Portrait
Noppo Heine ist mehr als nur der Mann mit der Gitarre

Neuburger Multitalent hat schon einen Babywindelservice betrieben, schreibt Theaterstücke und gibt Musikunterricht

15.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:22 Uhr |

Zwischen Konzertgitarre und Flügel: Noppo Heine ist ein künstlerisches Multitalent, das Neuburg regelmäßig seinen Stempel aufdrückt. Foto: S Hofmann

Neuburg – Knapp zwei Monate sind es noch, bis sich in der Neuburger Altstadt bei Barock bis Rock wieder alles um die Gitarren dreht. Noppo Heine veranstaltet vom 27. bis 30. Juli bereits die zehnte Ausgabe dieser besonderen Konzertreihe. Dass der 57-Jährige zum kleinen Jubiläum ein richtiges Straßenfest hochziehen wird, war bei den Anfängen vor neun Jahren freilich nicht abzusehen. Und überhaupt war der Weg des gebürtigen Chiemgauers ein sehr gewundener, manchmal steiniger und in jedem Fall unkonventioneller.

„Wenn ich Berge sehe, dann krieg’ ich Herzklopfen“, sagt Heine, der einer dieser Menschen ist, die man nur wirklich unter ihrem Spitznamen kennt. Norbert Heine, wer ist denn das? Aber der Noppo, der hat seine Spuren in Neuburg hinterlassen.

Geboren in der Gemeinde Unterwössen (Kreis Traunstein), brach der jugendliche Noppo Heine das Gymnasium ab und lernte zunächst den Beruf des Industriemechanikers bei der Firma Löwe im fränkischen Kronach. Dort arbeitete sein Vater Kurt Heine als technischer Leiter.

Über die Bundeswehr kam er nach Neuburg

Über die Bundeswehr kam Noppo Heine schließlich nach Neuburg, 1987 begann er seine Karriere als Flugzeugmechaniker beim damaligen Jagdgeschwader 74 Neuburg. „Eigentlich wollte ich ja mal Pilot werden“, sagt er. Dass er nun seit gut 35 Jahren in der Ottheinrichstadt lebt, gleicht einem kleinen Wunder, kennt man seine ersten Gedanken zu Neuburg: „Ich wollte hier eigentlich so schnell wie möglich wieder weg“, sagt er heute und muss lachen.

Schon während seiner Bundeswehrzeit machte sich Heine Gedanken, was danach kommen könnte. Er hatte schließlich „eine Schnapsidee“, wie er selbst sagt. Die Selbstständigkeit hatte ihn schon lang gelockt und er wollte in einer Zeit, in der die Wertstoffhöfe im Landkreis aufkamen, etwas in Richtung Umweltschutz machen. 1992 eröffnete Heine schließlich seinen Baby-Windel-Service, kurz BaWiS. „Mit der Geschichte war ich meiner Zeit schon voraus“, sagt er stolz – nennt sich selbst im gleichen Zug aber auch blauäugig. Die Wendung vorweg genommen, lautet sein Fazit heute: „Ich habe so viel Geld verbrannt.“

Das verwundert zunächst, denn nach Heines Schilderung wurde der Dienst, der Stoffwindeln an Eltern verlieh und diese nach Benutzung reinigte und wieder in den Kreislauf gab, gut angenommen. Eine kleine Kette entstand sogar, heute würde man von einem Franchise sprechen. Zu Spitzenzeiten hatte Heine knapp 200 Kunden, die meisten davon in München, und wusch wöchentlich zwei Tonnen Stoffwindeln.

Der Plan, dass er sich mit diesem Betrieb ein Studium finanzieren kann, schien aufzugehen. Aber es kamen auch Zweifel auf, denn die Windeln zu transportieren passte eigentlich nicht ins Konzept. „Der ökologische Gedanke und dann aber viel Sprit auf der Straße lassen, das hat sich gebissen.“

Aus geschäftlicher Sicht verheerend waren dann einige Wochen Anfang 2004. Zuerst hatte Heine selbst einen Unfall beim Holzmachen im Wald und fiel einige Wochen komplett aus. „Ich hatte zwar einige Fahrer, aber das Administrative beim Windel-Service war nur ich“, sagt Heine. Doch der Laden lief irgendwie weiter.

An seinem ersten Arbeitstag nach der Genesung dann die nächste Hiobsbotschaft: Ein Fahrer baute einen Unfall, am Tag darauf fuhr ein anderer bei einem Kunden ins Garagentor. Auch wenn Heine heute sagt, der Windel-Service sei sein Lebenstraum gewesen und er habe viel dafür aufgegeben, meldete er letztlich Ende 2004 Insolvenz an. Schweren Herzens. Aber Noppo Heine ist ein Stehaufmännchen und die nächste Gelegenheit sollte alsbald kommen.

