Jubilarin
Winterliche Erinnerungen zum Festtag: Ingeborg Köhler feiert in Beilngries 90. Geburtstag

30.11.2024 | Stand 30.11.2024, 11:00 Uhr |

Die Lektüre des DONAUKURIER gehört für die Jubilarin fest zum Alltag dazu. Foto: Riedl

Ingeborg Köhler feiert in Beilngries an diesem Samstag ihren 90. Geburtstag. Im Gespräch mit unserer Zeitung lässt sie Erinnerungen aufleben.

Wenn „Frau Holle kräftig ihre Betten ausschüttete, und das tat sie oft und lange“, dann freuten sich alle Kinder im Labertal. Sie bauten Schneemänner, fuhren Schlitten, bauten Iglus. Doch für die 26-jährige Ingeborg Ach aus dem Altmühltal waren die Winter im Labertal alles andere als Freude: Nach schweren Wintereinbrüchen mit Verwehungen musste sie von Holnstein aus zu Fuß zu den Zwergschulen in Oening, Gimpertshausen und Thann durch den Schnee stapfen.

Manchmal hatte sie Glück: Sie konnte in den Fußstapfen des Postboten zu ihrem Arbeitsplatz gelangen. An diesem Samstag kann die gelernte Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerin ihren 90. Geburtstag feiern. „Bei Frühlingstemperaturen, unglaublich“, sagt die Seniorin und blickt aus dem Fenster ihres Zimmers im Beilngrieser Seniorenzentrum. „Alles hat sich verändert, vor allem aber das Wetter.“

Jubilarin blickt zurück



In Kirchbuch erblickt Ingeborg vor neun Jahrzehnten im dortigen Schulhaus das Licht der Welt. Mutter Berta schenkt Zwillingen das Leben. Vater Andreas Ach ist Schulmeister für den Bezirk Kirchbuch-Arnbuch-Aschbuch. Im „geliebten Kirchbuch“ erlebt Inge eine behütete Kindheit mit ihrer Schwester Theodolinde, „vielen Nachbarskindern und Abenteuern“, wie sie erzählt. Nach der Volksschulzeit wird sie mit ihrer Zwillingsschwester drei Jahre zu den Englischen Fräulein nach Eichstätt geschickt. Sie durchlebt dort eine strenge, sehr prägende Ausbildung. Vor allem Handarbeit und Hauswirtschaft gefallen der jungen Frau, die diese Fächer schließlich zum Berufsziel macht.

Als ausgebildete Lehrkraft ist sie im Labertal im Einsatz. Vor allem die schweren Winter mit eisiger Kälte und Schneemassen sind der Seniorin in Erinnerung geblieben. Morgens bei Eiseskälte aus dem Haus, am späten Nachmittag zurück in die kalte Stube. Der eingeschürte Kanonenofen wärmt in der Nacht nur wenige Stunden. Am nächsten Morgen dann die „erneute Tortur durch die tiefen Schneeverwehungen“.

Auch nach Neustadt an der Waldnaab wird die Junglehrerin vom Kultusministerium geschickt. Doch auch hier ist es im Winter bitterkalt, wofür vor allem der „böhmische Wind sorgt“, wie sich die Seniorin noch heute erinnert. „Solche Winter wie vor 70 Jahren gibt es heute nur noch in Sibirien. Wenn ich heute aus dem Fenster schaue, grüßt schon fast der Frühling.“

Freude am Reisen



Als ihre Eltern nach Kottingwörth ziehen, wo Vater Andreas Ach Schulleiter wird, lernt Ingeborg auch hier die Dorfgemeinschaft schätzen. Sie teilt die Reisefreudigkeit mit ihren Eltern. Im VW-Käfer reist sie mit Mutter und Vater in den Ferien wochenlang durch Länder wie Italien, Griechenland und Spanien. Immer mit dabei: Zelt und Campingkocher. Auch im Urlaub sorgt sich die Hauswirtschaftslehrerin um das leibliche Wohl.

Apropos leibliches Wohl: Als Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerin bringt die Pädagogin mehrere Jahre auch an der Beilngrieser Hauptschule vor allem den Mädchen Kochen, Handarbeit und sparsames Wirtschaften bei. Denn oft heiraten die ausgebildeten jungen Frauen Landwirte – und auf Bauernhöfen sind Kenntnisse am Küchenherd und in der Ökonomie meist die beste Mitgift.

Nach ihrer Heirat beendet die Seniorin als Ingeborg Köhler ihren Schuldienst und zieht nach Unterhaching bei München. Vor sieben Jahren kehrt sie nach Beilngries zurück. Seit inzwischen knapp eineinhalb Jahren wohnt sie nun wohlbehütet im Beilngrieser Seniorenzentrum.

jr

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