Musikalisches Gipfeltreffen im Birdland
Das Besondere unter all dem Guten

Jim Snidero & Kurt Rosenwinkel im Birdland

23.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:12 Uhr

„Jammin’ At Birdland“: Jim Snidero und Kurt Rosenwinkel. Foto: Leitner

Dass der Jazzclub in Neuburgs Altstadt das ganze Jahr über ein erstklassiges Konzertprogramm anbietet, ist allgemein in der Szene bekannt, auch in der internationalen. Bei Musikern, Veranstaltern und nicht zuletzt beim Publikum. Und doch gibt es bei all dem Guten, das hier Woche für Woche stattfindet, immer wieder mal Abende mit dem Besonderen.



Als das Jim Snidero Quintett plus Kurt Rosenwinkel als Gastmusiker angekündigt waren, konnte man bereits vermuten, dass dieser so einer werden könnte, denn Altsaxofonist Snidero und Gitarrist Rosenwinkel genießen seit Jahren einen überragenden Ruf.

Ersterer nicht zuletzt auch wegen seiner Zusammenarbeit mit Tony Bennett und Sting, Rosenwinkel aufgrund seiner Aktivitäten an der Seite von Brad Mehldau, Joshua Redman und Eric Clapton. Beide sind bekannt für ihre eigenständige Spielweise was Phrasierung und Linienführung anbelangt, beide ergänzen sich als Kollegen optimal, beide sind in solistischer Hinsicht unverkennbar. Wenn zwei sich gefunden haben, dann Snidero und Rosenwinkel. Zuletzt haben sie gemeinsam das Album „Far Far Away“ veröffentlicht, das acht Stücke enthält, zwei Adaptionen sowie sechs Snidero-Kompositionen, in denen er Tradition und Moderne, Swing, Latin, Blues und Eurogroove beispielhaft verquickt.

Als die Band, zu der neben Martin Zenker am Kontrabass und Rick Hollander am Schlagzeug auch noch Bruno Montrone am Flügel gehört, nach knapp zwei Stunden das Konzert beenden, hat sie das komplette Album vorgestellt und keines der Stücke war kürzer als 15 Minuten. Was verdeutlicht, welch großen Raum die Improvisation einnimmt. Klavier, Gitarre und Saxofon stellen unisono ein Thema vor und dann geht es los. Rosenwinkels wunderschöne Läufe, Snideros klare, markante und rasante Figuren und Montrones wunderschön gesetzte Akkordfolgen bilden ein kunstvoll entwickeltes Gesamtbild, das sich scheinbar wie von selbst ergibt und doch nur mit diesen drei – beziehungsweise fünf – Musikern auf diese ganz besondere Weise funktioniert. Wobei Montrone aus Bari, dem Zentrum Apuliens, der vorher noch nie in Deutschland gespielt hat, zwar noch nicht über so viel Renommee verfügt wie seine beiden Partner, aber anscheinend aktuell auf dem besten Weg ist, sich selbiges zu erspielen.

Die beiden Balladen, Richard Rodgers „It Might As Well Be Spring“ und „Search For Peace“ von McCoy Tyner sind zum Niederknien. Wie alle Beteiligten auf höchst einfühlsame, ja, zärtliche Weise den Stoff behandeln, ihn nicht nur interpretieren sondern zelebrieren, ist schlichtweg ergreifend. Diese beiden Stücke allein wären zweifelsohne bereits das Eintrittsgeld wert gewesen. Und mit der Zugabe zeigt sich dann schließlich auch die emotionale Verbindung der Musiker zu diesem Club, als sie einen Blues, der noch keinen Titel hat, ganz einfach „Jammin’ At Birdland“ nennen.

DK