Schrobenhausen
Bauen für ein bisschen (mehr) Urbanität

Wie es gerade am Multipark ausschaut – ein Baustellenbesuch beim Schrobenhausener Großprojekt

17.11.2022 | Stand 19.09.2023, 5:08 Uhr

Knapp 70 Wohnungen und Gewerbefläche für gut 180 Arbeitsplätze sollen hier auf dem ehemaligen Reifen-Schubert-Gelände nördlich der Schrobenhausener Altstadt entstehen. Was die Projektziele angeht, gibt sich Bauunternehmer Michael Plapperer beim Blick auf die Peripherie und das bereits vollständig bezogene Haus M durchaus positiv. Auf der anderen Seite befinden sich zwei Gebäude im Rohbau, für die verbleibenden zwei geht’s gerade um die Baugrubensicherung. Fotos: Floerecke

Schrobenhausen –Der Multipark in Schrobenhausen: ein bauliches Großprojekt, das es in der Kleinstadt in dieser Form bisher nicht gegeben hat. Auf gut 11000 Quadratmetern Gesamtfläche entstehen sechs größere Häuser mit jeweils fünf Stockwerken. Wohnen und Arbeiten sollen dort, nach Gesamtfertigstellung in zwei Jahren gegen Ende 2024, um die 350 Menschen. Mehr Urbanität, also städtischere Atmosphäre für Schrobenhausen? Ein Baustellenbesuch.

Halbzeit bei den Multis M, U, L, T, I und S

Hier, auf dem ehemaligen Reifen-Schubert-Areal, herrscht an diesem Vormittag reger Betrieb. Die Bautrupps sind vorwiegend dran, die Rohbauarbeiten für die Häuser L und T voranzubringen. Zwei Betonmischer biegen auf das Baustellengelände entlang der Bahnlinie, ein paar hundert Meter nördlich der Schrobenhausener Altstadt, ein. Kurz davor ist eine riesige Betonpumpe angeliefert worden. Das Bohrgerät zum Spundwandeinbringen läuft die ganze Zeit auf Hochtouren. Derweil kommt Michael Plapperer vom wöchentlichen Jour fixe mit den Bauleitern zurück. Der Schrobenhausener Bauunternehmer und Multipark-Macher macht ein zufriedenes Gesicht und erzählt, dass die aktuellen Punkte rund um den Bauzeitenplan bis Weihnachten für Bauabschnitt 2 besprochen und die nächsten Schritte im Detail für die Häuser L und T abgestimmt worden seien: die Lieferung der Fenster, außerdem speziell für Haus L zum einen der Beginn der Verputzarbeiten im Erdgeschoss, zum anderen der Elektroinstallationen auf zwei Ebenen.

Geringfügiger Rückstand im Bauablauf

Insgesamt, sagt Michael Plapperer, sei man beim Bauablauf aktuell gut drei Wochen im Rückstand im Vergleich zur ursprünglichen Gesamtterminplanung für alle drei Bauabschnitte, was bei einem Großprojekt dieser Kategorie für ihn „überhaupt nicht bedenklich“ sei. Zwei Gebäude sind nahezu vollständig fertiggestellt und bezogen, zwei befinden sich im Rohbau, bei zwei geht es gerade um die Baugrubensicherung. Nicht nur bei den Terminzielen in enger Zusammenarbeit mit den beiden Architekten Peter und Max Bratfisch, sondern auch bei den Kostenzielen befände sich das Projekt laut Plapperer im Rahmen: Die fortgeschriebene Kostenberechnung beläuft sich derzeit auf 49 Millionen Euro brutto, ausgegangen ist man bei der Entwurfsplanung von 45 Millionen brutto, damals noch vor den unvorhergesehenen, über das normale Maß hinausgehenden Kostensteigerungen. Ein Beispiel? Die Kosten für Beton sind binnen weniger Monate um ein Drittel gestiegen.

