Vorweihnacht der guten Herzen
Zu Besuch bei der Tafel in Eichstätt: Wenn Spenden tatsächlich satt machen

30.11.2022 | Stand 19.09.2023, 0:16 Uhr

Brot, Obst, Gemüse, Milchprodukte: Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bereiten die Lebensmittelspenden für die Ausgabe vor. Fotos: Wermter

80 bis 90 Menschen holen sich jede Woche Lebensmittel bei der Tafel in Eichstätt. Ein Team Ehrenamtlicher hilft: bei der Beschaffung der Güter, bei der Ausgabe, beim Aufräumen.



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Ein Euro – das ist der Preis, wenn man bei der Tafel „einkaufen“ geht. „Wir nennen die Menschen, die kommen, auch Kunden, nicht Bedürftige“, sagt Brunhilde Radtke. Sie ist die Leiterin des Ladens der Tafel in Eichstätt. Seit fast 20 Jahren, also seit Gründung der Organisation in Eichstätt – bundesweit gibt es mehr als 900 Tafeln –, bringt sie sich ehrenamtlich ein, um zuvor gespendete Lebensmittel an Menschen abzugeben, denen das Geld fehlt, sich selbst und ihre Familien ausreichend zu versorgen. Dass diese Menschen Kunden und nicht Bedürftige genannt werden, hat mit Würde, Achtung vor dem Nächsten und der Teilnahme an einer schwierigen Lebenssituation zu tun.

Einmal die Woche hat die Tafel geöffnet. Und schon eine Stunde bevor der Laden um 12 Uhr mittags aufschließt, harrt ein Dutzend Männer und Frauen an diesem trüben und regnerischen Herbsttag geduldig vor der Tür aus. Unter ihnen ein Ingenieur. Der 70-Jährige ist Syrer und er lebt seit fünf Jahren mit seiner Familie in Eichstätt. Die drei Söhne sind mittlerweile erwachsen, sie haben studiert, gehen ihre eigenen Wege. Der 70-Jährige ist dankbar, Unterstützung bei der Tafel zu bekommen. „Ich habe keine Arbeit gefunden“, sagt er. „Da fehlt dann halt Geld für Lebensmittel.“ Auch der 38-Jährige aus Afghanistan hat schlicht zu wenig Geld für die Ernährung.

Familiäre Finanzlage ist wenig rosig



Seit eineinhalb Jahren wohnt der frühere Polizist mit seiner Frau und vier Kindern in einer kleinen Gemeinde bei Eichstätt. Er hat ebenfalls keinen Job. „Vermutlich ist mein Deutsch zu schlecht“, radebrecht er. Dass es ohne ausreiche Sprachkenntnisse schwierig bei der Arbeitssuche ist, leuchtet ihm ein. Ihr Baby hat eine Nigerianerin fest an sich gedrückt. Die 39-Jährige hat einen der wenigen Stühle vor dem Tafel-Laden ergattert. Sie lebt mit ihrer Familie – sie hat fünf Kinder – seit sieben Jahren in Deutschland. Die familiäre Finanzlage ist wenig rosig, da wird die Tafel zur Lebenshilfe. Im Gegensatz zu anderen Wartenden spricht sie ausgezeichnet Deutsch. Sie will unbedingt arbeiten, wenn das jüngste Kind älter ist. Ihr Traumberuf: „Ich will Friseuse werden.“

Das provokative Schlagwort „Armutsrisiko Kind“ erweist sich mit Blick auf die Schicksale der Tafel-Kundschaft als durchaus real. Auch die 46-Jährige, die ansteht, hat vier Kinder. „Drei leben noch zuhause“, sagt die energische Deutsche. Sie arbeitet als Reinigungskraft. Doch trotz Gehalt und Unterstützung vom Amt: „Lebensmittel sind so teuer geworden. Das Geld reicht hinten und vorne nicht.“ Sie ist der Tafel unendlich dankbar für die Versorgung.

Salat, Gemüse, Milchprodukte, Nudeln, Reis, Mehl, Wurst, Käse, Lebensmitteldosen und manchmal Babynahrung – das Sortiment bei der Tafel deckt die Grundnahrung ab. Hygieneartikel sind ebenfalls stark nachgefragt. Ehrenamtliche fahren für die Spenden große Supermärkte ab, nehmen mit, was keinen Käufer gefunden hat oder nicht mehr verkauft werden kann. „Wir bekommen abgelaufene Ware“, stellt Brunhilde Radtke klar, „sonst gäbe es die Tafeln ja gar nicht.“ Diese nachhaltige Denkweise, „man kann essen, was noch gut ist“, rettet ihrer Ansicht nach Lebensmittel.

Prüfung der Bedürftigkeit bei Caritas

Radtke achtet darauf, dass immer Mehl und Reis angeboten werden können: „Notfalls müssen wir von dem Geld, das uns nach Sammelaktionen von Schülern, Studenten, Firmen oder auch von Privatleuten gespendet wird, Lebensmittel zukaufen.“ Auf einer mehrsprachigen Tafel ist zu lesen, was genau in den gespendeten Lebensmitteln enthalten ist – wichtig für Muslime, die aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch essen.

„Außerdem brauchen unsere Kunden und Kundinnen einen zeitlich begrenzten, aber verlängerbaren Tafel-Ausweis, den in der Regel Arbeitslose oder Flüchtlinge bekommen“, erklärt Radtke weiter. „Die Prüfung der Bedürftigkeit und Ausstellung des Tafel-Ausweises erfolgt durch die Caritas-Kreisstelle Eichstätt.“

Zwar bleibt der Kunde anonym, registriert wird allerdings die Nationalität. Durch die vorgelegten Scheine lässt sich belegen, dass die Zahl der Bedürftigen – meist ältere Menschen oder Familien – angestiegen ist. Dass diese Entwicklung mit den Flüchtlingswellen einhergeht, lässt sich so leicht nachvollziehen. „Suchten früher 50 bis 60 Menschen Unterstützung im Tafel-Laden, sind es jetzt 80 bis 90 pro Woche“, sagt Radtke, die bei all ihrem Engagement selbst auf Hilfe angewiesen ist, nämlich auf die der Ehrenamtlichen. Nur im Team mit sechs bis acht Frauen und Männern kann sie den Tafel-Laden auch stemmen.

Vorweihnacht der guten Herzen

Seit dem Jahr 1951 sammeln der DONAUKURIER und seine Heimatzeitungen mit der Aktion „Vorweihnacht der guten Herzen“ Spenden. Das Geld kommt unbürokratisch Menschen und Projekten aus der Region zugute.

Überweisungen sind natürlich auch auf das Sonderkonto des DONAUKURIER möglich: Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt (IBAN: DE80721500000000050500). Hier bitte aber unbedingt den gewünschten Verwendungszweck angeben, in diesem Fall „Tafel Eichstätt“. Natürlich können Sie auch allgemein für die „Vorweihnacht der guten Herzen“ spenden. Weitere Informationen und Details zur DK-Spendenaktion gibt es auch im Internet unter der Adresse www.donaukurier.de/vorweihnacht.

Wenn Sie eine Quittung für Ihre Spende benötigen, vermerken Sie bitte das Wort „Spendenquittung“ auf dem Überweisungsformular. Spendenquittungen können allerdings nur bei vollständiger Angabe Ihrer Adresse erstellt werden. Bei Spenden bis zu einer Höhe von 300 Euro ist als Nachweis für das Finanzamt der Kontoauszug gültig. Spendenquittungen sind also erst ab mehr als 300 Euro erforderlich.

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DK