100 Tage in der Antarktis
Schreiner Jonas Hornik aus Joshofen auf Abenteuersuche in einer Polarforschungsstation

20.05.2022 | Stand 23.09.2023, 0:58 Uhr
Josef Heumann

Die Neumayer-Station in der Antarktis war mehrere Monate lang Heimat des Joshofeners Jonas Hornik. Da dort Sommer war, schien die Sonne fast permanent.

Von Josef Heumann

Joshofen – Mumm hat er schon, der Mann. Noch nie in einem Flieger gewesen, und dann gleich ein Elf-Stunden-Flug nach Kapstadt. Nach 14 Tagen Quarantäne dort folgte Flug Nummer zwei – mit der Landung auf einer Eispiste. Aber das war für den 20-jährigen Jonas Hornik aus Joshofen (Foto) erst der Einstieg in sein großes Abenteuer: als Schreiner in der Antarktis.

Am Donnerstagabend berichtete der junge Mann seinen Freunden und Bekannten von der SpVgg Joshofen-Bergheim im Sportheim von seinen Monaten in Eis und Schnee. Er ist längst wieder zu Hause angekommen und stürmt erneut für seine Spielvereinigung, deren Trikot er übrigens in der Antarktis dabei hatte. Hornik steht auch schon wieder auf dem Sprung in die erste Mannschaft.

Eigentlich hatte der gelernte Schreiner einen tollen Job bei der Schreinerei Pettmesser, und eigentlich konnte er sich einen längeren Auslandsaufenthalt überhaupt nicht vorstellen. Aber irgendwie reizte ihn die Ausschreibung einer Reederei, auf die ihn ein Bekannter aufmerksam gemacht hatte. Die Firma betreibt mit zwei Partnern eine Polar-Forschungsstation auf 200 Meter dickem Ekström-Schelfeis in der Atka-Bucht, gute fünf Flugstunden von Kapstadt entfernt. Horniks Bewerbung war erfolgreich.

In der Neumayer-Station überwinterte Hornik 100 Tage lang im antarktischen Sommer. Dort, wo es nur wenige Grad unter dem Gefrierpunkt warm wird, wo ständig ein unangenehmer Wind mit selten unter zehn Knoten bläst. Sich gegen einen 60-Knoten-Schneesturm behaupten – das ist eine Windböe mit einer Geschwindigkeit von 120 Kilometern pro Stunde –, diese Spezialdisziplin hat jeder zu bewältigen, der sich der Herausforderung Antarktis stellt.

Leute, die anpacken können, sind da gefragt: Sieben-Tage-Arbeitswochen unter strengsten klimatischen Bedingungen, Wohnen in einem Drei-Mann-Container, dazu der Kampf gegen die Tristesse in der Freizeit, die nicht die Oberhand gewinnen darf. Private Rückzugsräume sind Fehlanzeige, gefragt sind Teamgeist und noch einmal Teamgeist. Allein ist man da zumeist aufgeschmissen.

Klassische Schreinerarbeiten gibt es auch, die Werkstätte ist sogar bestens ausgestattet, wie Hornik erklärte. Doch die meiste Zeit und Kraft beanspruchte der Kampf gegen die Schneemassen. Um im Schnee nicht zu versinken, musste vor allem die knapp 70 auf 25 Meter messende, auf hydraulischen Stelzen ruhende Hauptstation regelmäßig mitwandern. Mit schwerem Gerät mussten wieder und wieder große Mengen Schnee unter die Station verfrachtet und dann schichtweise verfestigt werden. Knochenarbeit pur.

Die Lebensbedingungen erforschen, die Aktivitäten des Eises verfolgen, Tierwelt wie Wetter ständig im Visier, dazu im sogenannten Eden-Projekt Frischgemüse unter Bedingungen zu züchten, die denen auf dem Mars nicht unverwandt sind – aller Eintönigkeit der Gegend und des Lebens dort zum Trotz nicht langweilige Arbeitsfelder. Rund 50 Menschen lebten und werkelten von Anfang November an vier Monate lang in dieser Forschungsstation zusammen, während einer Zeit, in der es nie richtig dunkel wurde. Dann übernahm wieder die Winterbesatzung, lediglich neunköpfig und acht Monate – unter Bedingungen, die auch Jonas Hornik scheute.

Den antarktischen Sommer aber will er auf jeden Fall noch einmal erleben. „Ich werde wieder dort hingehen!“, versicherte er seinem Publikum. Jetzt aber hat sich Hornik erst mal für die FOS angemeldet, er will sein Abitur nachholen. Dann aber will er vor dem Studium nochmals etwas Geld verdienen – da ist schon wieder diese innere Unruhe in dem so sympathisch entspannt wirkenden jungen Mann. Jetzt freut er sich aber ganz einfach schon aufs nächste Match mit seiner Spielvereinigung.

DK