Ausverkauftes Birdland
Gegenseitige Wertschätzung

Nduduzo Makhathini gastiert mit seinem Trio in Neuburg

29.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:15 Uhr

Lebenslust und Optimismus: Nduduzo Makhathini, Zwelakhe-Duma Bell le Pere und Francisco Mela (von links) in Neuburg. Foto: Leitner

Drei Musiker durchqueren auf dem Weg zur Bühne das Birdland-Gewölbe und bereits jetzt brandet stürmischer Applaus auf. Dabei haben der Pianist Nduduzo Makhathini und seine Begleiter, der Kontrabassist Zwelakhe Duma Bell Le Pere und der Schlagzeuger Francisco Mela, noch keine einzige Note gespielt. Makhathini steht in dem Ruf, einen Konzertsaal in ein Tollhaus verwandeln zu können. Im November 2021 hat er – mit anderer Band – an gleicher Stelle bewiesen, dass das absolut der Wahrheit entspricht. Selten hat man es mit einer Musik zu tun, die einen derart anspringt, im Innersten packt und fesselt. Nicht umsonst also strömen anlässlich dieses Konzerts Menschen aus der gesamten Republik zusammen, nicht umsonst ist das Birdland restlos ausverkauft.

In der Musik des Südafrikaners Makhathini treffen sich dessen Wurzeln, dessen Prägung und die unglaubliche musikalische Vielfalt seiner Heimat mit amerikanischem Jazz, prallen traditionellen Melodien und Rhythmen und vor allem das, was er aus ihnen macht, mit dessen höchst individueller Sichtweise auf McCoy Tyner, John Coltrane und Thelonious Monk zusammen. Aber es treten auch – was Makhathini immens wichtig ist – Vertreter ehemals unterdrückter und fremdbestimmter Kolonien in Kontakt zu den Nachfahren derer, deren Regierungen für das Leid der Afrikaner politisch verantwortlich waren und vor allem in weltwirtschaftlicher Hinsicht auch heute noch sind.

Man muss einander überhaupt erst einmal wahrnehmen, um sich kennen und schätzen lernen zu können, sagt der Bandleader. Dieser philosophische Grundgedanke klingt simpel und ist in der Realität doch so schwer umzusetzen. An diesem Abend freilich tut Makhathini alles dafür, dass dies gelingt. Wenigstens für die zwei Stunden des Konzerts. Und das Publikum macht mit, weil es merkt, dass hinter dieser Haltung ein ehrliches Anliegen steckt, echte Emotionalität, nicht vordergründiges Kalkül.

Hier findet Musik nicht statt, sondern bricht über einen herein, was wenig mit Lautstärke zu tun hat, dafür aber umso mehr mit einer Kraft, die aus dem Innersten kommt, der man sich gerne ausliefert, weil sie einem ganz einfach gut tut, die alles umfasst und alles einfängt. Hier vollziehen sich Jazz fern jeglichen elitären und World Music weitab jeglichen folkloristischen Getues, hier führen Lebenslust, emotionale Wärme und Optimismus eine überfallartige Attacke gegen Nüchternheit, Gefühlskälte und gegenseitige Abschottung. Und das Auditorium fährt komplett darauf ab. Vielleicht auch deswegen, weil es zumindest für die Dauer des Konzerts ein weitgehend verloren geglaubtes und schmerzlich vermisstes Gemeinschaftsgefühl zu spüren vermeint.

Über die Virtuosität der Musiker zu reden, erübrigt sich in diesem Fall. Sie sind großartig und technisch perfekt, aber entscheidend ist die Wirkung, die sie hinterlassen. Bei Makhathini wird das Publikum Teil eines Konzerts, das auch ein Freundschaftstreffen ist, in das alle emotional eingebunden sind. Sollte er die Absicht gehabt haben, an diesem Abend vor allem die Herzen seines Publikums zu erobern, ist ihm dieses Vorhaben auf absolut überzeugende Weise gelungen.

DK