Die „Rush-Hour“ ist für die Mitarbeiter des Riedenburger Wertstoffzentrums vorhersehbar. Immer, wenn sie das Tor zum Areal im Industriegebiet von Haidhof auf die Minute pünktlich aufsperren, stehen die Kunden in ihren Fahrzeugen davor schon Schlange. Sekunden später wälzt sich der Konvoi Stoßstange an Stoßstange auf den Platz.
Am Stopp-Schild wenige Meter weiter aber stehen die Räder wieder still. Ein Kollege von Wertstoffhofleiter Albert Wollschläger steht dort, wirft einen Blick in die Kofferräume und Anhänger und weist die Fahrer dann zum jeweils richtigen Entlade-Container. „Den ganzen Sommer über ist Hauptsaison und die Spitzentage sind immer Dienstag und Freitag. Auch an den Samstagen kommen viele“, weiß Wollschläger.
Blick der Fachleute auf das Anlieferungsgut ist wichtig
Bis zu 200 Gemeindebürger bringen an Spitzentagen während der zwei oder drei Stunden Öffnungszeit, was sie loswerden wollen und was nicht in die Mülltonne gehört. Der Blick der Fachleute auf das Anlieferungsgut ist da oft wichtig. Denn nicht immer wissen die Bürger, wohin mit den Sachen, und nicht immer haben sie sich über die Anlieferregularien informiert.
Denn Wertstoffhöfe sind im besten Fall Paradebeispiele für die Kreislaufwirtschaft im Abfallmanagement. Das zeigt alleine schon der Blick in den Container, in dem kaputte Drucker, alte Notebooks und Computer samt dem Rest der ausgedienten Digitaltechnik gesammelt werden. Da stecken viele Rohstoffe drin, die dringend wieder gebraucht werden.
Das Landratsamt Kelheim als zuständige Stelle für die kommunale Abfallwirtschaft hat für jeden der so unterschiedlichen Wertstoffe – als Beispiel seien nur Elektronik, Bauschutt, Glas, Batterien und Biomasse genannt – Abnahmeverträge mit privaten Unternehmen geschlossen. Wollschläger und seine Kollegen wissen, wie wichtig eine ordentliche Sortierung dieser Reststoffe ist und daher ist ihr Blick in die Kofferräume und Anhänger unerlässlich.
Klar, dass bei der Vielzahl der Leute und der Vielfalt der Materialien unterschiedliche Meinungen darüber nicht ausbleiben. „Es kommen sehr viele nette Leute. Aber auch manche, die meinen, sie wüssten es besser als wir“, weiß Wollschläger aus seiner siebenjährigen Erfahrung als Leiter der Truppe. Vor allem, wenn unerlaubte Anlieferungen abgelehnt werden müssen, ist immer viel diplomatisches Geschick gefragt.
Die Unterstützung der Stadtverwaltung und von Bürgermeister Thomas Zehetbauer (CWG) haben sie dabei ebenso wie die des Landratsamtes. Denn das Betriebspersonal wird von der Stadt gestellt, für den Rest ist die Kreisbehörde zuständig.
Wie gut das Abfallsystem mit den Wertstoffhöfen funktioniert, zeigt sich auch an deren Auslastung. Die beiden Grüngut-Container für Rasen- und Heckenschnitt, Sägespäne und Buschwerk mit zusammen 60 Kubikmeter Fassungsvermögen müssen in der Sommersaison jede Woche geleert werden. Auch die beiden Papiercontainer werden gut angenommen. „Da spürt man die Auswirkungen des modernen Versandhandels“, weiß Wollschläger.
Der Container für alte Fernseher ist dagegen trotz der laufenden Fußball-Europameisterschaft noch nahezu leer. In früheren Jahren hatten sich Fans vor so einem Ereignis zwar gerne mal größere und modernere Geräte zugelegt, aktuell spüren die Wertstoffhofmitarbeiter diesen Effekt nicht.
Die wertvollen Komponenten dieser Elektronik- und Elektrowaren kennen aber auch Leute, die die Wertstofftruppe nicht so gerne sieht. Immer wieder war in den vergangenen Jahren eingebrochen und werthaltiges Gut aus den aufgebrochenen Containern gestohlen worden. Inzwischen ist die Anlage videoüberwacht und mit Bewegungsmeldern gesichert. Natürlich bleibt auch kein Bargeld aus gebührenpflichtigen Anlieferungen für Altreifen oder bei Überschreitung festgesetzter Anliefermengen im Büro. Doch auch unerwünschte Geschenke finden die Wertstoffleute immer wieder. „Manche laden ihre Sachen wie Altöl oder Sperrmüll außerhalb der Geschäftszeiten einfach vor dem Tor ab. Das ärgert uns und ist natürlich strafbar. Einige von ihnen konnten sogar ermittelt werden“, verrät Wollschläger.
Ein Container dientals Geschenkebörse
Aber nicht alles, was angeliefert wird, soll auch recycelt werden. Ein Container ist als Geschenkebörse eingerichtet, wo noch gute Sachen wie Kinderwägen, Räder, Bettroste, Bilder und vieles mehr kostenlos abgegeben werden. Die Nachfrage ist jedoch mäßig. „Die bleiben da zwei Wochen drin und wenn sie keiner haben will, wandern sie dennoch in den Recycling-Kreislauf“, weiß Wollschläger.
err
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