Der vorletzte Schießtag dieser Saison für die 2. Bundesliga ist angebrochen. Eichenlaub Unterstall, seit Jahren eine feste Größe der Liga, genießt Heimrecht. Die 1. Mannschaft der Eichenlaub-Schützen ist an diesem Sonntag zweimal gefordert: ab 11 Uhr gegen Dynamit Fürth II und ab 17 Uhr gegen SV Petersaurach II. Petersaurach ist recht stark; Fürth dagegen scheint der leichtere Gegner zu sein. Zumindest ein Sieg wäre wichtig, denn damit wäre der Klassenerhalt nach Lage der Dinge geschafft. Sogar der Aufstieg läge im Bereich des Möglichen. Eichenlaub belegt den 4. Platz von insgesamt zwölf Mannschaften.
Handstellung geändert
Laura Ammler trifft ein. Sie ist eine der besten Schützinnen bei Unterstall. Heute allerdings wird sie an Nummer drei antreten; jede Mannschaft besteht aus fünf Schützen. Sie hat ihre Handstellung gewechselt und daran muss sie sich erst gewöhnen.
Das ist eine Besonderheit dieses Schießsports: Die Reihenfolge kann von Wettkampftag zu Wettkampftag wechseln, ist aber keineswegs willkürlich. Der Schütze mit dem besten Durchschnittsergebnis der vergangenen Wettkampftage schießt an Nummer eins, der mit dem zweitbesten Durchschnittsergebnis an Nummer zwei und so weiter. Und hier sind eben Änderungen möglich. Nur innerhalb eines Wettkampftages darf die Reihenfolge nicht geändert werden.
Waffe darf maximal 5,5 Kilogramm wiegen
Laura Ammler bringt zunächst ihre Waffe zum Wiegen. Ihr Luftgewehr darf maximal 5,5 Kilogramm auf die Waage bringen. Nach unten sind keine Grenzen gesetzt. Doch die Schützen bevorzugen schwerere Gewehre. Sie sind leichter stabil zu halten. „Was schwerer ist, ist auch schwerer zu bewegen“, verdeutlicht Jürgen Breit, Sportleiter und Trainer bei Eichenlaub Unterstall. Er ist fürs Wiegen zuständig.
Vorsichtig packt Laura Ammler die Waffe aus. Mit einem Gewehr früherer Jahre hat diese „Walther monotec“ nicht mehr viel zu tun. Es ist ein Hightech-Produkt, mit zahlreichen Möglichkeiten der individuellen Anpassung. Mindestens 3500 Euro muss man dafür anlegen. Kein Wunder, dass die Schützinnen und Schützen ihr Gewehr behandeln wie ein rohes Ei. Jürgen Breit nickt; das Gewicht passt. Er reicht einen kleinen Aufkleber, der am Gewehrschaft befestigt wird.
Schießanzug für zusätzliche Stabilität
Laura Ammler sucht nun die Umkleidekabine auf und streift den Schießanzug über. Er ist aus starrem Material gefertigt und verleiht dem Träger zusätzliche Stabilität. Dann baut sie ihren Gewehrständer auf. Schießleiter Gerhard Zellinger kündigt an, dass nun das Einschießen beginnen könne. Innerhalb von 20 Minuten kann jeder Teilnehmer so viele Schüsse abgeben, wie er möchte. Als Wettkampfrichter fungiert Bezirkssportleiter Joachim Franke vom Schützenbezirk Oberbayern. Der Deutsche Schützenbund (DSB) stellt bei den Wettkämpfen der ersten und zweiten Bundesliga die Unparteiischen.
Elisa Hörmann hat das Mikrofon übernommen und stellt die Paarungen und die einzelnen Schützinnen und Schützen vor. Das Niveau auch in der zweiten Bundesliga ist außerordentlich hoch; hier werden Spitzenleistungen geboten. Viele der Frauen und Männer haben bereits an internationalen Wettbewerben teilgenommen.
Österreicher verstärkt die Mannschaft
Nummer eins der Eichenlaub-Schützen ist Joachim Kuen, ein Österreicher, der im österreichischen Bundesheer dient. Insgesamt drei Österreicher sind Mitglied in Unterstall. „Es darf aber immer nur ein Ausländer schießen“, erklärt Jürgen Breit. Laura Ammler und ihre Mannschaftskollegin Katharina Hörmann, die an der fünften Nummer antritt, sind dagegen „echte“ Unterstallerinnen. An zweiter Stelle schießt Dominik Bergmann und an vierter Marc Zellinger. Das Einschießen ist beendet. Laura Ammler ist nervös. „Ganz ohne geht’s nicht“, sagt sie mit leisem Lächeln. Doch jetzt muss sie sich konzentrieren. Der Schießsport ist eine Mischung aus technischem Können und mentaler Stärke. „Man darf sich nicht vom Gegner beeindrucken lassen“, erklärt Trainer Breit. Nun gilt es: Der Wettkampf hat begonnen. Die Schützinnen und Schützen müssen 40 Schuss abgeben in vier Serien zu je zehn Schuss. 50 Minuten haben sie dafür Zeit. Die ersten Kugeln landen im Ziel. Wer exakt die Mitte trifft, holt zehn Punkte.