Mit fünf Jahren erhielt er Gitarrenunterricht

Das Neuburger Musikhaus suchte Anfang 2005 einen Gitarrenlehrer. „Klaus Wasilesku hat mich gefragt, ob ich freiberuflich Schüler von ihm übernehmen würde.“ Und das tat er letztlich auch. Wie man die Gitarre spielt, das hatte Noppo Heine nämlich ab seinem fünften Lebensjahr gelernt. Sein Instrument der Wahl ist dabei stets die klassische Konzertgitarre. „Auf der kann ich alles spielen, was ich auf der Westerngitarre und der E-Gitarre kann“, findet er. Parallel nahm Heine auch eine Stelle im Neuburger Stadtmuseum an, wo er letztlich fünf Jahre blieb.

Bekannt war der Mann aus den Bergen zu dieser Zeit in Neuburg längst – und das ganz weit abseits von Gitarrensaiten und Babywindeln. 1993 hatte er seinen Einstand als Hofnarr am Neuburger Schlossfest gegeben, wobei ihm sogleich die Aufgabe zuteil geworden war, die Tanzspiele neu zu konzipieren. Bereits damals bewies er seine Leidenschaft für das Theaterspiel, denn ein Hofnarr ist für ihn ein Schauspieler, niemals aber ein Clown.

Und 1996 kam der Einstieg ins politische Geschehen, als Heine zum ersten Mal für den Neuburger Stadtrat kandidierte. 2002, 2008 und 2014 stieg er jeweils wieder für die Freien Wähler in den Ring, zuletzt dann vor zwei Jahren für die von ihm mitbegründete Wähler-Initiative Neuburg/Donau (WIND). Den Einzug ins Gremium hat er dabei nie geschafft, was Heine einerseits bedauert, für ihn aber auch verschmerzbar ist, habe er doch immer von Listenplätzen weit hinten große Sprünge nach vorne machen können.

„Ich hätte dieses Ehrenamt jederzeit angenommen und so gut es geht ausgefüllt. Aber ich beneide keinen von den Jungs und Mädels, die da drin sitzen.“ Die vielen Vorschriften, die es heute bei jeden Entscheidungen zu beachten gelte, dazu der öffentliche Druck und nicht zuletzt die große Parteipolitik, die seiner Meinung nach auf kommunaler Ebene nichts verloren hat, stellen für Heine auch Hemmnisse dar. „Deswegen habe ich auch den allerhöchsten Respekt vor denen, die da drin sitzen.“

Verschiedene Projekte in den Schulen

Wenn schon nicht gewählt, dann eben auf der anderen Seite der Politik aktiv: Kultstatus erarbeitete sich Noppo Heine zusammen mit dem genauso wenig auf den Mund gefallenen Sepp Egerer bei den Starkbierfesten der heutigen Freien Wähler. Ab 1995 derbleckte das Duo Noppo&Sepp die lokale Politszene und war über Jahre hinweg gefragt wie gefürchtet gleichermaßen. „Wir waren oft an der Gürtellinie dran, aber nie drunter“, sagt Heine rückblickend.

Diese künstlerische Ausprägung in Richtung Theater nahm mit der Zeit immer mehr Raum in Heines Schaffen ein. Zusammen mit Egerer startete er das Muse-Projekt an den Neuburger Grundschulen, gab Theaterworkshops und bildete sich von 2008 bis 2014 zum Theaterpädagogen weiter. Für sein Stück „Verschieden sind wir nicht“ erhielt Heine 2010 den Integrationspreis der Deutschen Islamkonferenz, 2015 schrieb er zur Landesausstellung „Napoleon in Bayern“ in Ingolstadt das Stück „Europa – Matt in fünf Zügen“, das bis heute sein ganzer Stolz ist.

Theaterpädagogik ist für Heine mehr als nur reine Lehre, die Arbeit mit jungen Menschen fast eine Berufung. „Ich will immer auf Augenhöhe sein“, sagt er. Neben Workshops an Schulen wird er deshalb auch bald mehr Verantwortung in der Paul-Winter-Realschule übernehmen, wo er Betreiber des offenen Ganztagsangebots ist. Tritt er diese Aufgabe an, dann ist Noppo Heines Wochenplan sehr gut gefüllt, hat er doch jetzt schon 32 Gitarrenschüler in seinem TheArtrium, gibt Gesangs- und Klavierunterricht und ist mit dem Erstellen von Image-Filmen und TV-Formaten wie „Wer dablost’s?“ sowie einigen Projekten in Sachen Internet-Streamingdiensten und digitalem Ticketing unterwegs.

„Meine Vielseitigkeit ist auch mein Dilemma“, sagt er dazu, wohl wissend, dass das nächste Gitarrenfestival und der nächste Hausmusikabend kommen werden – und er es wieder nicht wird lassen können. Aber so sind Künstler, unruhige Geister.

DK

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