Neuburg
Dichterwettstreit im Zeitlos

Rund 100 Zuschauer verfolgen Poetry-Slam mit acht Teilnehmern – Pascal Simon gewinnt und erhält Bild

19.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:39 Uhr
Vicky Müller-Toùssa

Siegerpreis: Pascal Simon (grünes Hemd) gewannt den Neuburger Poetry-Slam und erhielt ein live gemaltes Bild. Fotos: Müller-Toùssa

Von Vicky Müller-Toùssa

Neuburg – Nach fast dreijähriger coronabedingter Abstinenz fand am Mittwochabend wieder ein Poetry-Slam in Neuburg statt. Um die 100 Zuschauer folgten gut unterhalten den acht Poetinnen und Poeten beim mittlerweile siebten „Dichterwettstreit“ im Café Zeitlos.

Die Stimmung im Außensitzbereich vor und auf dem Schrannenplatz war gleich zu Beginn gelöst und gut. Doch wie läuft das Ganze nun genau ab? Moderator und Veranstalter Tizian Neidlinger nahm gleich die vielen Neulinge im Publikum zum Anlass, die Regeln eines Poetry Slams zu erklären. Es werden vorwiegend nur selbstverfasste Texte vorgetragen, und das ganz ohne Schnickschnack: keine Kostüme, keine Requisiten, es darf auch nicht gesungen werden. Mit Ausnahme des Sprechgesangs „das ginge gerade noch so“, sagte Neidlinger.

Auch gäbe es ein Zeitlimit, das nicht überschritten werden sollte, dafür sorgte eigens eine Klingel, die einer Zuschauerin überreicht wurde. „Seid froh, in Ingolstadt müssen als Signal Affengeräusche gemacht werden. Und wir machen es hier mit einer dankbaren Glocke“, sagt Neidlinger. Anschließend richtet dann das Publikum per Applaus über die jeweilige Darbietung und entscheidet damit, wer den Poetry-Abend gewonnen hat.

Sodann musste auch der Applaus gleich geübt werden. Nach einer Skala von eins bis zehn durften sich die Schaulustigen klatschend probieren. Last but not least kam noch die wichtigste Info des Moderators: „Respect the poets“, lautete Neidlingers Bitte. Denn die acht Männer und Frauen seien keine Profis und tragen vor allem ihre selbstverfassten Texte vor, das bedeute für den ein oder die andere sich zu überwinden.

Dann ging es auch schon los. Die Themen konnten nicht unterschiedlicher sein. Billy Reuschel, der sich selbst „als Fan der deutschen Sprache“ outete aber es unter anderem schwierig fände, ästhetisch über Sex zu schreiben. „Entweder klingt es eklig, technisch oder peinlich“, so der Ingolstädter und gab sodann auch einige Kostproben. Martin Geier, der ehemalige Halbfinalist der deutschsprachigen Slam-Meisterschaft aus Fürth, ließ sich über das Thema Eifersucht in Bezug auf Ex-Partner und beste Freunde aus. Pascal Simon legte als Märchenfan mit „es war einmal und nicht wäre, sonst wäre es kein Märchen sondern Science Fiction“ los. Die erste Runde vollendete die Regensburgerin Ronja Künstler, die sich einen freien Tag wünschte und sich unter anderem die Frage stellte, „wie viele Grenzen kann ich überschreiten, bis meine Grenze erreicht ist?“

Nach den vier Darbietungen kam es zur ersten Publikumsentscheidung. Ins Finale durfte Pascal Simon einsteigen. Nach der Pause folgten die nächsten vier Poetinnen und Poeten.

Jens Hoffmann aus Weißenburg, mit seiner „Ode an Weißenburg“, der Ingolstädter Jens Rohrer, der sich als Blumenliebender-Rapper mit dem Titel „Dendrophil“ versuchte. Als nächstes betrat die Neuburgerin Henriette Appel mit einem anspruchsvollen Text über eine gestörte Vater-Sohn-Beziehung und einem Rundumschlag samt Anekdoten über die Film- und Sportwelt auf. Der Achte im Bunde war Toni Enzersberger, mit seiner herrlich humorvollen Auseinandersetzung über das Leben als Bedienung.

Letzterer durfte sich dann nochmals neben Pascal Simon beweisen und beide Männer gaben einen zweiten Text zum Besten. So hörten die Anwesenden von Simon, der Wortspiele liebe, wie er über sich selbst sagte, „das große ABC des Slams“ und von Enzersberger erfuhren sie „was ich gerne wäre – nämlich ein reimendes Faultier mit einem Kasten Bier.“

Bei diesem Duell entschieden sich die Zuschauerinnen und Zuschauer knapp für Simon, der von Steffi Philipp ein Bild, das sie während des Slams über den stattgefundenen Dichterwettstreit live gemalt hatte, als Siegerpreis überreicht bekam.

„Handwerklich von der Sprache und den Texten her, der beste Slam, den ich gehört habe“, sagte die 30-jährige Zuschauerin Madeleine Engelhard aus Neuburg. Direkt vor der Bühne saßen die vier Freundinnen Ingrid Heidler, Margit Weidner, Susanne Rehlinghaus und Alexandra Heckl, die zum ersten Mal einem Poetry-Slam beiwohnten. „Sehr unterhaltsam und kurzweilig. Neugierig waren wir ja schon im Vorfeld. Schön, dass wir draußen sitzen durften“, fanden die Freundinnen unisono.

Das Entscheiden sei ihnen allerdings schwergefallen. Denn es sei so viel Gutes dabei gewesen. Ob die „Ode an Weißenburg“ oder Ronja’s „Kalender-Text“, „ja, die haben wir richtig gefeiert, weil wir uns auch hier und da ertappt gefüllt haben“, so die Damen. Auch Christian Seier, der aus Kipfenberg kam, fand es top, wie er selbst sagte. Auch habe er das für ihn neue Wort „Dendrophil“ gelernt.

„Ich habe die Slams wirklich vermisst“, warf sein Kumpel ein, „ich hätte mir aber gewünscht, dass es eine Frau ins Finale schafft. Ich habe beim Applaus wirklich alles gegeben.“

Der nächste Poetry-Slam, dieses Mal von Pascal Simon moderiert, findet am 15. Oktober im Rahmen der Veranstaltung Wort-Klang-Bild um 19.30 Uhr im Bücherturm statt. Der Eintritt hierzu ist kostenfrei.

DK