Schrobenhausen
Jörg Weber erhält Schrobenhausener Kunstpreis

Übergabe bei feierlicher Stunde im Lenbachsaal des Rathauses

22.12.2022 | Stand 17.09.2023, 7:00 Uhr

Die Kunstpreisträgerurkunde überreicht bekam Jörg Weber von Schrobenhausens Bürgermeister Harald Reisner, bevor es zum Eintrag ins Goldene Buch der Stadt ging. Fotos: Floerecke

Schrobenhausen – Am Ende des Abends, beim gemeinsamen Stehempfang, herrschte unter den Gästen gute Stimmung. Man erzählte sich von einstigen kulturellen Veranstaltungen, bisherigen Kunstpreisträgern oder verschiedenen Friedensdemos. Irgendwie war man immer wieder bei Jörg Weber angelangt, dem 51-jährigen Jazz-Saxofonisten und Multitalent, der Hauptperson am Mittwochabend im Schrobenhausener Rathaus. Zuvor fand im Lenbachsaal die Feierstunde für den diesjährigen Kunstpreisträger statt – mit Reden, Musik, Preisübergabe und Eintrag ins Goldene Buch.

Dass es eine feierliche Stunde geworden ist, dafür sorgten drei Redner. Einer davon war der Preisträger selbst. Schwarze Mütze, schwarze Hose, schwarzes Hemd, Sneakers. Ruhig, unaufgeregt und pointiert bedankte sich Jörg Weber, nutzte aber als frisch gekürter Kunstpreisträger die Gelegenheit öffentlich anzusprechen, dass aus seiner Sicht in der Vergangenheit „Kunst und Schrobenhausen nicht immer optimal funktioniert“ habe. Es gäbe daher manches zu verbessern. Als Beispiel griff er das Kunstangebot für Kinder, Jugendliche und junge Familien heraus. Kurzes Innehalten unter den 60 geladenen Gästen.

Ein anderer besonderer Moment war die Laudatio von Sig Fabig, einem Wegbegleiter Webers. Mit einem Brief in der Hand trat er ans Rednerpult: „Hier schreibt Flo, dein kleiner Bruder. Leider kann ich heute Abend nicht selbst anwesend sein. Die eigenhändig angefertigte Kunst kann es mir nicht ermöglichen, ich habe ein Konzert in Friedrichshafen.“ Doch durch die bedächtige, mitunter amüsante Vortragsweise Fabigs sollte der Moment der Enttäuschung nur kurz andauern. Minuten voller Spannung folgten.

Keine Bumm-Zacks, keine Pling-Plings

Da schreibt der Flo, dass ja der Jörg der wahre Musiker der Familie sei und er sich dafür entschuldigen müsse, dass er „in diesem Kunstverleihungsrennen einige Jahre voraus“ sei. „Aber meine einfach angefertigten Bumm-Zacks und Pling-Plings sind offenbar populärer als all der wunderbare Jazz, die vielschichtigen Kompositionen, die ideenreichen Produktionen und herzzerreißenden Arrangements.“ Dann betont Florian Weber noch so manch andere Besonderheit seines Bruders Jörg: dessen Zielstrebigkeit und äußerst regsamen Übungseifer am Saxofon bereits als Kind, über das 1981 zur Aufnahme an die Musikhochschule Bern stattgefundene und erfolgreiche Vorspiel unter der Fachjury, dessen Erzählungen vom Würzburger Konservatorium, an dem er später unter anderem von Saxofonisten und Ausnahmekünstlern wie Leszek Zadlo und Samuel Zingg unterrichtet wurde.

Für Flo Weber habe sein Bruder Jörg „den wunderbaren, vielschichtigen, ästhetischen und souveränen Blick auf alle Ebenen der Musik“. Er mache „Musik aller feinen Couleur als Transporteur für Glücksmomente“. Viele unterschiedliche Projekte haben beide gemeinsam angepackt. Anfang der 90er-Jahre gab es grungige und rockige Sachen mit den Subsonic Bi Pets oder den Bolzplatz Heroes oder zuletzt mit dem 2020er-Album des wieder aufgelegten Crossover-Projekts MS Flinte. Zwischendrin begann die Tätigkeit Jörg Webers als Dozent am Leopold-Mozart-Zentrum der Uni Augsburg für Arrangement und Komposition. Es folgten etliche Albumproduktionen etwa für Cosmic Casino, Instrument und Monophox. Grenzübergreifende Arrangements beim Augsburger Modular-Festival und die eigene Bigband am Downtown Music Institute in Augsburg, wo er Saxofon unterrichtet, gehören dazu.

Jörg Weber war und ist auch der „gern gebuchte Bühnenmusiker“ von The Notwist, Wir sind Helden oder den Sportfreunden Stiller. Für manche Sportis-Songs arrangierte er die Streicher- und Bläserparts, war 2009 live bei „MTV Unplugged“ und später beim Konzert in der Münchner Olympiahalle auf der Bühne. Und unter anderem habe er, bei der „auffallend extravaganten Umsetzung“ von „Ich war noch niemals in New York“, wie es Drummer Flo Weber schreibt, von Udo Jürgens persönlich ausgiebiges Lob erhalten. Und dann war da noch dieser treffende Befund: „Du bist eine musikalische Galionsfigur dieser Stadt.“

Kreativ, frei, voller Neugier und Inspiration

Schrobenhausens Bürgermeister Harald Reisner (FW) trat ans Rednerpult und ließ keine Zweifel aufkommen, mit Jörg Weber den richtigen Preisträger gefunden zu haben. Mitte März setzte ein Teil der örtlichen Kulturszene sowie viele Menschen auf dem Rathausplatz mit ihrer ersten, auf drei Tage verteilten Friedensdemo ein Zeichen für Frieden und gegen Gewalt. Ins Leben gerufen und mit anderen organisiert hatte sie Jörg Weber. Nun betonte Reisner, dass die Stadt mit Weber einen Preisträger küre, „der durch seine Musik und seinen unverwechselbaren Stil Schrobenhausen überregional und international bekannt gemacht hat“. Weber habe als Künstler „Herausragendes für unsere Stadt geleistet und den Kunstpreis mehr als verdient“ – weil er kreativ, frei und voller Neugier und Inspiration arbeite und dessen Glanz so auch auf Schrobenhausen zurückfalle.

Es waren aber auch die musikalischen Momente zwischendrin, die den Abend zu einer Feierstunde machten und den Lenbachsaal mit ihren sechs Stücken bildlich öffneten. Dafür verantwortlich war das Trio Paula Plays Pretty, zunächst noch zu zweit mit Sängerin Ursl Beyer und Gitarrist Peter Hillinger. Und freilich griff Jörg Weber auch selbst zum Saxofon.

SZ