Eine Welt voller Lügen
Kabarettist Thomas Schreckenberger nimmt auf der Kleinkunstbühne Rennertshofen kein Blatt vor den Mund

19.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:58 Uhr
Rainer Hamp

„Nur die Lüge zählt“: Weder die katholische Kirche noch Donald Trump oder der Otto Normalbürger kamen bei Thomas Schreckenbergers Auftritt in Rennertshofen ungeschoren davon. Foto: Hamp

Wie gelingt es einem Kabarettisten, Kirchen, Politik und Gesellschaft, wozu wir ja alle gehören, frontal anzugreifen und trotzdem am Ende begeistertes Klatschen auszulösen? Na, durch seine charmante Art und durch schauspielerisches Können. So geschehen mit Thomas Schreckenberger auf der Rennertshofener Kleinkunstbühne, die just im Mai ihr 20-jähriges Jubiläum feierte. Und wieder war der Raum mit rund 80 Besuchern prall gefüllt.

Das Programm heißt „Nur die Lüge zählt“



Schreckenberger ist nach 2009 und 2012 nun schon zum dritten Mal in Rennertshofen. Sein neuestes Programm lautet: „Nur die Lüge zählt“. Gelogen werde immer und überall, stellt er fest. Aber man müsse unterscheiden: Es gebe die Alltagslüge, die man zum Beispiel verwendet, um niemanden zu verletzen. So würden Sohn oder Tochter dennoch gelobt werden, auch wenn sie aus dem Kindergarten einen Klumpen undefinierbares Selbstgebasteltes mitbringen und meinen: „Schau, das bist du, Papi.“ Durch Internet und soziale Medien seien die Lügen geradezu explodiert. „Während die Wahrheit sich noch die Schuhe bindet, ist die Lüge bereits hundertmal um die Welt gereist“, meint er. Das sei nicht neu, aber es gehe inzwischen halt zigmal schneller.

Schreckenbergers Programm war auch sehr politisch. Auch in der Politik werde gelogen, und da sei dies schon gefährlicher. „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen“, tönte 1961 Walter Ulbricht; bildlich gesehen stand sie am nächsten Tag. Was allerdings eine erstaunliche Leistung gewesen sei, wenn man an heutige Berliner Großprojekte denke, etwa an den Bau des neuen Flughafens. Schreckenberger verwies außerdem auf Donald Trump, dem die „Washington Post“ mehr als tausend Lügen nachgewiesen habe. Trump gar gilt als der Erfinder „alternativer Fakten“, also von Wahrheiten, die anders aussehen als die Wahrheit.

„Auch Fake News sind gefährlich“



Gefährlich nannte Schreckenberger auch Internet und Smartphone. Denn nicht nur Fake News, also Lügen, seien gefährlich, sondern auch die Überschwemmung mit unnützen Informationen trage zur Verwirrung bei. Verschwörungstheoretiker tummeln sich darin, die etwa behaupten würden, dass wir von Echsenwesen regiert werden oder in einer Diktatur leben würden. Und überall seien rechte Gruppen dabei.

Und dann bekamen es die Kirchen ab, vor allem die katholische. Der Kabarettist drosch auf das „gehobene Management“ der Kirche, die Bischöfe, ein und deren Umgang mit dem Missbrauchsskandal. Hier werde munter vertuscht und gelogen.

Letztendlich bleiben viele Fragen offen, so Schreckenberger. So über die Wahrheiten von Putin und Schröder, die CSU, die Bild-Zeitung, die gelebten sogenannten europäischen Werte. „Warum laufen Lügenbarone wie Johnson und Trump frei herum, während man Whistleblower wie Edward Snowden, die die Wahrheit ans Licht bringen, verfolgt und einsperrt?“, fragt Schreckenberger. Seine traurige Antwort: „Die Wahrheit über die Wahrheit ist, dass sie keiner wissen will – darum lügen wir.“

Bereits vor dem Auftritt Schreckenbergers dankte der Initiator der Bühne, Dietmar Königsdörfer, den vielen fleißigen, ehrenamtlichen Helfern, die in den vergangenen 20 Jahren zum Erfolg der Bühne beigetragen haben, allen voran Günther Andraschko, der von Anfang an mit dabei ist. Seither seien 63 Kabarett-Veranstaltungen über die Bühne des Tennisheims gegangen, dabei traten so hochkarätige Leute wie Martina Schwarzmann, Lizzy Aumeier, Claus von Wagner, Nepo Fitz oder Martin Frank und andere auf. Und ein Ende ist nicht abzusehen.

DK