Die Gräber der alten Familien
Kreisheimatpfleger Hans Hammer erzählt auf Friedhof viel Historisches und Anekdoten

12.11.2024 | Stand 12.11.2024, 11:46 Uhr |

Stimmungsvoll ist es auf dem Alten Friedhof, viele namhafte Schrobenhausener Bürger wurden hier bestattet, die Gräber sind mit teils prächtigen Grabsteinen und Figuren geschmückt. Foto: Budke

Denkmalgeschützt ist er seit dem Jahr 1991 und ein Kleinod zwischen Innenstadt und Bahnhofsviertel: Der Alte Friedhof von Schrobenhausen. Bestattet wird hier nur noch in Einzelfällen und auf Antrag. So ist das Gelände mit reichlich romantischem Charme neben Gedenkstätte vor allem historischer Erinnerungsort, an dem Stadtgeschichte greifbar wird. Im Rahmen des Kulturherbstes fand nun eine Führung mit Kreisheimatpfleger Hans Hammer statt.

„Für ihn ist der Alte Friedhof ein in Stein gemeißeltes Geschichtsbuch“, zitierte Stadtrat Christian Spreitzer den Kreisheimatpfleger. Er selbst „flaniere hier hin und wieder durch“. So freue es ihn, dass der Friedhof diese Aufmerksamkeit erhalte, rund 40 Personen waren am Sonntag in die Kapelle gekommen. Auch Hammer freute sich, zumal er eine persönliche Beziehung zu dem Ort hat: „Mir ist das in die Wiege gelegt“, er wuchs in unmittelbarer Nachbarschaft zum Friedhof auf, dieser war „ein großer Spielplatz“ für ihn. Einige Erinnerungen an Kindheitsstreiche hatte er dazu parat.

Rückblick in die Stadtgeschichte

Neben diesen persönlichen Anekdoten ist Hammer ein unerschöpflich scheinender Quell historischer Fakten. Er bot den Gästen in 90 Minuten eine Fülle an Informationen und hätte wohl locker weitere 90 Minuten berichten können. Zunächst blickte er in die Stadtgeschichte zurück bis zu den ersten Bestattungsstätten, die etwa in der Hagenau als „Römerhügel“ erhalten, aber leer sind. Um 888 habe es eine hölzerne Basilika in der Lachen gegeben. Von dort reiste Hammer weiter über den Bau der Stadtpfarrkirche St. Jakob samt Friedhof und Beinhaus bis in die Jahre 1625 bis 1628. Da war der Bau einer Kapelle auf dem heutigen Alten Friedhof geplant gewesen, „doch es kam ganz anders – wie das in Schrobenhausen üblich ist“, meinte er mit satirischer Andeutung.

Damals „wurden die Franziskaner nach Schrobenhausen geholt“, die brauchten Platz für ihr Kloster und bekamen das Gelände, wo heute der Alte Friedhof ist. 1644 wurde das Kloster gebaut, samt eigener Wasserleitung, um Bier brauen zu können. Das kam bei den zwölf Brauereien in der Innenstadt weniger gut an, so waren diese nicht traurig, als das Kloster im Zuge der Säkularisation aufgelöst wurde. Wo das Brauhaus des Klosters gestanden hatte, reservierten sich nun die Brauer ihre letzte Ruhestätte. Die erste nachgewiesene Beerdigung auf dem Alten Friedhof im Jahr 1805 war jene einer Brauerin.

Prunkvolle Klosterkirche wurde abgerissen

Damals wurde auch die barocke, prunkvolle Klosterkirche geschleift. Hammer gab Zeichnungen durch die Reihen, wie die Kirche ausgesehen hatte – ein imposantes Gebäude. Die heutige Friedhofskapelle entstand 1851/1852, Baumeister war Joseph Lenbach. Er habe sich nicht ganz an die Pläne gehalten, denn er baute einen rechteckigen Türstock, der geplante Rundbogen wurde erst zwei Jahre später außen ergänzt. Zur Einrichtung der Kapelle wusste Hammer ebenfalls viel zu berichten, wie etwa, dass der lateinische Spruch über dem Altarbild nicht zur Darstellung passt, „weil die Handwerker nicht ausreichend Latein konnten“. Oder dass die Engel, die neben dem Altar hängen, aus der ehemals neugotischen Stadtpfarrkirche stammen.

Bevor es auf den Friedhof ging, gab Hammer eine Vorschau, was draußen zu sehen ist – oder eben nicht: „Zwischen Kapelle und Leichenwärterhaus gab es ein wundervolles Leichenhaus“. Das wurde in den 1970er-Jahren abgerissen, wohl, weil sich die Stadt die Renovierung und entsprechende Kosten sparen wollte. Spannend ist auch die Geschichte über das Kreuz, das mehrfach für Aufruhr gesorgt habe, etwa als Holzbildhauer Carl Eberlein es so schnitzte, wie er wollte und nicht, wie die Denkmalbehörde empfohlen hatte. Heute ist das Kreuz auf dem Alten Friedhof ein Abdruck aus Epoxidharz, das historische steht wettergeschützt in der Aussegnungshalle auf dem neuen Friedhof.

Draußen führte Hammer die Gäste zum Lenbach-Grab, zu den 43 Epitaphen, die in die Friedhofsmauer eingelassen sind oder über den Hauptweg, der an den Gräbern „aller namhaften Schrobenhausener Familien“ vorbeiführt. Wunderschön sei es auf dem parkähnlichen Gelände, meinten viele der Besucher, die oft außergewöhnlichen Grabsteine mit kunstvollen Engelsfiguren wurden betrachtet, Inschriften gelesen. Bevor die Führung endete, hatte Hammer einen aktuellen Hinweis auf die etwas trostlos wirkende Grabstelle der englischen Schwestern: „Der Rektor der Maria-Ward-Realschule hat zugesagt, dass er sich im kommenden Jahr mit den Schülerinnen darum kümmern wird“.

SZ


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