Vorbei am nicht zu übersehenden Regenwasserrückhaltesystem am Boden geht es in das nahezu vollständig bezugsfertige Haus U. Drinnen, da sind die Fliesenleger-Trupps gerade noch dabei, in zwei Bädern die Ecken und Übergangsfugen mit Silikon dauerelastisch zu machen. Bodenleger bringen Teppichrollen nach oben. Im Treppenhaus ist bereits dunkler Teppich verlegt. In einzelnen Räumen hängen nur noch ein paar Kabel von den Decken. In eines der Stockwerke ist bereits die hausärztliche Mühlrieder Gemeinschaftspraxis gezogen, an anderer Stelle auf dem Areal soll sich eine Zahnarztpraxis niederlassen. Beides, findet Michael Plapperer, „eine enorme Bereicherung für den Multipark“. Insgesamt nehmen die sechs Gebäude gut 10200 Quadratmeter Grundfläche ein. Wohn- und Gewerbeflächen sind in etwa gleich verteilt. Es entstehen 66 Eigentumswohnungen, außerdem Gewerbeflächen verschiedenster Dienstleister mit gut 180 Arbeitsplätzen.

Wohnen, Arbeiten, Infrastruktur

Dass dieses Projekt die Überschrift „Wohnen und Arbeiten mitsamt benötigter Infrastruktur“ auch hält, das würden nicht wenige Käufer gerade von Wohnungen bestätigen, berichtet Plapperer: Manch einer hat sich mitunter für den Multipark entschieden, damit er seinen Arbeitsplatz gut zu Fuß erreichen kann und dafür kein Auto benötigt. Andere möchten unbedingt in Altstadtnähe wohnen.

Entgegen vergleichbarer Projekte andernorts gibt es im fertigen Multipark keine Einkaufsmöglichkeiten, auch keinen Platz für Gastronomie oder Kinderbetreuung. Warum eigentlich nicht? „Das ist in der unmittelbaren oder näheren Nachbarschaft bereits vorhanden“, sagt Multipark-Macher Plapperer. Dennoch: Auf dem Gelände entsteht ein Spielplatz für die Allgemeinheit, auch ein Kräutergarten ist angedacht. Um die Gebäude herum gibt es private Gärten.

Bei allen ökonomischen Zielen eines Bauunternehmers steht das hier ganz oben auf dem Zettel von Michael Plapperer: mehr Wohnraum im Ort, ohne dabei viel Fläche zu versiegeln. Und damit einhergehend „eine urban anmutende Bebauung, die in erster Linie ins Stadtbild passen muss und weder zu dicht noch zu hoch ist“. Einen Teil dazu tragen auch die Tiefgaragen bei, die es über weite Teile des Multiparks gibt. Platz für knapp 170 Autos und zusätzlich 80 Fahrräder soll es geben. Rund um die Häuser sind auf dem Gelände weitere 80 Parkplätze vorgesehen.

Außerdem wirbt das Projekt mit einem Paket an Nachhaltigkeit. Die betrifft zwar nicht unbedingt die Bauweise der Gebäude, sonst hätte man alles beispielsweise aus Holz oder mit einer vorgelagerten, hinterlüfteten Fassade planen und bauen müssen. Vielmehr bezieht sich das Thema Nachhaltigkeit offenkundig auf den Umgang mit den Ressourcen während des Wohnens an sich. Die Raumkühlung im Sommer durch Photovoltaikstrom oder die Beheizung durch Warmwasser über die zentrale Holzpelletanlage seien da sicherlich einige gute Beispiele. Oder die Ladesäulen für Elektroautos. Jedes Gebäude bekommt auf dem Dach Photovoltaik und Begrünung. Und so manches mehr.

Wohlfühlcharakter inurbaner Atmosphäre

Dass für den einen oder anderen Betrachter die Architektur der Gebäude mit ihrer Formensprache eher schlicht und weniger mutig ist, das kann Michael Plapperer durchaus verstehen. Er sieht sein Projekt mit baugleichen, aber gespiegelten Gebäuden und überwiegend identisch geschnittenen Wohnungen Stockwerk für Stockwerk vielmehr von der zweckmäßigen Seite.

Für den Bauunternehmer mit mehr als 40 Jahren Erfahrung in der Branche steht aber dennoch Wohlfühlcharakter in den eigenen vier Wänden in urbaner Atmosphäre an erster Stelle. Die einzelnen Baukörper habe man zur Sonne hingedreht, die Wohnungen seien hell und besonders lichtdurchflutet, die Eigentümer bekämen verhältnismäßig großzügige Balkone. Und mächtige Schallisolationen sollen dafür sorgen, dass der Lärm des Bahnverkehrs in unmittelbarer Nähe in den Innenräumen nicht wahrgenommen werde. So nimmt der Multipark weiter Formen an, das bauliche Großprojekt in der Kleinstadt mit urbanem Touch.

SZ