Schrobenhausen
Reiselust trotz Preisfrust in der Region - Nur Arme haben keine Wahl

Bei Urlaub und Hobby lässt die Inflation viele kalt – Doch arme Menschen sind inzwischen am Verzweifeln

14.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:18 Uhr

Oldtimerfahren und Reisen: Zwei Bereiche, die trotz Inflation derzeit einen Boom erleben. Das freut Helmut Stauber mit seinem NSU Typ 110 und Alexandra Sauer vom Reisebüro Urlaubs(t)raum Foto: Fischer

Balkonien oder Balkan? Reicht’s nur für den Spessart oder geht’s auf die Seychellen? Kauft man einen Whisky, auch wenn die Flasche fünf Euro teurer geworden ist? Fährt man weniger Auto?



Die Preise ziehen an, manche Rohstoffe und Produkte werden knapp. Das geht an den Verbrauchern nicht spurlos vorüber. Einschränken wollen sich die meisten nach über zwei Jahren Pandemie aber nicht. Das hat eine Blitzumfrage der Schrobenhausener Zeitung ergeben. Arme Menschen hingegen haben keine Wahl.

„Die Leute sparen nicht am Urlaub, ich habe das Gefühl, sie sparen eher wo anders“, sagt Alexandra Sauer vom Reisebüro Urlaubs(t)raum in Steingriff. Ganz im Gegenteil sogar: „Es ist ein bisschen, als wären sie aus dem Gefängnis herausgelassen.“ Neben den Klassikern seien dementsprechend auch weiter entfernte Ziele wie Mauritius, die Seychellen, Sansibar und Kanada sehr gefragt.

Natürlich seien nach wie vor die Urlaubssuchenden dabei, die vom Budget her ganz klar eingeschränkt sind, doch es gebe wie immer gute und schlechte Angebote, erzählt Alexandra Sauer. Die Preise im Reisebereich seien also nicht pauschal gestiegen wie in anderen Branchen. Was sie allerdings beobachtet: Kurzfristig wegfahren sei teurer geworden, früher habe es noch mehr Schnäppchen gegeben. Für die viele Arbeit ist Alexandra Sauer nach dem Corona-Loch in der Reisebranche natürlich dankbar und nachdem sich anscheinend auch so manche Urlaubskassen in dieser Zeit prall gefüllt haben, genießen viele das Reisevergnügen gerade in vollen Zügen.

Kein Verzicht bei Wein und Whisky

Bislang noch keinen Verzicht üben die Menschen im Schrobenhausener Land auch beim Konsum von gutem Wein oder edlen Spirituosen, stellt Christian Gradwohl, Chef des gleichnamigen Weinhauses in Schrobenhausen fest. Der Mai sei von den Umsätzen her normal gewesen, sagt Gradwohl. Und auch die erste Juniwoche mache da noch keinen Unterschied. Aber Gradwohl ist, was die kommenden Wochen und Monate angeht, vorsichtig: „Warten wir mal ab.“ Was er bemerkt, sind starke Preisanstiege bei den Weinkellereien um bis zu 16 Prozent. Zum Teil könnten dort die Weine nicht mehr abgefüllt werden, weil Flaschen fehlten. Die Flaschenetiketten aus Papier würden teuerer und auch die Verschlüsse der Flaschen zögen preislich an, hört Gradwohl immer wieder in der Branche. Bei Whisky stellt Christian Gradwohl fest, dass es manche Sorten wie Lagavulin kaum noch gebe, und wenn sie dann in die Ladenregale zurückkehrten, wären sie deutlich teuerer als zuvor. Trotzdem würden solche edlen Getränke von den Interessenten eingekauft. Ganz privat bemerkt Gradwohl die Preisanstiege schon, vor allem beim Benzin: „Wir versuchen schon, weniger Privatfahrten mit dem Auto zu unternehmen.“

