Trockenheit trifft die Landwirte hart
Ernteausfälle bis zu 100 Prozent: Erlbacher Bauer hat Prognosen zum Davonlaufen

21.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:38 Uhr |

Nebenerwerbslandwirt Franz Heuberger zeigt, wie schlecht die meisten Zwiebeln auf seinen Feldern gewachsen sind. Während das Exemplar rechts – heuer selten zu finden – noch einigermaßen Volumen aufgebaut hat, ist die linke Zwiebel für den Verkauf viel zu klein. Foto: S. Hofmann

Von Sebastian Hofmann

Ja, am Donnerstag und Freitag hat es geregnet. Doch die lange Trockenheit zuvor hat großen Schaden angerichtet – speziell in der Landwirtschaft. Darauf möchte Nebenerwerbslandwirt Franz Heuberger die Verbraucher aufmerksam machen und die Politik sensibilisieren.



Der Erlbacher rechnet nach Proberodungen nämlich mit Ausfällen, die teilweise an die 100-Prozent-Marke gehen. Damit sieht er sich nicht allein. „Normalerweise fahr’ ich jeden Abend auf die Felder raus und schau mir die Pflanzen an“, sagt Franz Heuberger. Der 46-Jährige aus dem Rennertshofener Gemeindeteil Erlbach ist hauptberuflich Maschinenbauingenieur bei einem großen Unternehmen mit Sitz in Augsburg. Er ist aber auch Nebenerwerbslandwirt in zweiter Generation, hat vor vier Jahren erst den Hof von den Eltern übernommen. Die Heubergers haben sich auf den Anbau von Gemüse spezialisiert, pflanzen Zwiebeln und Kartoffeln, produzieren aber auch Weizen und Mais. „Ich hatte auch tolle Jahre, als ich den Betrieb übernommen habe“, sagt Heuberger.

Aber die Situation, mit der er, seine Frau und sein Sohn – und natürlich die Eltern, die immer noch mithelfen – in diesem Jahr konfrontiert sind, die kann eigentlich nur frustrierend sein. Seine abendlichen Runden auf die Felder zur Kontrolle habe er jüngst deswegen etwas schleifen lassen – „ich hab’s einfach nicht mehr sehen können“, sagt er.

Zwiebeln sind zu klein und verfaulen im Boden

Wer mit ihm auf seine Äcker unweit von Erlbach rausfährt, der sieht schnell, was der 46-Jährige meint. Die Zwiebeln lassen die Oberblätter hängen, nur wenig vom oberirdischen Pflanzenteil ist überhaupt grün, das meiste davon eher beige, vertrocknet und verschrumpelt. Noch deutlicher wird selbst für Laien, was die lange Trockenperiode mit den Pflanzen angerichtet hat, wenn Heuberger die Zwiebeln aus dem Boden holt.

Auf einer Fläche von rund einem Quadratmeter findet er lediglich eine Zwiebel, die einigermaßen ausgewachsen und ansatzweise verwertbar ist. „Der Rest ist so groß wie Silberzwiebeln aus dem Gurkenglas“, sagt er und zeigt mehrere Sprossen, die tatsächlich eher die Größe von Schussern haben. „Die schmecken aber genauso wie Großgewachsene“, sagt Heuberger. Das Problem: Haben die Gewächse nicht eine bestimmte Standardgröße – der Nebenerwerbslandwirt nennt die Maße 40/60 und 50/70, die in Märkten und lebensmittelverarbeitenden Betrieben hauptsächlich gefragt seien –, sind sie fast nicht verkaufbar.

Industrienormen und eine gewisse Erwartungshaltung in Sachen Optik durch die Kunden kommen einem dabei in den Sinn. Hinzukommt, dass zahlreiche Pflanzen aufgrund der Trockenheit angefault seien. Nach einigen Proberodungen bilanziert Heuberger: „Bei den Zwiebeln sprechen wir von Ausfällen zwischen 90 und an manchen Stellen sogar 100 Prozent.“

Den Kartoffeln fehlt der schützende Erdmantel

Ob er die Pflanzen überhaupt aus dem Boden holt, weiß er noch nicht. Zum einen hatte er bis zum Regen am Donnerstag und Freitag das Problem, dass der Boden „hart wie Beton“ gewesen sei und er mit dem Roder gar nicht tief genug in die Erde hatte eindringen können. Dem wollte er mit einer Modifizierung des Erntewerkzeugs entgegenwirken – mit nicht kalkulierbaren Folgen für den späteren Zustand des Untergrunds.

Vorstellbar wäre auch, die Zwiebel-Ernte einfach abzuschreiben und die Pflanzen als Dünger für das nächste Jahr unterzuackern – recht teuren Dünger allerdings. Denn aktuell kalkuliert die Familie Heuberger mit einem Verlust im gehobenen fünfstelligen Bereich.

Bei den Kartoffeln sieht es derzeit nämlich auch nicht viel besser aus als bei den Zwiebeln. Auch bei diesem Gemüse sind die Knollen sehr klein geraten und entsprechen meist nicht den von Kunden gewünschten Standards. Franz Heuberger formuliert es etwas überspitzt: „Es ist schon eine gewisse Anspruchshaltung da. Die Leute wollen nur große Goldklumpen.“

Wenn er auf dem Feld mit einer Gabel in eine Reihe sticht und die Knollen hebt, dann purzeln sie wie frisch geputzt aus der staubtrockenen Erde – sieht prinzipiell gut aus, ist es aber nicht. „Bei der Ernte brauchen die Kartoffeln einen Erdmantel um sich herum“, erklärt der 46-Jährige. Das schütze die Knollen vor den vergleichsweise groben Bewegungsabläufen auf der Erntemaschine. „Wenn keine Erde außen rum ist, werden sie eingedrückt. Die kann ich dann nicht verkaufen.“

Er will nichts geschenkt, nur Unterstützung

Das Cliché eines jammernden Bauern will Franz Heuberger keinesfalls bedienen – im Gegenteil. Er möchte die Menschen darauf aufmerksam machen, was ihm und zahlreichen Berufskollegen durch den trockenen Sommer widerfahren ist. Der Nebenerwerbslandwirt möchte sensibilisieren. Einerseits für die Umwelt, denn das derzeitige Wetter sei alles andere als normal. Und andererseits dafür, dass Gemüse nicht immer perfekt aussieht, aber trotzdem gesund ist und gut schmeckt.

Heuberger hat sich auch mit einem Brief an den Landtagsabgeordneten Matthias Enghuber (CSU) und damit an die große Politik gewandt. Denn seiner Kenntnis nach wurden Hilfsprogramme für Landwirte, die genau diese Ausfälle durch ungewöhnliche Wetterlagen abdecken würden, nicht verlängert. Heuberger verweist dabei ganz konkret auf die „Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen zum teilweisen Ausgleich von Schäden in Landwirtschaft, Binnenfischerei und Aquakultur“. Diese hatte das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2018 herausgegeben, aber nicht über den 31. Dezember 2020 verlängert.

„Ich will nichts geschenkt und ich will nicht betteln“, appelliert Heuburger an die Politik. „Aber wenn ich solche Verluste mache, dann muss ich den Schlüssel umdrehen und zusperren.“ Großen Industrieunternehmen habe man schließlich mit Kurzarbeitergeld auch durch die Corona-Lockdowns geholfen. Die Politik solle nun zu den Landwirten stehen.

DK

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