Schrobenhausen
Große Namen großer Vergangenheit

Eine Serenade mit über 70 Zuhörern – der Vorspann zu den Barocktagen 2022

26.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:45 Uhr

Musik schafft auch Bilder: Auf der Freitreppe des Innenhofs des Regionalzentrums St. Jakob präsentierte sich das Ensemble Splendor Musicae. Darunter Intendant Jakob Rattinger (Zweiter v.l.). Foto: mbs

Von Franz-Josef Mayer

Schrobenhausen – Es sollte ein kleines Konzert sein, erst mal nur so vorab und als Auftakt vorweg. Das klingt wie nebenbei, aber dann wurde es ein Glanzpunkt, unbestritten, zum Auftakt in die Barocktage, die Intendant Jakob Rattinger nun schon zum 14. Mal in Schrobenhausen in Szene setzt.

Das Motto der Barocktage 2022 lautet auf „HochZeit“, und wenn man’s unterschiedlich ausspricht, erhält das Wort gleich eine mehrfache Bedeutung, von der lebensverbindenden Hochzeit eines Paares bis zum Sinn einer gehobenen Zeitspanne auch in anderen Lebensbereichen. Die Hauptphase der Barocktage spielt über 14 Tage im September, wie Jakob Rattinger in einer knappen Einführung darstellte, und da wird dann auch tatsächlich eine Hochzeit stattfinden. Ein glückliches Paar konnte die barocke Hochzeitsmusik mit einem hoch qualifizierten Ensemble gewinnen. Diese Aussicht animierte die Organisatoren der Barocktage, die Freunde der alten Musik, einen eigenen Hochzeitswein ins Spiel zu bringen, ein respektables Gewächs aus dem Weinland Österreich.

Vier Instrumente und drei Singstimmen

Unter dem Namen Splendor Musicae, Glanz der Musik, konnte Jakob Rattinger wieder ein Ensemble auf höchstem Niveau vorstellen, und die vier Instrumente und drei Singstimmen brachten Werke der Großen der barocken Musikwelt, von Georg Friedrich Händel, Antonio Vivaldi, Arcangelo Corelli, Claudio Monteverdi, Orlando di Lasso. Dazu ein paar weniger Bekannte aus dem deutschen Raum wie Adam Krieger und Andreas Hammerschmidt. Große Namen großer Vergangenheit.

Faszinierend aber war die Gegenwart, eine traumhafte Stunde lang, mit dem Auftakt Zefiro Torna von Monteverdi, in den sich gleich das ganze Ensemble glanzvoll einbringen konnte, Maria Carla Pino Cury, Sopran, die Altistin Johanna Krödel und der Tenor Richard Resch, begleitet von Penelope Spencer und Adelheid Wehner an der Barockgeige, von Thomas Boysen an Theorbe und Barockgitarre sowie von Jakob Rattinger mit der Gambe. Was im Text italienisch vorgetragen wurde, erreicht auch in deutscher Übersetzung die Seele: „Der Westwind kehrt zurück und bringt das schöne Wetter.“ Dazu an dieser Stelle, was meist nicht bewertet wird – diesmal eigens ein Wort dazu, zum elegant aufgemachten Programmheft, das eine hilfreiche Brücke herstellt zwischen der Musik und den Zuhörern. Die Texte geben Führung, wo ansonsten durch kurze Ansagen Erläuterungen nötig werden. Wer wollte, konnte die italienischen Texte in deutscher Übersetzung mitlesen. Aber wer wollte schon? Man musste hören!

Zu hören war Georg Friedrich Händels berühmte Arie „Lascia ch’io planga“, und was die Altistin so bezaubernd ausstrahlt, ist im Inhalt ganz schön traurig, Kummer und Schmerz werden besungen und erfreuen doch das Publikum. Mit Händel gab es noch weitere Stationen in der Programmfolge, seine Opern und Arien eröffneten vor allem den beiden Sängerinnen und dem Tenor die besten Möglichkeiten. Allein an ihnen lässt sich das hohe Niveau des Abends bestätigen. Die stimmliche Spannweite der Sängerinnen ist bestechend, und gerade auch Tenor Richard Resch konnte bei einem Solo sich in diesem Sinne ganz besonders zeigen. Und die Stimmen ziehen auch so sehr den Blick und die Ohren der Zuhörer auf sich, dass die Instrumente – ebenfalls höchstes Können – fast ein bisschen zu kurz, eben nur zu Begleitung geraten. Nur wenige Stücke des Abends waren den meisten Besuchern bekannt, viele unbekannte Schätze wurden wieder gehoben, ob von Corelli, Vivaldi oder Falconieri.

Ein Gesangsstück von Orlando di Lasso

Den Abschluss bildete ein Gesangsstück von Orlando di Lasso, der auf Grund seiner Biographie immer gleich an München denken lässt, wo er lange lebte; Jakob Rattinger wies darauf hin, dass Besuche des Komponisten auch in Scheyern nachzuweisen sind. Der Text, so kündet das Programmheft, sei aber gar zu frivol, eine Übersetzung ins Deutsche nicht ratsam.

Mit „Der rheinische Wein“ und „Die Kunst des Küssens“ zeigen zwei deutsche Barockkünstler ihre heiteren Seiten, und Eingängiges begeistert natürlich sofort: So bekam Thomas Boysen viel Zuspruch für sein Saitensolo, im Programm einfach als Instrumentalimprovisation ausgewiesen. Glücklicher Beifall der über 70 Zuhörer holte am Ende die sieben Musiker für zwei Zugaben zurück in die Szene.

Begonnen hatte die Serenade in einer Abendstimmung bei sommerlichem Licht, das dann stetig abnahm, und mit dem letzten Ton des Konzerts war auch der Tag vorbei. In dieser Atmosphäre trafen sich die Musiker und heiter-zufriedenes Publikum zwischen Jakobskirche und Hotel Grieser. Bei munterem Gespräch in der warmen Nacht probierte man Wasser, still und spritzig, und natürlich auch den Hochzeitswein.

SZ