Wegwerfen ist zu billig
Müllgebühren im Landkreis Kelheim sollen kräftig steigen

22.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:25 Uhr

Die Entsorgungsfahrt zum Riedenburger Wertstoffhof wird künftig deutlich teurer. Foto: Erl (Archiv)

Die Müllgebühren im Landkreis Kelheim werden ab dem nächsten Jahr wohl kräftig steigen. Vor allem die Restmülltonne soll deutlich teurer werden. Denn in der Abfallwirtschaft schlagen gerade einige Preistreiber voll durch.



In diesem Jahr mussten Grundstücks-Besitzer noch 98 Euro dafür bezahlen, dass ihnen der Landkreis drei Tonnen bereitstellt und sie regelmäßig leeren lässt: Restmüll-, Bio- und Papiertonne. Im kommenden Jahr kostet das voraussichtlich 178 Euro. Wer auf die braune Tonne verzichtet und lieber die Regenwürmer im Gartenkomposter füttert, spart zwar weiterhin, aber ebenfalls auf höherem Niveau: Die Kombination aus Müll- und Papiertonne kostet bislang 88 Euro im Jahr, künftig 160 Euro. Wem die Restmülltonne mal nicht reicht, kauft zusätzliche Müllsäcke künftig nicht mehr für 3,20 sondern 5,20 Euro pro Stück. Gänzlich neu erhoben wird eine Gebühr von 15 Euro für das Ändern von Behältern, also etwa den Umstieg von einer 80- auf eine 120-Liter-Tonne.

Mehr Geld mitnehmen muss man unter Umständen auch bei Fahrten zu einem Wertstoffzentrum – vor allem mit Bauschutt im Kofferraum. Den sollte man zuvor tunlichst getrennt haben. Denn bislang kostet die Anlieferung generell 9,50 Euro pro halbem Kubikmeter. Künftig zahlt man für Recycling-fähigen Bauschutt 15 Euro – für unverwertbares Material sogar 30 Euro je halbem Kubikmeter. Immerhin: Einen Viertel Kubikmeter wird man weiterhin kostenlos los; das sind ungefähr zwei kleine Mörtelwannen voll.

Die Gebühren steigen auch am Wertstoffhof

Die Sperrmüll-Gebühr in den Wertstoffhöfen und -zentren steigt von 7,50 auf neun Euro je 0,5 Kubikmeter. Altholz, das für Verwerter zum begehrten Material wurde, ist mit 5,50 statt 7,50 Euro je 0,5 Kubikmeter künftig günstiger. Und gar nichts mehr zahlen muss man für die Grüngut-Anlieferung: Da hat man nämlich bislang einen Kubikmeter „frei“. 99 von 100 Anlieferern haben ohnehin nicht mehr im Gepäck – und bei einem von 100 eine Gebühr zu kassieren, kostet mehr Aufwand, als es Einnahmen bringt.

All das erfuhren jetzt die Mitglieder des Kreis-Umweltausschusses, in dem die neuen Gebührensätze vorberaten wurden. Die sind bislang nur ein Vorschlag der Verwaltung – beschließen muss darüber der Kreistag. Der Ausschuss allerdings hat, wenn auch zähneknirschend, dem Vorschlag zugestimmt. Denn die Kommunalpolitik hat wenig Spielraum; die Preise werden diktiert von der derzeitigen Krisenlage, von den Entsorgern und von der Rechtslage.

Letztere besagt, dass der Landkreis kostendeckende Müllgebühren verlangen muss. Deshalb gibt es neben dem Kreis- einen eigenen „Müll-Haushalt“, und beide dürfen sich auf Dauer nicht querfinanzieren. Aktuell ist das aber so: Der Müll-Haushalt schreibt rote Zahlen und braucht aus dem allgemeinen Etat fast eine Million Euro „Überbrückung“, die danach wieder „abgestottert“ werden muss: ein Grund, warum die Müllgebühren steigen sollen. „Schuld“ am Defizit war, dass es auch am Abfall-Markt keine Glaskugel gibt.

Realität und Planung weichen voneinander ab

Damit Verwaltung und Bürger halbwegs planen können, gibt es eine Gebührenkalkulation, die im Kreis Kelheim jeweils vier Jahre in die Zukunft reicht: eine Prognose, wie viel Müll und Wertstoffe anfallen und was Entsorgung und Verwertung kosten werden. Die Realität weicht dann meist ab – in den vergangenen Jahren zu Gunsten der Landkreis-Bewohner. So sammelte sich auf Kelheims Müllkonto eine bis zu 5,2 Millionen Euro hohe Rücklagen für etwaige Deponie-Sanierungen an – so viel war dann nicht nötig, sie musste daher laut Gesetz wieder abgebaut werden.

So konnte die Kreispolitik die monatliche Gebühr für eine 80-Liter-Tonne mehrmals senken: von einst (1995) stolzen 18,41 Euro auf jetzt 8,14 Euro. Mit künftig 14,83 Euro pro Monat erreicht der Landkreis Kelheim wieder in etwa den Stand von 2004 und liegt knapp unterm Durchschnitt (15,16 Euro) von neun umliegenden Landkreisen. Heuer decken die Rücklagen und Gebühreneinnahmen erstmals nicht mehr die Ausgaben; die diesjährige Unterdeckung muss in die Neukalkulation – für die Jahre 2023 bis 2026 – eingerechnet werden. Weit gravierender schlagen dort aber satte Preissteigerungen durch.

Verwerter wollen wegen der Energiepreise mehr Geld

Vor allem bei neu abzuschließenden Verträgen mit Entsorgungsfirmen werde der Kreis ordentlich drauflegen müssen, befürchtet Sachgebietsleiter Richard Restle. Die Firmen machen schon jetzt höhere Spritpreise, Energie- und Personalkosten geltend. Statt 11,6 Millionen Euro für den zu Ende gehenden Vier-Jahres-Zeitraum sind daher für die nächsten vier Jahre 18 Millionen Euro an Ausgaben einkalkuliert; ein Plus von 55 Prozent. Sogar um 120 Prozent höher, ist mit 9,7 Millionen Euro die künftige Biomüll-Entsorgung eingepreist; auch weil hier in Zukunft „Störstoffe“, wie zum Beispiel Plastiktüten, aufwendiger aussortiert werden müssen. Für Betrieb, Unterhalt und Personal in der kommunalen Abfallwirtschaft sind 9,2 Millionen Euro angesetzt, 28 Prozent mehr als bisher.

Abgemildert wird die insgesamt 56-prozentige Kostensteigerung ein bisschen auf der Einnahmenseite: Gestiegene Rohstoffpreise machen einige Recycling-Fraktionen wertvoller, zum Beispiel das Altpapier.

Der Umweltausschuss fasste einen einstimmigen Empfehlungsbeschluss an den Kreistag. Einen Antrag der AfD, dass Privatleute Altreifen kostenlos in Wertstoffhöfen abliefern dürfen, lehnte er ab. Derzeit kostet jeder Reifen zwei, künftig drei Euro bei der Abgabe.

DK