Schrobenhausen
Am Alten Friedhof ist Geschichte erlebbar

Mehrere restaurierte Steintafeln angebracht – in Erinnerung an die Maria Ward Schwestern

25.06.2022 | Stand 22.09.2023, 21:53 Uhr

Es war das Jahr 1856, als fünf Maria-Ward-Schwestern aus Augsburg, damals Englische Fräulein genannt, in Schrobenhausen erwartet wurden. Sie sollten Mädchen, getrennt von den Knaben, Schulbildung zuteil werden lassen, um sie vor „Verrohung“ zu schützen. Restaurator Ralf Czarnietzki hat nun die Namen vieler Englischer Fräulein wieder lesbar gemacht. Foto: Petry

Es sind nur ein paar einfache Holztore, die den Schrobenhausener Alltag von einem Gang in die Geschichte der Stadt trennen: am Alten Friedhof. Er ist längst nicht mehr vor allem ein Ort zum Trauern, sondern ein Ort der Erinnerung.



Manche der Grabsteine erzählen halbe Romane. Etliche derer, die hier beigesetzt wurden, sind selbst Teil der Schrobenhausener Geschichte. In diesen Tagen sind nun einige Steintafeln von der Restauration zurückgekehrt, die auf den ersten Blick unscheinbar erscheinen mögen, es aber beileibe nicht sind.

Der Nürnberger Steinrestaurator Ralf Czarnietzki geht bei seiner Arbeit mit großer Sorgfalt vor. Er und sein Kollege Christian Weiß wissen, wie viel Arbeit in den Tafeln steckt, die nach langen Vorarbeiten nun wieder an ihrem angestammten Platz montiert werden. Es ist mühsame Fieselarbeit, die teils verblichenen Namen auf den Tafeln zu rekonstruieren, so nah am Original wie nur eben möglich. „Manchmal sind die Namen bekannt, manchmal lässt sich auch etwas ergänzen, manches muss man aber auch offen lassen“, sagt Ralf Czarnietzki. Was noch lange nicht heißt, dass es auch offen bleibt.

Sanierung zieht sich über Jahrzehnte

Seit rund 20 Jahren ist Czarnietzki immer wieder mal in Schrobenhausen am Friedhof tätig. Damals wurden die Gräber kartiert, es wurden zum teil Notsicherungsmaßnahmen ergriffen, der Zustand der einzelnen Inschriften wurde aufgelistet, schließlich entstand eine Dringlichkeitsliste. Nach und nach wurden viele der Grabplatten oder -tafeln vor dem Verfall bewahrt.

Die Platten, die diesmal montiert werden, lagen nun einige Jahre in der Nürnberger Werkstatt. Eine Folge von Corona, dass es auch in dieser Branche zu Verzögerungen kam. Die Namen, die nun wieder gut zu lesen sind, stammen von Maria-Ward-Schwestern. 1856 hatten sich die „Englischen Fräulein“, wie man sie damals nannte, in Schrobenhausen angesiedelt und leisteten über lange Jahrzehnte pädagogische Arbeit. Im Jahr 2004 verließ die letzte Maria-Ward-Schwester Schrobenhausen, und an der gleichnamigen Realschule unterrichten seither nur noch weltliche Lehrkräfte. Aber viele der Schwestern wurden in Schrobenhausen nach arbeitsreichen Leben beigesetzt.

Und was wird aus den Namen, die noch fehlen? „Wenn wir die Tafeln aufstellen, dann fällt das manchen, die sich auskennen, auf“, kann Ralf Czarnietzki aus Erfahrung berichten. In der Vergangenheit konnte schon so manches fehlende Wort nachträglich ergänzt werden. „Das ist auf alle Fälle besser, als wenn wir was falsch geraten haben“, sagt der Restaurator.

Einer derer, der über die Jahre stets ein kluger, wissender Ansprechpartner war, fehlt inzwischen: Hubert Klebel, Hochschulprofessor und lange Vorsitzender des Historischen Vereins Schrobenhausen, er starb 2019. Er liegt, wie es sein Wunsch war, am Alten Friedhof begraben. Czarnietzki weiß auf Anhieb, wo seine Grabstelle ist, zumal dort vor Kurzem erst ein lieber ehemaliger Kollege des Restaurators beigesetzt wurde: Hubert Klebels Sohn Stephan, ebenfalls Restaurator, der viel zu früh ging und nun ebenfalls am Alten Friedhof seine letzte Ruhestätte gefunden hat.

Wieder eine dieser Geschichten, die das Gelände inmitten der Stadt zu erzählen hat, das übrigens, bevor es zum Friedhof wurde, Standort eines Franziskanerklosters war – in den Jahren 1644 bis 1802.

SZ