Altbaierischer Oxenweg
Transportroute zwischen Ungarn und Augsburg

17.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:12 Uhr

Auf dem Altbaierischen Oxenweg bei Schrobenhausen sind früher zigtausende Ochsen aus Ungarn unterwegs gewesen. Fotos: Landkreisgästeführer

Der Altbaierische Oxenweg ist ein alter Kultur-und Handelsweg, auf dem im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit jährlich Zehntausende von ungarischen Grauochsen durch Altbayern nach Augsburg getrieben wurden. Landkreisgästeführer Harald Müller (Foto) stellt diese Route im Rahmen unserer Serie vor.

Stellen Sie sich vor, Sie müssten 100 bis 200 Ochsen von der ungarischen Puszta nach Augsburg transportieren. Im 21. Jahrhundert doch kein unlösbares Problem: Es gibt Züge und Lkw, Schienen und gut ausgebaute Straßen, Navigationssysteme, eine relativ gut funktionierende Wettervorhersage, Telefone, Handys, Internet und vieles mehr. Doch vor 500 Jahren standen den Menschen all diese Errungenschaften noch nicht zur Verfügung.

Die Ochsenherden mussten damals von ortskundigen und kampferprobten Männern über verschiedene, immer wieder wechselnde Wege und Pfade quer durch Europa geführt werden: bei Regen und Sonne, bei vielen unvorhersehbaren Ereignissen, in Friedens- wie in Kriegszeiten, mehrere Wochen lang. Diese „Cowboys“ des Mittelalters und der Frühen Neuzeit hatten die Aufgabe, Mast- und Ruheplätze, Futter und Tränke zu organisieren, die Herde vor Räubern und wilden Tieren – wenn nötig, mit Waffengewalt – zu verteidigen und verschiedene Viehmärkte zu vorgegebenen Zeiten zu erreichen. Und dabei sollten möglichst keine Tiere unterwegs verloren gehen, krank werden oder gar von den Strapazen dahingerafft werden. Keine leichte Aufgabe. Und näher betrachtet sogar eine logistische Glanzleistung.

Ende des 16. Jahrhunderts sind von Augsburger Metzgern und Händlern jährlich rund 6000 bis 8000 ungarische Grauochsen importiert worden. Die Herden mit 50, 100 oder 150 Tieren folgten meist den gras- und wasserreichen Flussniederungen, auch im Paartal, und legten am Tag zwischen 20 und 25 Kilometer zurück. Von Wien bis Augsburg war eine Ochsenherde rund 25 bis 30 Tage unterwegs. Wahrlich eine Belastung für die Gebiete durch die jeweils getrieben wurde. Einer der Haupttriebwege führte durch das Schrobenhausener Land nach Aichach und Augsburg. Ein zweiter Triebweg, so zeigen Hinweise, zweigte in Schrobenhausen ab und führte über Pöttmes – das damals undurchdringbare Donaumoos umgehend – nach Neuburg, damals Residenzstadt und wohl auch „hungrig“ nach ungarischen Ochsenfleisch. So heißt es bezüglich der Fleischpreise in der Schlachthaus- und Freibankordnung des Neuburger Stadtmagistrats von 1535, bei der das ungarische Ochsenfleisch den höchsten Preis erzielte: „Item das best ungerisch Ochsenflaisch das Pfundt umb 8 und 8 ½ denarius“, also Pfennig. In unserem Landkreis gibt es also nicht nur einen Oxenweg mit dem Ziel Augsburg, sondern mit Neuburg als Residenzstadt ein zweites Ziel des Ochsentriebs.

Schrobenhausen gehörte in der Zeit der Ochsentriebe zum Herzogtum Bayern, Neuburg dagegen war Residenz des eigenständigen Herzogtums Pfalz-Neuburg. An der Grenze mussten Zölle entrichtet werden. Ein Schrobenhausener Ratsprotokoll aus dem Jahre 1747 beweist, dass auch noch Mitte des 18. Jahrhunderts ungarische Ochsen durch Schrobenhausen getrieben wurden. Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Graurinder durch neue heimisch gezüchtete Rassen immer mehr verdrängt und die Ochsenwanderungen blieben aus.

Im Schrobenhausener Land wurde im Jahr 2012 im Rahmen eines von der EU geförderten Leader-Projekts eine Wegstrecke von Hohenwart bis Hörzhausen ausgeschildert. Inzwischen kann man den Oxenweg bis Augsburg zurücklegen. Da sich der Verlauf der wichtigsten Handelsstraße im Schrobenhausener Land, der Straße von Augsburg nach Regensburg, seit Mitte des 18. Jahrhunderts grundlegend verändert hat beziehungsweise die Strecke heute von der viel befahrenen B300 belegt wird, wurde der Oxenweg im naturnahen Paartal ausgeschildert, in einer der letzten naturnahen Flusslandschaften Bayerns.

Dieser Paartalwanderweg begleitet die mittlere Paar von Hohenwart bis Hörzhausen und ist rund 18 Kilometer lang. Die Wanderung ist ohne große Steigungen, verläuft überwiegend auf asphaltierten und befestigten Straßen oder Wegen. Ein kleiner Teil führt über naturbelassene Wege. An der Paar verläuft zudem der Paartalradweg, teilweise auf der Strecke des Paartal-Wanderweges, teilweise auf einer anderen Route. Er ist mit den üblichen Radwegweisern ausgeschildert. Wer mehr über den Altbaierischen oder den Europäischen Oxenweg erfahren will, kann sich auf der Internetseite www.oxenweg.net informieren. Führungen mit dem Rad oder zu Fuß können auf dem Altbaierischen Oxenweg angeboten werden für Gruppen ab zehn Personen. Anmeldung und Information sind bei der Tourist-Information Neuburg unter Telefon (08431) 908330 möglich.

DK