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Seelsorger aus Loch: Pfarrer Brummer geht nach Afrika

30.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:09 Uhr

Auch beim Interview in Waidhofen hat Pfarrer Peter Brummer diese Friedensbotschaft dabei, er trägt sie zumeist mit sich, und sie wird ihn wohl auch auf seiner Reise nach Afrika begleiten. Foto: Petry

Dieser Priester ist einer derer, die aus der Reihe fallen. Seine Gemeinde, Tutzing, in der er zuletzt 22 Jahre diente, hat ihn zum Ehrenbürger gemacht. Kaum ein anderer Seelsorger hat in der Flüchtlingskrise mehr Humanität praktiziert als er.



49 Geflüchtete bekamen bei ihm Kirchenasyl – das rief sogar die New York Times auf den Plan, die ihm eine eigene Story widmete. Pfarrer Peter Brummer aus dem Örtchen Loch bei Hohenwart – er ist in vielerlei Hinsicht besonders. Jetzt, mit 65, schlägt er ein neues Kapitel auf und geht nach Afrika.

Er redet schnell, er denkt noch schneller, er kann wie der Blitz Zitate abrufen, die untermauern, was er gerade loswerden will. In diesem Menschen steckt ganz viel Leben, extrem viel Wissen, nachhaltige Neugier, der Wunsch, zu verstehen und dann auch die Dinge zu tun, die nötig sind, damit die Welt wieder ein kleines bisschen besser wird.

Was daran liegen mag, dass er früh in die Situation kam, Verantwortung tragen zu müssen. Die Mutter starb, als er 15 war. An der Seite seiner drei Stunden älteren Zwillingsschwester Annemarie wurde auch er zum Kümmerer für die vier jüngeren Geschwister, auf dem heimische Bauernhof. Der Großvater, Simpert Brummer, war hier Bürgermeister, der Vater lange in der Kommunalpolitik. Den Geist, nicht wegzuschauen, sondern mitzugestalten sog er von dem Moment an auf, als er das Licht der Welt erblickte.

Folgerichtig engagierte sich der meinungsstarke Seelsorger auch in seinem Bistum, gestaltete bei so manchen Prozessen mit, unter anderem als Mitglied der Augsburger Diözesansynode, im Priesterrat und seit Jahren als Mitglied des Bau- und Finanzausschusses. Sein Wort hat Gewicht. Er hat sich über die Jahrzehnte einen Status erarbeitet. Und jetzt der harte Schnitt.

Im Juli wurde Peter Brummer 65, gerade packt er seine Siebensachen und zieht nach Afrika. Zunächst für einen Monat zu Exerzitien in Uganda, und dann in den Norden Kenias. Nahe am Lake Turkana an der Grenze zu Äthiopien wagt er in Verbindung mit der Partnerdiözese Marsabit etwas Neues. Die ersten Sätze Swahili kann er schon – alles andere kommt auf.

Pfarrer Brummer, warum gehen Sie nach Kenia?

Peter Brummer: Ich kenne Ostafrika seit 1979. Meine Vettern Xaver und Richard Tyroller, die aus Schrobenhausen stammen, waren dort schon 25 Jahre tätig, es gibt also verwandtschaftlichen Beziehung. Und wer einmal rote Erde sieht, kommt wieder, heißt es. Ich war vielfach in verschiedenen Ländern Afrikas, unter anderem ein halbes Jahr in meiner Studienzeit. Ich kenne die Gabbra-Nomaden aus dieser Zeit und habe sie sehr ins Herz geschlossen.

Was ist der Unterschied zwischen Missionsarbeit in Afrika und Seelsorge in Bayern in der Heimat?

Brummer: Missionsarbeit heißt heute Seelsorge und Menschensorge mit den konkreten Lebensumständen. Wir bewegen uns in einer großen Christengemeinde, Dukanna sie ist vielleicht halb so groß wie ganz Oberbayern. 145 Menschen wurden dort in diesem Jahr getauft, 200 sind es im nächsten Jahr. Es gibt schwierige Zeiten, auch die derzeitige, lang anhaltende Dürre.

