Stadtpolitik
Feldkirchen will gehört werden

„Ältestenrat“ lädt seine drei Stadträte zur Diskussion um Vertretung im Gremium ein

14.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:14 Uhr

Kreisrat Reinhard Reißner (stehend) hatte zur „Ältestenversammlung“ ins Feldkirchener Feuerwehrhaus eingeladen. Foto: S. Hofmann

Von Sebastian Hofmann

Feldkirchen – Eine Bürgerversammlung der besonderen Art hat es am späten Mittwochabend in Feldkirchen gegeben: Im Feuerwehrhaus des Neuburger Stadtteils hatte der „Ältestenrat“ des früher eigenständigen Dorfes zum Treffen zusammengerufen. Grund dafür waren zahlreiche Themen, die den Stadtteilbewohnern um ihr bisheriges Sprachrohr, Kreisrat Reinhard Reißner (CSU), unter den Nägeln brennen, die aber nach dem Dafürhalten der Feldkirchener im Stadtrat nicht genügend behandelt werden – obwohl drei Stadträte in Feldkirchen leben.

Wer verstehen wollte, was da über die drei im Neuburger Süden lebenden Stadträte Klaus Babel (FW), Otto Heckl (CSU) und Bernhard Pfahler (FW) am Mittwoch – stellenweise heftig – hereinbrach, der musste die Historie des Anschlusses der Gemeinde Feldkirchen an die Stadt Neuburg kennen. Bei wem der rund 30 Anwesenden das nicht der Fall war, dem half Reißner mit einem kurzen Auszug nach.

Wegen der Pandemie wurde über Themen geredet

Die Gemeinde Feldkirchen, zu der neben dem namensgebenden Kernort auch Sehensand, Altmannstetten, Hardt und der Kahlhof gehören, wurde 1978 als Stadtteil an Neuburg angegliedert. Früher hatte das Dorf einen Gemeinderat – dem Reißner selbst noch angehört hatte – und einen Bürgermeister. Laut Reißner habe es neben den damals gewählten Volksvertretern auch eine „Feldkirchener außerparlamentarische Opposition“ gegeben – verschiedene Stammtische. „Da ist manches passiert“, so der 75-Jährige. Später sei aus diesen Gruppen der sogenannte Ältestenrat entstanden, den Reißner, ab 1978 Stadtrat in Neuburg und damit seinen Worten zufolge „alleinverantwortlich“ für Feldkirchen und die Gemeindeteile, regelmäßig einberief.

Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie, berichtete der erfahrene Kreispolitiker weiter, ergab es sich aufgrund einer Anfrage unserer Zeitung an Reißner bezüglich dessen Ortschronik über Feldkirchen, dass dieser den Ältestenrat wieder einberief. Dabei seien einige den südlichen Stadtteil betreffende Themen aufgekommen und diskutiert worden. Reißner nannte unter anderem einen Fuß- und Radweg nach Sehensand, den Fluglärm und die Verlängerung der Heugasse bis zur St.-Andreas-Straße. „Ich will damit sagen, dass uns manches am Herzen liegt“, so der Kreisrat. Durchaus provozierend war dann seine Aussage, dass Feldkirchen „quasi keine Vertretung“ im Stadtrat habe. Ein Hauptanliegen der Versammlung sei deshalb gewesen, einen Ortssprecher oder -beauftragten für die ehemalige Gemeinde Feldkirchen in der Politik zu installieren. Reißner berichtete auch, davon gehört zu haben, das Sehensand genau dies für sich selbst anstrebe. „Sollen sie einen haben, Respekt! Aber dann braucht Feldkirchen auch einen“, so der Kreisrat.

Vize-Bürgermeister Johann Habermeyer (FW), der, wie auch Dritter Bürgermeister Peter Segeth (CSU) und die drei betroffenen Stadträte, der Versammlung beiwohnte, analysierte die Kernproblematik gewohnt sachlich: „Es geht hier vordringlich um ein Kommunikationsthema. Wir sollten erst mal diese Ansprechpartnersache klären.“ Der Stellvertreter des Oberbürgermeisters erklärte, dass ein Ortssprecher laut Definition der Bayerischen Gemeindeordnung nur bestellt werden kann, wenn ein Stadtteil keinen gewählten Volksvertreter, sprich Stadtrat, hat.

„Das funktioniert also weder für Feldkirchen noch für Sehensand und ich sehe mich nicht in der Lage, die Bayerische Gemeindeordnung zu verändern.“ Was einen Ortsbeauftragten, der weniger Rechte als ein Sprecher hat, betrifft, so sei dessen Bestellung für die Sehensander durchaus möglich, weil es in deren Eingemeindungsverträgen geregelt sei – in Feldkirchen sei das aber nicht der Fall. Habermeyer gab eine generelle Einschätzung zu dieser Thematik ab: „Ich halte das für aussichtslos, weil es in Feldkirchen drei Stadträte gibt. Das ist im Stadtrat definitiv nicht mehrheitsfähig, da müsste ich mich arg täuschen.“

Stadträte machen Angebote

Die drei Betroffenen meldeten sich auch zu Wort. Bernhard Pfahler bat darum, ihm Anliegen zu schreiben, egal ob per Brief, E-Mail oder Kurznachricht. Er wies darauf hin, dass er in seiner Funktion als Verkehrsreferent des Stadtrats regelmäßig die Veranstaltung „Wo drückt der Schuh?“ am Schrannenplatz abhält. Feldkirchener seien dabei aber noch nicht bei ihm vorstellig geworden. Dass es für den Stadtteil keinen Ansprechpartner gebe, höre er zum ersten Mal. „Leute, geht doch den Weg zu uns! Ihr wisst doch, wo wir wohnen!“

Den Einwand Reißners, die Stadträte müssten von sich aus die Initiative ergreifen, wollten Pfahler, Heckl und Babel nicht gelten lassen. Heckl sagte: „Der Bürger ruft, möchte etwas, aber mal ehrlich: Melden tut er sich nicht.“ Als Stadtrat sei man für die ganze Kommune gewählt, nicht nur für einen Teil. „Alles andere wäre ein falsches Selbstverständnis eines Stadtrats“, so Heckl.

Ins gleiche Horn wie seine Vorredner stieß Klaus Babel: „Wenn etwas anliegt, dann stehen wir parat.“ Feldkirchen habe drei Stadträte, die Präsenz zeigten. „Wir arbeiten viel im Hintergrund und gehen aber nicht wegen jedem Pipifax zur Presse.“ Niemand habe Berührungsängste. Auch er lud die Feldkirchenerinnen und Feldkirchener ein, mit ihren Anliegen zu ihm und seinen Kollegen zu kommen.

Aus der Diskussion heraus ergab es sich letztlich, dass Pfahler in seiner Funktion als Verkehrsreferent eine Bürgerversammlung zu Verkehrsthemen in Feldkirchen abhalten möchte. Heckl versprach, ein Treffen mit dem stellvertretenden Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 zu organisieren, damit die Feldkirchener mit den Fliegern ins Gespräch kommen und ihren Unmut über die in ihren Augen zu hohe Lärmbelästigung anbringen können.

Einen Wunsch konnte sich Organisator Reißner an diesem Abend nicht erfüllen: Eigentlich hatte er die inoffizielle Verantwortung für Feldkirchen in jüngere Hände geben wollen. Als es darum ging, wer zukünftig für die Belange des Stadtteils eintreten und den Kontakt zu den Stadträten halten sollte, fand sich in der Versammlung allerdings niemand.

DK