„Flamingos for Handicap“
Mehr Akzeptanz für Menschen mit Behinderung: Kochen für den guten Zweck

06.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:58 Uhr

Drei Fässer mit 75 Liter: Da passt einiges rein. Tochter Alex (von links), Daniela Kreitmaier und Stefan Zadrozny haben die Gulaschkanone, die der Bundeswehr gehörte, wieder auf Vordermann gebracht. Foto: Werner

In der Region rund um Neuburg sind Stefan Zadrozny und Daniela Kreitmaier längst keine Unbekannten mehr. Mit ihrer grünen Gulaschkanone fallen sie auf, sie sind inzwischen bei sämtlichen Veranstaltungen in der Region anzutreffen.



Bei ihnen gibt es unter anderem eine Suppe für einen Euro – der Reingewinn der Einnahmen wird gespendet. „Flamingos for Handicap“ nennt sich ihre gemeinnützige Organisation, ein bunter Vogel ziert das Logo.

Der Name soll aufmerksam machen



Ein Name, den sich die Familie gut überlegt hat, da er aufmerksam machen soll. Ende 2021 lebten in Deutschland rund 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen, laut Statistischem Bundesamt hatten davon 14 Prozent eine geistige Behinderung. Inklusion ist in aller Munde: Die Gesellschaft sollte Strukturen schaffen, die es jedem Menschen, eben auch denen mit Behinderung, ermöglichen, ein wertvoller Teil der Gesellschaft zu sein.

„Am Rande der Gesellschaft“



Die Realität sehe leider meist anders aus, sagt Daniela Kreitmaier. Sie und ihr Partner Stefan Zadrozny sind Eltern eines behinderten Kindes. Sohn Fabian ist acht Jahre alt, er ist Autist, hat ADHS und eine geistige Behinderung. „Hat man ein behindertes Kind, dann steht man schnell am Rande der Gesellschaft“, sagt Daniela Kreitmaier. Diese Erfahrung habe die Familie schon öfter gemacht, die Menschen hätten Berührungsängste. „Manche Menschen verstecken sogar ihre behinderten Kinder.“ Weil sie eben nicht der Norm entsprechen würden. „Da kann es eben auch mal laut werden, wenn gebrüllt oder geschrien wird“, ergänzt Zadrozny. Sohn Fabian sei auf dem Entwicklungsstand eines dreijährigen Kindes, auf den ersten Blick sehe man ihm das aber nicht an.

Kochen für und mit behinderten Menschen



Um es auch behinderten Menschen zu ermöglichen, am Leben teilzunehmen, hat die Familie im August vergangenen Jahres eine gemeinnützige Unternehmensgesellschaft gegründet. Sie wollen kochen für den guten Zweck. Kochen für behinderte Menschen, mit behinderten Menschen aber natürlich auch für alle anderen. Sie bieten Preise an, die sich jeder leisten könne. Ob Linsen- oder Erbseneintopf oder Paprikagulasch: Einen halben Liter davon gibt es bei ihnen für einen Euro. „Damit auch Leute was Warmes im Bauch haben, bei denen es am Ende des Monats knapp wird“, sagt Kreitmaier. „Vegetarisch, glutenfrei und ohne Geschmacksverstärker“, betont Zadrozny. Die Zutaten werden regional einkauft. Das größte Kompliment, das ihnen gemacht werden kann, sei: „Das schmeckt wie früher bei Mutter.“

Der Reingewinn des Erlöses werde dann gespendet. Vergangenes Jahr erhielt das Geld der Neuburger Förderverein „Freunde der Sophie-Scholl-Schule“. Dieses Jahr wird das Kinderhospiz St. Nikolaus im Allgäu mit den Spenden unterstützt, davon sollen Kuscheltiere und Spielzeuge für die Kinder gekauft werden.

„Es gibt uns auch etwas zurück“



Fabian helfe der Familie oft bei den Zubereitungen. „Manchmal schält er die Kartoffeln“, erzählt Tochter Alex. Das „Kochen für den guten Zweck“ mache der ganzen Familie „tierisch Spaß“, auch der Kontakt zu den Menschen sei immer wieder schön. „Es gibt uns auch etwas zurück.“

Für das Jahr 2023 stehen schon einige Termine für die Familie an. Jeden Donnerstag sind sie auf dem Schrobenhausener Wochenmarkt zu finden, im Sommer kochen sie im Rahmen eines Fußballturniers der Behinderteneinrichtung in Hohenwart. Zadrozny ist bereits mit der „offenen Hilfe“ in Neuburg im Gespräch. Der gelernte Koch will dann gemeinsam mit behinderten Menschen das Essen zubereiten.

„Jeder Mensch ist einzigartig – eben auch mit Handicap“



Immer wieder sprechen die Menschen die Familie auf den Namen an. „Warum Handicap?“ Dann erzählen sie ihre Geschichte und ihre Erfahrungen, von den Problemen, einen Pflegedienst für Fabian zu finden. „Wir wünschen uns mehr Akzeptanz und Toleranz für Menschen mit Behinderung“, sagt Tochter Alex. „Ich schäme mich nicht für mein Kind. Jeder Mensch ist einzigartig – eben auch mit Handicap“, ergänzt Zadrozny.

DK