Schloßprunn
Burg Prunn: Kinder gebären als einzige Aufgabe

Bei einer Führung wird das schwierige Leben der Frauen im Mittelalter greifbar – Mädchen mit 14 Jahren verheiratet

11.03.2023 | Stand 17.09.2023, 1:10 Uhr

In einer speziellen Führung wurde über das Leben der Frauen auf Burg Prunn informiert. Foto: Erl

Zurück ins Mittelalter? Nein, das möchte keine der vielen Frauen, die am Mittwoch anlässlich des Weltfrauentages an den Führungen eigens zu diesem Thema in den Gemächern der Burg Prunn teilnahmen. Viel zu fremdbestimmt von den Männern waren damals in allen Gesellschaftsschichten die Lebenswege der Frauen und auch in Adelskreisen war das nicht anders.



Der Mann erklärt die Welt

„Der Mann musste die Welt erklären – und manche Männer machen das heute noch“, sagte Daniela Schwarzmeier von der Staatlichen Schlösserverwaltung während der Begrüßungsrunde im Burghof. Einzige Aufgabe der Frau war es ihren Recherchen zufolge, Kinder zu gebären und damit die Dynastie zu erhalten.

Die Kunsthistorikerin hatte zu drei Führungsterminen eingeladen und alle waren schon im Vorfeld fast nur von Frauen ausgebucht. Der Blick zurück über viele Jahrhunderte berührte sie alle. Bereits mit 14 Jahren wurden die Mädchen damals zumeist an standesgemäße Partien verheiratet. „Oft gebaren sie alle zwei Jahre ein Kind und mit 40 sind sie dann gestorben. Kinder für die Dynastie waren wichtiger als die Frau, Frauen bekam man als Adeliger leichter“, wusste die Historikerin.

Aus den diversen Quellen ist über Frauen in dieser Zeit nicht viel zu erfahren. „Frauen kamen einfach nicht vor in den Aufzeichnungen. Es war ein männlicher Blick auf die Welt“, lautet ihre Analyse. Am häufigsten finden die Historiker noch Portraits und Gemälde von jungen adeligen Frauen, denn mit diesen Bildnissen wurden sie an anderen Höfen als heiratsfähige Partie angepriesen. Oft sahen die Männer ihre Frauen bei der Hochzeit zum ersten Mal leibhaftig. So beschwerte sich König Heinrich VIII. von England in einem Brief bitter, dass seine vierte Frau Anna von Kleve viel zu hässlich sei. Auf dem Portrait von Hans Holbein hatte sie deutlich hübscher ausgesehen. „Jetzt kann man sich nicht mal mehr auf das Wort eines Mannes verlassen“, zitierte Schwarzmeier die Worte des enttäuschten Britenkönigs.

Wenige Quellen über das Alltagsleben der Frauen

Doch aus dem normalen Alltagsleben der Frauen gibt es so gut wie keine Quellen und den Frauen standen im Mittelalter nur wenige Berufe offen. „Es gab Marketenderinnen, in den Badehäusern wurden Frauen beschäftigt und im Umfeld von großen Konzilen oder anderen Männertreffen durften zahlreiche Prostituierte anwesend sein. Natürlich gab es auch Hebammen, aber von der Hebamme zur Hexe war es nicht weit“, erzählte Schwarzmeier. Zwar gab es auch Frauenklöster, aber in die konnte nur eintreten, wer eine gute Mitgift mitbrachte. „Das waren wieder nur Frauen aus Adelskreisen oder dem wohlhabenden Bürgertum“, schränkte die Historikerin diesen Ausstieg aus der männerdominierten Welt ein.

Beim Gang durch die Räume und Stockwerke der kalten und ungeheizten Mittelaltermauern konnten sich die Teilnehmerinnen authentisch in die damalige Lebenswelt hineinversetzen. Und selbst als Schwarzmeier ein paar Zeilen aus den Minneliedern des Walter von der Vogelweide und der Riedenburger Burggrafen vorlas, konnte sich kaum eine Teilnehmerin an dieser romantisch-schwülstigen Poesie erwärmen. Ein weiteres Thema war zudem die Mode und Bekleidung der damaligen Adelsdamen, aber den viel zitierten Keuschheitsgürtel hält sie für eine Unterstellung aus dem späteren Barockzeitalter. „Der eiserne Keuschheitsgürtel, den die Burgherrin während der oft monatelangen Abwesenheit ihres Gatten tragen musste, ist eher ein Mythos, aber er kommt gerne in Filmen vor“, klärte sie auf.

„Wer sich nicht wehrt, endet am Herd“

Allerdings waren die Monate oder Jahre, in denen der Ritter auf Kreuzzug oder auf Turnieren und im Krieg war wohl die einzige Zeit, in der seine Frau auf der Burg tatsächlich etwas zu sagen hatte. „Wer sich nicht wehrt, endet am Herd“, gab die Historikerin dann auch den Damen am Ende der Führung mit in den neuzeitlichen Alltag.

Die waren von dem kurzen Sprung in eine andere Epoche tief beeindruckt. „Ein paar Klischees wie Küche und Herd waren für das Mittelalter klar, aber das Leben hat heute für uns Frauen viel mehr zu bieten“, sagte die 20-jährige Regina Halbritter aus Hienheim. Und auch Annette Sendtner aus Zandt ist erschüttert, dass die Frauen damals so wenig Anerkennung und Wert hatten. „Ich möchte nicht in dieser Zeit leben, weil ich eine sehr eigenständige Frau bin und mich nicht den Männern unterwerfe“, sagte sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Das war auch der abschließende Eindruck von Daniela Schwarzmeier. „Ich glaube, die Frauen heute sind froh, dass sie nicht so viel gebären müssen und der Mann nicht überall anschaffen darf“, betonte sie.

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