400 Punkte sind möglich
Insgesamt sind also 400 Punkte möglich. Die Zehn misst lediglich einen halben Millimeter im Durchmesser. Die Distanz beträgt zehn Meter. Laura Ammlers Gegner Dmytro Petrenko schießt schnell. Sie selbst lässt sich mehr Zeit. Nach jedem Schuss stützt sie das Gewehr auf den Ständer und lädt nach. Dann visiert sie erneut an und drückt ab. Die Ergebnisse werden auf einen großen Bildschirm projeziert. Der Computer gibt nicht nur die aktuellen Zwischenstände an und wer beim wievielten Schuss ist, sondern auch eine Prognose, wer von jeder Paarung wahrscheinlich den Sieg davontragen wird.
Präzise in die Zehn
Die Aufmerksamkeit richtet sich auf Sandro Schrüfer, die Nummer eins von Dynamit. Er arbeitet mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks: Jeder Schuss geht in die Zehn. Die Chancen von Kuen schwinden. „Wenn Schrüfer die 400 Punkte holt, ist er der dritte Schütze, dem das während eines Wettkampfes auf unserer Anlage gelingt“, bemerkt Breit. Aber noch ist es nicht soweit.
Petrenko ist als erster Schütze fertig. 391 Punkte – nicht schlecht, aber auch nicht wirklich überzeugend für diese Klasse. Das weiß auch Laura Ammler. Sie kann ihn schlagen – wenn die Konzentration hält. Ihr kommt es entgegen, dass sie das Ergebnis des Gegners kennt. Das ist nicht bei jedem so: Andere werden unsicher bei dem Gedanken an eine bestimmte Punktzahl, die sie übertreffen müssen. Laura Ammler nimmt ihr Gewehr wieder auf.
Inzwischen sind Dominik Bergmann und Andrea Nieberle von Dynamit fertig. Dieser Punkt geht mit 394 zu 390 an die Gastgeber. Aber Fürth gleicht aus. Katharina Hörmann kommt auf 388 Punkte, während ihre Gegnerin Mirjam Lindner 390 vorweisen kann.
Ammler setzt sich durch
Laura Ammler schiebt die letzte Kugeln in den Lauf. Sitzt der Schuss, hat sie gewonnen. Und tatsächlich: Sie beendet die vierte Serie mit 99 Punkten und holt den Sieg – 2:1. Marc Zellinger macht schließlich die Sache für Unterstall klar: Er hat am Ende 395 Punkte; sein Gegner Kilian Fichtl 389. Kuen kann sich entspannen. Seine 395 Punkte werden gegen Schrüfer nicht reichen, aber der Gesamtsieg ist Eichenlaub nicht mehr zu nehmen. Nun legt Schrüfer zum letzten Mal das Gewehr an. Ist es Nervosität oder lässt die Konzentration nach? Der Fürther tritt nur die Neun. „399 Punkte, das ist Weltklasse“, sagt Breit trotzdem anerkennend. Die 400 werden an diesem Tag übrigens sogar noch zweimal geknackt: von der Schweizerin Barbara Schläpfer, die für Petersaurach antritt, und von Kiano Waibel aus Österreich, der für die FSG Titting schießt.
Petersaurach erwies sich übrigens als der erwartet schwere Gegner für Unterstall, der sich mit 3:2 durchsetzte. Den vierten Platz konnte Eichenlaub allerdings halten.
DK
• Die weiteren Ergebnisse: SV Petersaurach 2 - FSG Titting 4:1; Dynamit Fürth 2 - FSG Titting: 1:4.
LETZER WETTKAMPFTAG
Es gibt in der 2. Bundesliga noch einen Wettkampftag: am 12. Januar beim Verein Der Bund München. Die Gegner von Eichenlaub Unterstall sind dort die Sportschützen Niederlauterbach (Absteiger aus der 1. Bundesliga) und Der Bund München 2. Nach diesem letzten Wettkampftag werden die beiden Erstplatzierten Mannschaften 1 (keine 2. Mannschaften wie Petersaurach oder München) zu den Aufstiegswettkämpfen in die 1. Bundesliga Süd am 25. Januar nach Grossaitingen fahren.
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