„Prayers To The Lord“: Was sich im Titel zum Konzert, das der Jugendkammerchor Ingolstadt am Samstagabend im Baringer Münster gab, bereits abzeichnete, wurde zu einem Fest geistlicher Vokalmusik, bei dem der Chor seine Zuhörer auf eine weite Reise durch das geistliche A-cappella-Repertoire mitnahm. Dieses erstreckte sich dabei von der Renaissance bis hinein in die Moderne.
Andachtsvoll und demütig vor dem berühmten Altarbild von Johann Wolfgang Baumgartner im Halbkreis aufgereiht, entfachte der Chor aufgrund seiner akribischen Vorbereitung und seiner ausgefeilten Intonation eine kleine Wunderwelt von Harmonien mit leuchtenden, schwebenden und den Kirchenraum durchflutenden Klängen. Besonders beeindruckend deshalb die Vertonung des 42. Psalms „Wie der Hirsch schreit nach Wasser“ von Hugo Distler (1908–1942) vor dem gekreuzigten Herrgott.
Konfrontation von Stilen und Epochen
Aus der Konfrontation von Stilen und Epochen ergab sich eine musikalisch spannungsreiche Gegenüberstellung beim Ave Maria von Jakob Arcadelt (1500–1575) und Javier Busto (*1949). Seelenvoll und anrührend Rutters „God Be In My Head“. Zweimal kam der 2014 verstorbene norwegische Komponist Knut Nystedt bei „Peace I Leave With You“ und dem Gloria aus der Missa brevis im Programm vor. Nein, nicht von Mozart war das „Ave verum“, sondern von Camille Saint-Saëns (1835–1921), das der Chor wie zur eucharistischen Anbetung darbot. Mitreißend auch die Gospels „Daniel, Servant Of The Lord“ (mit einfühlsamen Solo-Einlagen) sowie „Soon Ah Will Be Done“ von William L. Dawson (1899– 1990).
Ein rundes und doch fein gezeichnetes Klangbild zeichnet den Chor aus, niemals aufdringlich, geschweige denn anbiedernd. Geschmeidige Klänge, schwierige Intervalle, Akkorde, Rhythmen, an denen andere Laienchöre scheitern würden, bewältigt der professionell geschulte Chor scheinbar mühelos.
Volkslied „Seidamadei“ als Krönung des Konzerts
Krönung des Konzerts war das aus Skandinavien stammende Volkslied „Seidamadei“, bei dem Eva Maria Atzerodt dem Chor dann völlige Freiheit ließ und ihm wohlgeformte Klänge, mit Charme und fein ausbalancierter, treffend nuancierter Artikulation entlockte, sodass das Stück mit Leichtfüßigkeit das Konzert abrundete. Wie hätte das Konzert, bei dem das Münster in zartes Licht getaucht war, besser enden können als mit Rheinbergers Abendlied: „Bleib bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget.“
DK
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