert. Ein Verfahren wegen Besitz von Kinderpornografie war eingestellt worden. „Das kann nichts Gravierendes gewesen sein“, schlussfolgerte Ebner.

267 Tage hatte der Angeklagte bereits für den Verkauf von Betäubungsmitteln in Untersuchungshaft gesessen, bevor er nach einer Verurteilung zu drei Jahren Freiheitsstrafe in die erste Vollzugsanstalt kam, wie Ebner erklärte. Im August 2022 wechselte der 20-Jährige dann nach Neuburg. Dort werde er regelmäßig von seiner Mutter besucht, erfuhren die Schöffen. Die hatte ihren Sohn nach der Trennung vom Vater allein großgezogen. Doch zu beiden Eltern habe der Angeklagte regelmäßigen Kontakt, dazu einen eher kleinen Freundeskreis und einen besten Freund. Schmunzeln im Zuschauerraum zeigte, dass der wohl gerade vor Ort war.

In Herrenwörth eckte der Heranwachsende schon mehrfach an. Ebner, der den Angeklagten mit dessen Erlaubnis duzte, fragte: „Du weißt, wie du Salat schneidest?“ Als der 20-Jährige antwortete: „Ich weiß nicht, worauf Sie grade hinauswollen?“, wies der Richter ihn auf einen Konflikt mit seinem Chef hin. Es habe Pöbeleien gegeben, weil er den Salat nicht richtig geschnitten habe, so der 20-Jährige: „Das ist im Nachhinein geklärt worden. Ich habe ihm gesagt, dass mein Verhalten da unsportlich war.“

Auch ein Fall von Beamtenbeleidigung in der Haftanstalt war schnell geklärt. Für eine Auseinandersetzung mit einem Beamten, der gefordert hatte, dass der 20-jährige sein Fenster schließen solle, habe er fünf Tage Türsperre bekommen, berichtete der Augsburger. Seine Lehre wolle er fertigmachen, versicherte er. Begonnen hatte der Angeklagte die in einem Restaurant, fortgesetzt in der JVA. Im April sei die theoretische Prüfung in Ingolstadt, im Juli die praktische, erfuhr das Schöffengericht.

Dass er sich in Drogenberatung befindet und eine stationäre Therapie machen möchte, sich darum schon selbst beworben hat, erfuhren der Richter und die beiden Schöffen aus einer Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe. „Du hast aber weder Platz- noch Kostenzusage?“, fragte der Richter. „Das geht erst, sobald die rechtliche Situation geklärt ist“, antwortete der Angeklagte. Dabei war immer wieder von Paragraf 35 des Betäubungsmittelgesetzes die Rede, der regelt, dass Therapie für drogenabhängige Straftäter unter bestimmten Voraussetzungen anstelle einer Haftstrafe treten kann.

Weiter wurde der 20-Jährige als offen und reflektierend bezeichnet. Ihm sei bewusst, dass er seine Mutter sehr enttäuscht habe und könne sich nicht erklären, wie es so weit habe kommen können, führte das Schreiben weiter aus. Er habe das Know-how, um straffrei leben zu können, bedürfe aber Unterstützung, bescheinigte die Jugendgerichtshilfe dem Heranwachsenden. Von einem Neubeginn war die Rede.

„Mir wäre lieber gewesen, wir hätten das mit einer vollständigen Einlassung abschließen können“, stellte der Staatsanwalt nach einer kurzen Bedenkpause fest. Er werde den Antrag stellen, das Verfahren mit Blick auf die rechtskräftige Verurteilung durch das Amtsgericht Augsburg einzustellen, im Vertrauen darauf, dass der Angeklagte tatsächlich straffrei bleiben werde.

Das sei ein sehr großes Entgegenkommen, machte der Richter dem Angeklagten klar: „Die Schonfrist ist jetzt vorbei!“ Es sei sehr wichtig, dass der 20-Jährige seine Ausbildung beende und in Therapie gehe, betonte Richter Gerhard Ebner. Nachdem Polizisten dem 20-Jährigen Handschellen angelegt hatten, konnte er auf dem Flur noch kurz mit seiner Mutter sprechen. „Das sollte kein Problem sein“, hatte der Richter auf die Frage des jungen Mannes geantwortet.

DK