Vor allem die gestiegenen Strom- und Nebenkosten machen den Menschen zu schaffen, die in die in die Beratungsstelle der Caritas kommen, erzählt Stefanie Buchner-Joppich. „Die hohen Spritpreise sind vor allem für die Menschen eine große Belastung, die im Mindestlohnbereich arbeiten“, berichtet die Diplompädagogin. Da sei es eine große Entlastung, dass es das 9-Euro-Ticket gebe. Buchner-Joppich würde es begrüßen, wenn es ein günstiges ÖPNV-Ticket geben würde, „denn wenn das Geld knapp ist, fahren manche eben schwarz und riskieren damit eine Ordnungswidrigkeit“. In der Beratung gehe es oft darum, an welchen Stellen die Leute sparen könnten. „Da geht es dann um vermeidbare Ausgaben, aber auch um Dinge, die man haben sollte“, sagt Buchner-Joppich. Eine Haftpflichtversicherung etwa brauche man, eine Berufsunfähigkeitsversicherung könne man auch mal aussetzen.

Kein Geld für Grundnahrungsmittel

An Urlaub sei für diese Menschen eher nicht zu denken. Buchner-Joppich erzählt, dass auch der Lebensmittelschrank in der Beratungsstelle gut angenommen werde. „Darin finden sich Grundnahrungsmittel aber auch Kaffee oder Tee für den Fall, dass man sich selbst das gerade nicht leisten kann“, sagt die Leiterin des Fachbereichs Soziale Existenzsicherung.

Verändertes Tankverhalten bei Privatkunden

Beim Tankverhalten seiner Kundinnen und Kunden hat Lukas Zieglmeier, der die zwölf Tankstellen der Schrobenhausener Firma Zieglmeier betreut, bisher wenig Veränderungen festgestellt. „Firmenkunden können ihre Fahrzeuge schlecht einfach stehen lassen“, weiß er. Etwas anders schaue es bei den Privatkunden aus . „Ich kenne einige, die weniger fahren und auf die niedrigeren Preise warten“, so der Tankstellenprofi. Dass die Preise für Diesel und Super nach wie vor so hoch sind und die seitens der Politik versprochenen Verbilligungen zwei Wochen nach Inkrafttreten der Steuersenkung immer noch nicht da sind, ärgert Zieglmeier. „Die haben ihr Versprechen nicht gehalten.“ Auch in seinen Tankstellen würden sich Kundinnen und Kundinnen immer wieder über die hohen Preise beschweren. Nicht nur in der momentanen Ferienzeit. Auf Zieglmeiers Urlaubsplanung hat die Inflation übrigens keine Auswirkung. „Aber nicht deshalb, weil mir die hohen Kosten egal sind, sondern weil ich keine Zeit habe“, lacht der Tankstellenmann.

Oldtimerfans Geselligkeit wichtiger als Spritpreise

Denkt man an Autos mit hohem Spritverbrauch, fallen einem sofort alte Autos ein. Im Schrobenhausener Land gibt es viele Oldtimerliebhaber. Einer davon ist Uli Mahl aus Aresing, der auch Mitglied bei den dortigen Oldtimerfreunden ist. In seinem Fuhrpark befinden sich mehrere historische Modelle. Am auffälligsten dürfte wohl seine knallgrüne Citroën DS sein. „Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber für mich spielt der Benzinpreis keine so große Rolle“, sagt der Schrauber. „Bei unserem Hobby sind die Jahreslaufleistungen im Vergleich zu Alltagsautos sehr gering.“

Nach zwei Jahren mit erheblichen Einschränkungen wegen der Pandemie sei er einfach froh darüber, dass er zu Treffen fahren könne. „Die verbuchen oft Teilnehmerrekorde“, weiß der Oldtimerfreund. Versorgungsengpässe und Teuerungen gebe es zwar auch bei Ersatzteilen und Werkzeug. Hier könne die Szene aber oft auf Altbestände und Nachbauten aus europäischer Produktion zurückgreifen. Billige Nachbauten aus Fernost solle man laut Mahl vermeiden.

SZ