Sie waren über 20 Jahre in Tutzing am Starnberger See. Mit welchen Erinnerungen lassen Sie diesen Ort hinter sich?
Brummer: 22 Jahre, die muss man erst mal zusammenbringen an einem Ort. Das war spannend. Intensiv. Ich denke daran mit großer Dankbarkeit, was konnten wir alles bewegen! Ich denke an hervorragende Mitarbeiter, wunderbare Ehrenamtliche. Wir konnten zum Beispiel verschiedene Häuser bauen, im Bereich der Tagespflege zusammen mit der ambulanten Krankenpflege. Und natürlich die Seelsorge, besonders auch die Klinikseelsorge! In so vielen Jahren lernte man viele Menschen kennen, begleitet sie eine ganze Weile in guten und schlechten Zeiten.

Wir treffen uns gerade in Waidhofen, in Ihrer kirchlichen Heimatgemeinde. Was verbinden Sie mit diesem Ort?

Brummer: (nickt) Waidhofen ist meine Heimatgemeinde und steht für meine Grundschulzeit. Hier war ich Ministrant, hier war ich aktiv. Ich wäre ohne Unterstützung meines Lehrers und des Ortspfarrers damals doch nie auf die Idee gekommen, das Abitur anzustreben. In Waidhofen sind meine Wurzeln, ich komme sehr gerne hierher und pflege die Kontakte hierher.

Für wie lange gehen sie nach Afrika?

Brummer: Zunächst habe ich vom Bischof die Freistellung für ein knappes Jahr. In Kenia arbeite ich an der Seite der Pfarrer Hubert Mössmer und Anton Mahl, ich bin sozusagen Kaplan. Alles weitere muss man sehen. Wie ich mit Englisch zurechtkomme, mit Swahili, das ist schon eine Herausforderung, aber auch eine Chance, den eigenen Weg zu bedenken. Gott wird es zeigen, und hoffentlich auch die Menschen vor Ort, die mir dann sagen, ob es passt oder nicht.

Das heißt, es gibt keine Pläne, wie es danach weitergeht?
Brummer: Nein. Ich muss sehen, was die Fügungen des Himmels sind.

Worauf freuen Sie sich am meisten?
Brummer: Überhaupt auf Afrika. Ich bin so lange in der Eine-Welt-Arbeit tätig, habe zweieinhalb Weltläden mitbegründet, das Thema Gerechtigkeit bewegt mich. Der Blick nach Afrika gehört wesentlich dazu, angefangen beim fair gehandelten Kaffee. Es ist mir wichtig, die Welt von der anderen Perspektive der südlichen Hemisphäre anzusehen, dazu gehört auch der Blick auf die Klimakatastrophe. Afrika, das ist pulsierendes Leben. Die Hälfte der Menschen in Kenia sind unter 15 Jahre alt. Und natürlich wird es spannend zu sehen sein, wie Menschen ihr Leben unter solch schwierigen Voraussetzungen bewältigen. Die Solidarität, die dazu nötig ist, die Lebenskraft, die Lebensenergie. Nicht ewiges Jammern, sondern Anpacken.

Bei uns verändert sich ja der Zugang zur Spiritualität, was kommt da in Afrika auf Sie zu?

Brummer:
Ich denke, es gibt dort eine große Offenheit für die Gegenwart Gottes. Man muss sehen, wie das Christentum im Dialog mit den Menschen in deren Kultur und Traditionen hineingewoben wird.

Was wird das mit Ihnen machen?
Brummer: (lächelt) Mit mir? Ich muss meine Rolle wechseln. Jetzt war ich Chef und Begleiter von vielen, vielen Menschen, einem großen Kindergarten, einer großen ambulanten Krankenpflege, von vielen Hauptamtlichen und Hunderten von Ehrenamtlichen. Das fällt ja jetzt weg. Dafür muss ich mich um vieles an Verwaltung nicht mehr kümmern. Was wird es mit mir machen? Geduld ist mir nicht immer zu eigen. Geduld, Schauen und Zuhören wird ein Thema sein. Ich freue mich auf den großartigen Sternenhimmel, auf den Brunnen in der Wüste und auf die Sonne. Und natürlich habe ich die Chance, auch meinen Glauben noch mal durchzubuchstabieren. Mit den Menschen zusammen. Was sind die Botschaften Jesu? Darauf freue ich mich tatsächlich besonders.

SZ