Neuburg/Darwin
Geschwader zu Besuch bei Krokodilfängern

Außerhalb der Übung Pitch Black erleben die Soldatinnen und Soldaten einiges in Australien

25.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:22 Uhr

Abstecher: Max-Joseph Kronenbitter (oben, links) und andere Bundeswehrangehörige lernten während ihres Aufenthalts in Australien die Aufgaben der „Crocodile Dundees“ kennen. Fotos: Bundeswehr

Von Oberstleutnant Max-Joseph Kronenbitter

Neuburg/Darwin – In dem Powerboot, das auf einem Anhänger liegt, rumpelt etwas. Eine Soldatin lugt über den Bootsrand, schreckt zurück und stößt einen spitzen Schrei aus. Zwei über zwei Meter lange Krokodile liegen mit abgedeckten Augen und angehobenem Kopf im Boot. Das lange Maul ist glücklicherweise mehrmals mit Klebeband umwickelt. Kein Wunder: Das Taktische Luftwaffengeschwader 74 Neuburg ist mit „Crocodile Dundees“ in Australien unterwegs.

Das Northern Territory krokodilfrei machen

„Wir haben sie heute Vormittag aus einer unserer Fallen gezogen“, berichtet Jack Linsky, ein älterer Krokodiljäger mit dunkler Brille und fast ebenso dunkler, von der australischen Sonne gegerbter Haut. Sein Job ist, den Großraum Darwin, Hauptstadt des Northern Territory, krokodilfrei zu machen. Eine Aufgabe, die nie endet. Denn in jeder Wet-Season, in der sich dank monsunartigen Regens jeder Graben, jede Mulde und Senke mit Wasser füllt, wandern zahlreiche Krokodile aus größeren Flüssen, wie dem Adelaide River, oder dem Meer ins Landesinnere.

Ein paar Teilnehmer der Übung Pitch Black, an der das Neuburger Geschwader beteiligt ist, haben auf Vermittlung der australischen Gastgeber ein von der Regierung des Northern Territory finanziertes Krokodil-Management-Team besucht. Denn „You are in Croc Country”, zu deutsch: Du bist im Krokodil-Land, steht auf zahlreichen Hinweisschildern zu lesen. Und natürlich gibt es eindringliche Warnungen der Kontingentführung und der begleitenden Fliegerärztin. „Wenn Sie einen traumhaften See oder Strand sehen, aber keine Leute, die baden, dann hat das einen Grund“, warnte Oberst Gordon Schnitger, Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 zuvor.

Ein Job voller Gefahren

Dass das Krokodilfangen nicht ganz ungefährlich ist, sieht man Jack an: Teile seiner Hand und zwei Finger hat der Dundee vor Jahren dabei eingebüßt. Es ist eine heikle Aktion, dem im massiven Stahlkäfig gefangenen Krokodil eine Schlinge um das Maul zu legen, um dieses im Anschluss mit Klebeband zuzukleben. Denn der Druck von mehreren hundert Kilogramm, mit dem ein Krokodil Ober- und Unterkiefer aufeinanderpressen kann, gehört zu den höchsten im Tierreich.

Einen schmalen Schacht an der Oberseite der Käfige können die Jäger dafür öffnen. Erst dann ziehen die Krokodiljäger die Beute heraus und fixieren sogleich die hinteren Beine des Krokodils am Rumpf. Um Stress für das Tier zu vermeiden, werden die Augen abgedeckt.

Bis es soweit ist, haben Jack Linsky und sein fünfköpfiges Team aber viel zu tun. 17 Fallen stehen im weiteren Umfeld der Stadt. Nach Sichtungs-Hinweisen aus der Bevölkerung werden zusätzliche Fallen aufgestellt. „Gelegentlich sehen die Leute eines in ihrem Garten oder sogar in ihrem Pool“, berichtet Ian Hunt, der erst vor Kurzem zum Team dazugestoßen ist. Die Jäger versuchen herauszufinden, wie groß das zu fangende Krokodil sein könnte. Drei verschiedene Fallengrößen stehen zur Auswahl. Das größte von den Dundees je gefangene Exemplar war 5,30 Meter lang, meist seien sie aber so zwischen zwei und drei Meter lang. Ein Fetzen Schweinefleisch dient als Köder. Je nach dem wie hungrig die Viecher sind, dauert es höchstens eine Woche, bis die Falle zuschnappt.

Krokodilfarmen sind die Abnehmer

Dann melden sich Anwohner telefonisch bei dem Croc-Team. Einer von ihnen hat immer eine 24-Stunden-Bereitschaft, um die Tiere nicht unnötig lange in der Falle gefangen zu halten. Liegt die Falle etwas abseits in irgendwelchen Fließgewässern, wird der Fangerfolg bei regelmäßigen Inspektionen festgestellt.

Über 100 000 Leistenkrokodile gibt es mittlerweile im Northern Territory – 278 Stück haben die Croc-Manager im vergangenen Jahr im Großraum Darwin gefangen. Bis Ende August waren es in diesem Jahr bereits 174. Deswegen frappiert Jack und sein Team immer wieder, wie unvorsichtig die Leute sind, wenn Sie zum Beispiel zum Fischen gehen. „Wir bringen die gefangenen Tiere zu sogenannten Krokodilfarmen außerhalb der Stadt“, erzählt Ian Hunt, der seinen früheren Job als Polizist aufgegeben hat, weil ihm das zu langweilig wurde. Je nach Alter, Gewicht und Geschlecht werden die „Salties“, wie sie wegen ihres Lebensraumes im Salzwasser auch heißen, dort zu Zuchtzwecken verwendet oder an Tierparks weitergegeben. Einige enden freilich auch im Kochtopf – sie sollen wie Hühnchen schmecken – oder dürfen als Taschen, Schuhe oder Gürtel bei angesagten Modedesignern Karriere machen.

Die Hauptaufgabe der Krokodiljäger ist jedenfalls erfüllt: die Bürger Darwins und die Soldaten der Übungen Pitch Black und Kakadu vor gefährlichen Begegnungen im Croc Country zu bewahren.

DK