Langenmosen
Mehr als nur ein flaches Stück Stahl

Das Langenmosener Unternehmen Wachinger Metall steigt auf CO<VersatzTief>2</VersatzTief>-armen Stahl um

07.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:36 Uhr

Die allererste Anlieferung des neuen und CO2-armen Stahls für die eigene Produktion, was immerhin ein Drittel aller Zukaufteile ausmacht. Fotos: Floerecke

Von Thomas Floerecke

Langenmosen – Manchmal kommt die Zukunft mit dem Gabelstapler. Zumindest beim stahlverarbeitenden Unternehmen Wachinger in Langenmosen vor den Toren Schrobenhausens. Für den familiengeführten Mittelständler nämlich ist heute wahrlich kein unbedeutender Tag, wenngleich es zunächst mal nur um zehn schmale, aufeinander gestapelte Stahlplatten im Format von einem auf eineinviertel Metern geht. Es geht um viel mehr, um die im Inland hergestellten und erstmals zugekauften Halbfabrikate, die bis zu drei Viertel klimaneutral sind.

Die erste Lieferung wird kein Einzelfall bleiben

Weil das so ist, erzählt Gesellschafter-Geschäftsführer Alexander Wachinger, werde diese erste Lieferung beileibe kein Einzelfall bleiben. Der als grün bezeichnete Stahl, der mengenmäßig immerhin ein Drittel aller Zukaufteile bei Wachinger Metall ausmacht, ersetzt von heute an ihren kompletten, bisher eingesetzten Stahl. Im Produktionsprozess werden die deutlich klimafreundlicheren Tafeln zunächst in verschiedene Größen und Formate via Laserschneidverfahren geschnitten und zu Baugruppen und Komponenten weiterverarbeitet. Am Ende finden sie sich in individuell oder seriengefertigten Produkten der Wachingers, die da vor allen Dingen Sicherheitszellen für gepanzerte Fahrzeuge aus Panzerstahl und Anlagen aus Edelstahl für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie sind.

Betriebliches Umweltmanagement wird im Unternehmen seit langem großgeschrieben. Anfang dieses Jahres hatte es sich dazu entschlossen, mit dem grünen Stahl einen weiteren Schritt in Richtung klimaarmes Wirtschaften zu gehen. Denn der Langenmosener Metallverarbeiter ist gerade an einem Punkt angelangt, „sich vom technisch anspruchsvollen Handwerksbetrieb zum technisierten Industrieunternehmen zu entwickeln“, wie es Alexander Wachinger formuliert. Zuletzt haben sie in zwei Roboterschweißanlagen und damit in Robotertechnik im größeren Umfang investiert, um „auch zukünftig gut aufgestellt zu sein und nachhaltig und werteorientiert mit unseren qualifizierten Mitarbeitern wirtschaften und unsere Produkte in höchster Qualität produzieren zu können“. Diese Ausrichtung merkt man unter anderem daran, dass die gesamten Produktionshallen mit LED-Lichtbandsystemen ausgestattet sind, eigener grüner Strom aus den Photovoltaikanlagen auf den Hallendächern in der Produktion verwendet wird und energieintensive Fertigungsmittel durch moderne Anlagen ersetzt worden sind.

Warum dieses in Deutschland hergestellte Stahlprodukt besonders klimafreundlich ist, liegt am Einsatz eines Elektrolichtbogenofens mit hundert Prozent eingeschmolzenem Stahlschrott anstatt des klassischen Hochofens. Dadurch lasse sich der CO2-Fußabdruck um drei Viertel einsparen und entsprechend CO2-arm produzieren, erklärt Rainer Weber von der Salzgitter-Gruppe, woher das Erzeugnis kommt. Denn anstatt der Verwendung von Kohle im konventionellen Hochofenprozess, werde hier Wasserstoff aus erneuerbaren Energien zugeführt, nach und nach sollen auf diese Weise die CO2-Emissionen um über 95 Prozent gesenkt werden.

Individuelle Schweißtechnik und Stahlherstellung

Das gewachsene Familienunternehmen Wachinger Metall ist jedenfalls von diesem Umschwung bei der Stahlherstellung überzeugt. Mit ihrer Kernkompetenz in der individuellen Schweißtechnik und Stahlverarbeitung leitet zwischenzeitlich Sohn Alexander mit 50 Mitarbeitern in zweiter Generation die Firma. Der Maschinenbauingenieur sieht in diesem beschlossenen und langfristig angelegten Produktwechsel keine wirklichen Nachteile, trotz der höheren Anschaffungskosten: „Die Qualitätsstandards des Herstellers sind ausgesprochen hoch und passen gut zu unserer Unternehmensphilosophie“, sagt der 32-Jährige. Der Wechsel sei aber nicht nur ein Umweltthema, sondern habe aus seiner Sicht auch einen moralischen Aspekt: „Für uns ist es schon wichtig, auf möglichst wenig umweltbelastende und nicht mehr großartig auf fossile Energieträger wie Öl und Gas basierten Zukaufteilen in unserer eigenen Produktion angewiesen zu sein.“ Und meint damit nicht nur die Produktherstellung von der ersten Wertschöpfungsstufe bis zum Endprodukt, sondern spielt auch auf den für Deutschland wichtigen Lieferanten Russland an. Einen ersten eigenen Schritt in Richtung Unabhängigkeit hat das Langenmosener Unternehmen jedenfalls nun getan. Weitere sollen folgen, denn Alexander Wachinger ist der festen Überzeugung, dass „wir mit dieser für uns großen und innovativen Maßnahme auch langfristigen wirtschaftlichen Erfolg haben werden“.

SZ